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#Die große Zerreißprobe im deutschen Fußball

„Die große Zerreißprobe im deutschen Fußball“

Mit jedem Gerichtstermin verschwindet ein weiteres Stück von Glück. Aus Hannover 96, dem über viele Jahre recht erfolgreichen Erstligaklub, ist längst ein chronisch streitbarer Zweitligaverein geworden. Es gehören ungeheuer viel Leidenschaft und Durchhaltevermögen dazu, um sich auf den kommenden Mittwoch so richtig freuen zu können. DFB-Pokal, zweite Runde, Anpfiff um 18.00 Uhr: Hannover 96 empfängt in seinem mit 49.000 Zuschauern ausverkauften Stadion Borussia Dortmund.

Doch womit der Verein eher für Schlagzeilen sorgt, das ist ein interner Streit um die Macht. Jüngster Höhepunkt: Das Landgericht Hannover hat am Dienstag bestätigt, dass Martin Kind als Geschäftsführer der Hannover 96 Management GmbH im Amt bleiben und nicht vom Vereinsvorstand entlassen werden darf. Was das Gericht nicht klären konnte, ist die böse Frage, ob in Hannover die 50+1-Regel unter dem Regiment von Kind wirklich noch eingehalten wird.

Eigentlich wäre es an der Zeit für eine Umfrage. Hannover 96 hat rund 21.000 Vereinsmitglieder. Wie viele daran noch Lust auf Profifußball und die fatale Außenwirkung von juristischen Auseinandersetzungen auf ihren Verein haben, wäre wirklich gut zu wissen. Was viele 96-Mitglieder in letzter Konsequenz nur schwer nachvollziehen können: Das zähe Tauziehen zwischen dem Mehrheitsgesellschafter Kind auf der Kapitalseite und einem ehrenamtlichen Vereinsvorstand gefährdet das Große und Ganze bei Hannover 96.

Wer hat das Sagen?

Der 78 Jahre alte Unternehmer pocht darauf, dass Geldgeber im Profifußball das Sagen haben sollten. Seine Kritiker erinnern daran, dass der eigentliche Wert von Hannover 96 nicht Investoren, sondern einem 1896 gegründeten Traditionsverein und dessen sportbegeisterten Mitgliedern zu verdanken ist. Die Entlassung von Kind als Geschäftsführer ist an Formalien gescheitert. Dass er im Amt bleibt und sich mit der Entscheidungshoheit durch den Stammverein offensichtlich nicht arrangieren mag, ist eine gefährliche Basis für bundesweiten Zündstoff.

Der vor dem Landgericht zuständige Carsten Peter Schulze mochte nicht verbergen, dass seine klare Sicht als Richter auf das verworrene Thema Hannover 96 nur bedingt weiterhelfen konnte. Kind hat als Funktionär, Investor und mehrfacher Geschäftsführer ein vielschichtiges Firmengeflecht um einen Verein geschlungen, das kaum noch nachvollziehbar ist.

Die Zeit von Martin Kind bei Hannover 96 ist noch nicht abgelaufen.


Die Zeit von Martin Kind bei Hannover 96 ist noch nicht abgelaufen.
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Bild: dpa

Es lässt sich trotzdem ganz wunderbar auf eine entscheidende Frage reduzieren: Wer sollte in einem am Profifußball teilnehmenden Unternehmen wie Hannover 96 das letzte Wort haben? Die Deutsche Fußball-Liga (DFL), unter deren Obhut und Kontrolle 36 Vereine in der ersten und zweiten Liga vertreten sind, schreibt den jeweiligen Stammvereinen die nötige Entscheidungshoheit zu. Sollte sich herausstellen, so der Tenor einer aktuellen Stellungnahme der DFL, dass sich die gelebte Wirklichkeit in Hannover nicht mit den Vorgaben der 50+1-Regel vereinbaren lasse, dann müsse deren Wirksamkeit neu geprüft werden.

Wie die Kapitalseite und der Stammverein in Hannover konkret miteinander umgehen, zeigt sich an der Nahtstelle namens Hannover 96 Management GmbH. In dieser Gesellschaft müsste Kind einerseits auf das hören, was der Vorstand von ihm möchte und sollte im Zweifelsfall auch durch den Aufsichtsrat entlassen werden können. Letzteres dürfte wegen einer Patt-Situation in dem Gremium allerdings im Grunde nie geschehen.

Grund für die Entlassung

Und genau an diesem Punkt offenbart das sogenannte Hannover-Modell, auf das sich Kind 2019 mit der DFL und dem Stammverein geeinigt hat, seinen wunden Punkt. Wer es als Mitbewerber in Liga eins oder zwei darauf anlegt und dagegen klagt, dass in Hannover die 50+1-Regel umgangen wird, könnte streng genommen einen Lizenzentzug von Hannover 96 erzwingen. Auch die DFL selbst könnte darauf pochen, dass Kind etwas verändert. Ihm wird vom Stammverein seit Monaten vorgeworfen, dass er gegen das uneingeschränkte Weisungsrecht des Vereinsvorstandes gegenüber der Kapitalseite verstoße. Genau deshalb sollte er als Geschäftsführer entlassen werden.

In dem provinziell wirkenden Streit bei Hannover 96 steckt eine Grundsatztücke für den gesamten deutschen Profifußball. Darauf weist auch jener Giftpfeil hin, den Kind nach seinem Sieg vor Gericht in Richtung DFL abgeschossen hat.

Das Hannover-Modell

„Das Unternehmensrecht ist höher zu bewerten als das Verbandsrecht“: Mit diesem Satz im Rahmen einer ausführlichen Stellungnahme vom Dienstag bringt Kind auf den Punkt, worauf es ihm ankommt. Die in Hannover vom Stammverein ausgegliederte Kapitalgesellschaft hält sich aus seiner Sicht an das, was die Statuten der DFL vorschreiben und was das von DFL genehmigte Hannover-Modell regelt.

Die Praxis in Hannover zeigt: Ohne das letzte Wort des Stammvereins, das im Dialog mit Kind bisher kein Gewicht hat, lässt die DFL im Fall von Hannover 96 eine weitere Ausnahme von der 50+1-Regel zu. Bei Bayer Leverkusen und dem VfL Wolfsburg als Werksvereinen und der TSG Hoffenheim mit ihrem Mäzen Dietmar Hopp wird seit Jahren geduldet, dass die jeweiligen Stammvereine längst nur noch Papiertiger sind.

In Hannover hat Kind nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass er sich in diesem Zusammenhang eine Gleichstellung wünscht. Als Mittel gegen eine ungerechte Behandlung durch die DFL bleibt ihm ein langer Klageweg bis vor den Europäischen Gerichtshof. Vor solchen Rechtsstreitigkeiten scheut sich Kind offenbar nicht. Er behält sich vor, auf juristischem Weg zu erzwingen, dass 50+1 in Deutschland fallen und damit alles ganz anders werden könnte.

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