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#Die gute Seite der höheren Bauzinsen

Fast jeder kann sich ein eigenes Haus leisten. Dieser Satz überrascht, aber wir haben uns jetzt nicht verschrieben. Und ja, wir wissen, dass Baukredite inzwischen ziemlich teuer geworden sind. Zwar sind die Angebote der Banken in den Finanzmarktturbulenzen der vergangenen Wo­­chen wieder ein kleines bisschen zurückgegangen. Trotzdem kostet eine Hypothek immer noch leicht vier Prozent im Jahr, und die Hauspreise sind leider immer noch astronomisch hoch.

Dyrk Scherff

Redakteur im Ressort „Wert“ der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Doch jede Baufinanzierung lässt sich so hinbiegen, dass am Ende eine mo­derate zahlbare Monatsrate rauskommt. Eine Immobilie von 500.000 Euro für nur 1500 Euro monatlich – das ist kein Problem, so scheint es. Mit den üb­lichen 20 Prozent eigenem Geld und 15 Jahren Zinsbindung.

Aber das Ganze hat natürlich einen entscheidenden Haken. Das Ganze klappt nur, wenn an einer wichtigen Stellschraube sehr gewagt herumgedreht wird: der Höhe der Tilgung. In dem Beispiel wird nur ein Prozent angenommen. Viele Banken werden so we­nig noch gar nicht akzeptieren. Einige tun es trotzdem, dann allerdings dauert das Abstottern des Kredits mehr als 40 Jahre. Das ist lang, weil die Finanzierung dann noch bis ins Rentenalter dauert, wenn Menschen weniger Einkommen haben. „Der Kreditvertrag sollte dann zumindest eine spätere höhere Tilgung ermöglichen. Besser wäre eine Anfangstilgung von zwei Prozent“, rät Max Herbst von der FMH-Finanzberatung.

Tilgung von zwei Prozent kann viel ausmachen

Anfangstilgung heißt in der Tat, dass diese zwei Prozent nur bei der ersten Monatsrate gelten. Danach steigt der Prozentsatz stetig an, es wird also zu­nehmend mehr getilgt. Das liegt daran, dass mit jedem Monat weniger Zinsen gezahlt werden müssen, weil die Schulden ja stetig reduziert werden.

Und an der noch nicht abgestotterten Restschuld bemisst sich die Höhe der zu zahlenden Zinsen. Da die Monatsrate Zinszahlung und Tilgung abdeckt und die ganze Zeit gleich bleibt, ist bei sinkendem Zinsanteil immer mehr für die Tilgung übrig. So kann die Tilgung bei zwei Prozent im ersten Jahr nach 20 Jahren durchaus schon mehr als vier Prozent im Jahr ausmachen.

Das Problem ist, dass zwei Prozent Tilgung, wie Max Herbst sie empfiehlt, manch einer kaum schafft, weil sich das Zinsniveau mehr als verdoppelt hat. Die zu zahlende Monatsrate ist daher viel höher als noch vor Kurzem. Aber es gibt auch eine gute Seite der höheren Zinsen. Es reichen nun zwei Prozent An­fangstilgung und nicht drei oder vier Prozent, die die Banken in der Niedrigzinsphase empfohlen haben. Denn zwei Prozent Anfangstilgung bedeuten bei hohen Zinsen, dass mehr getilgt wird als bei niedrigen Zinsen.

Schneller schuldenfrei bei höheren Zinsen

Das klingt paradox, man würde an­nehmen, es wird unabhängig von den Zinsen immer gleich viel abbezahlt. Aber bei hohen Zinsen spart jedes bisschen Tilgung auch mehr Zinsen, sodass der Tilgungsanteil der Rate immer weiter steigt. Die Verbraucher sind also bei höheren Zinsen schneller schuldenfrei. Man hätte das Gegenteil vermutet. Doch Zinseszins-Effekte wie dieser sind für Menschen intuitiv nicht leicht zu verstehen. Experten sprechen daher vom „Tilgungsparadoxon“.

Die Grafik, die mit Zahlen der FMH-Finanzberatung erstellt wurde, soll diesen positiven Aspekt zeigen. Sie geht von einem Baukredit in Höhe von 500.000 Euro aus. Die Zinsen betragen einmal vier Prozent, wie derzeit üblich, und einmal zwei Prozent, wie das noch vor zwei Jahren gängig war (die beiden blauen Linien). Die Anfangstilgung be­trägt in beiden Fällen zwei Prozent.

Das Ergebnis: Bei einem Zinssatz von vier Prozent hat der Hausbesitzer nach 20 Jahren von den ursprünglich 500.000 Euro 305.000 Euro zurückgezahlt. Bei zwei Prozent Kreditzins hat er hingegen nur 246.000 Euro getilgt. Er wird da­durch ein paar Jahre länger seinen Kredit abzahlen müssen.

Mehr Tilgung hat ihren Preis

Nun wäre es natürlich falsch, sich über höhere Zinsen zu freuen. Zwar wird dann mehr getilgt, aber das hat seinen Preis: Die Zinszahlungen fallen in Summe deutlich höher aus. Bei vier Prozent hat der Verbraucher in dem Beispielfall nach 20 Jahren 294.000 Eu­ro Zinsen an die Bank gezahlt, bei zwei Prozent nur 154.000 Euro. Und jeden Monat musste er 2500 Euro bezahlen, bei niedrigeren Zinsen wären es nur 1667 Euro gewesen.

Immerhin aber schafft das Tilgungsparadox einen überraschenden Spielraum in der Finanzierung des Hauses. Wer zum Beispiel eine Tilgung von vier Prozent anstrebt, hätte beim alten Zinssatz von zwei Prozent etwas mehr als 20 Jahre bis zur Schuldenfreiheit ge­braucht. Bei einem neuen Zinssatz von derzeit rund vier Prozent muss die Tilgung nicht mehr unbedingt bei vier Prozent bleiben.

Stattdessen reicht in­zwischen eine Tilgung von drei Prozent, und der Kredit ist trotzdem ungefähr genauso schnell abgezahlt. Hauskäufer können sich also einen Prozentpunkt Tilgung sparen. Das ist die Hälfte der Zins-Mehrkosten, oder in Euro-Beträgen ausgedrückt: Bei einem 500.000-Euro-Kredit reduziert das die monat­liche Rate um rund 400 Euro. Das ist immerhin mal ein Wort.

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