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#Die Meister der Fälschung

Die Meister der Fälschung

Angeblich war es ihre literarische Begegnung mit dem Cavaliere Cipolla, dem Illusionisten und dämonischen Hypnotiseur aus Thomas Manns Novelle und Faschismusparabel „Mario und der Zauberer“, die sie den Entschluss für ihr Buch fassen ließ. „Ich wußte aber sofort, daß ich als Autor stumm zu bleiben hatte, daß mir gerade die gleichnishafte Größe des Themas das äußerste Maß von Zucht auferlegte, daß ich zu schweigen und der Stoff zu sprechen hatte“, schrieb Grete de Francesco später an Thomas Mann. „Ich vermied die Gegenwart, ich vermied jede ,geistreiche‘ Parallele, ich trat zurück, um der übermächtig sich erhebenden Anklage Raum zu geben … und war bestrebt, die Tarnung so dicht zu machen, daß dieses trojanische Pferd … in Deutschland Eingang findet.“

Ihr Buch, „Die Macht des Charlatans“, erschien 1937 in Basel. Goldmachern, Quacksalbern, Wurm- und Wundärzten, Magnetiseuren, Taschenspielern, Salbenkrämern und anderen Marktschreiern ist die Abhandlung gewidmet. Ihr Inhalt ist tatsächlich rein historisch. Jeden aktuellen Bezug hat sich die Autorin versagt. Es sind Alchemisten wie Leopold Thurneißer und Marco Bragadino, Wiedergänger wie der Graf St. Germain, Heiler wie Doktor Eisenbarth, John Taylor, James Graham oder Franz Anton Mesmer, Zauberkünstler wie Jacob Philadelphia, beamtete Scharlatane wie der Helmstedter Hofrat Gottfried Christoph Beireis oder schlicht anarchische Charaktere wie Giuseppe Balsamo alias Comte Alessandro Cagliostro, deren Leben und Taten de Francesco verhandelt. Nach Art einer phänomenologisch arbeitenden Soziologin formt sie deren Charakterzüge und Verhaltensweisen zu einem überzeitlichen Typus: zum Scharlatan als Inbegriff des Fälschers, welcher der Wahrheit, dem Wissen und den Worten den Echtheitsgehalt raubt und so die Leichtgläubigen – seine Opfer – verführt. Zu politischen Bewegungen und ihren Anführern schweigt die Autorin konsequent. Doch besteht kein Zweifel daran, dass das, was für sie der normative Kern von Scharlatanerie ist, für Scharlatane aller Fakultäten gilt, auch die politischen.

Der Scharlatan als Wohltäter

Versucht man zu erfassen, was den Protagonisten dieser Darstellung ausmacht, kommt ein Bild zustande, von dem man instinktiv meint, es zu kennen, ohne es sich selbst je so klar vor Augen geführt zu haben. Der Scharlatan lebt von der Hoffnung seiner Opfer. Denkende Menschen meidet er, gläubigen hingegen wendet er sich zu. Er verspricht, Wünsche und Sehnsüchte zu erfüllen, seien es kindliche oder erwachsene, seien sie materiell oder ideell. Der Scharlatan ist Alchemist und Magier zugleich. Er beherrscht die Kunst der Verwandlung. Er hat den Stein der Weisen. Er macht Blei zu Gold, aus Armen Reiche, aus Kranken Gesunde und aus Einsamen Geliebte. Er versteht sich auf arkane Rezepte, spirituelle Praktiken und auf die Kommunikation mit dem Jenseits.

Befriedigung der eigenen Geltung

Sein Wissen und seine Fähigkeiten hat der Scharlatan an bedeutenden Akademien und auf ausgedehnten Reisen erworben – meist durch den Orient oder den Fernen Osten. Manches weiß er von Brüdern aus geheimen Logen oder anderen hermetischen Zirkeln. Er verkehrt in hochmögenden Kreisen. Der Scharlatan ist Wohltäter. Handelt er für die Armen, so verzichtet er auf Honorare. Die Befriedigung der eigenen Geltung ist ihm wichtiger als der materielle Vorteil. Seine Menschenbehandlung gründet gleichwohl auf Verachtung. Mitleid ist ihm fremd, Einfalt nutzt er aus und verspottet sie zugleich.

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