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#„Die Pandemie in den Rohdaten“ – als Osterei versteckt – Gesundheits-Check

„Die Pandemie in den Rohdaten“ – als Osterei versteckt – Gesundheits-Check

Seit ein paar Tagen kursiert in den einschlägig desinformierten Kreisen ein Video mit dem Titel „Die Pandemie in den Rohdaten“ eines Herrn namens Marcel Marz. Das wollte ich eigentlich nicht weiter kommentieren, weil es mit [3, 6, …] ganz gut beantwortet ist. Aber über den „Volksverpetzer“ hat es jetzt sogar Aufmerksamkeit nebenan bei den Skeptikern gefunden. Es scheint also doch einige Leute zu beschäftigen. Daher will ich einen Punkt des Videos doch kurz kommentieren, nämlich den der angeblich nicht vorhandenen Übersterblichkeit. Das Thema Übersterblichkeit ist hier ja zur Genüge behandelt worden. Es ist der raffinierteste Punkt in dem Video und vielleicht kann ich die Kritik des „Volksverpetzers“ noch etwas bereichern.

Herr Barz bildet Sterberaten nach Altersgruppen für 2020 und vergleicht sie mit den Jahren ab 2012. Er stellt dann fest, dass 2020 in keiner Altersgruppe den höchsten Wert in den verglichenen Jahren hat und folgert, dass es somit keine Übersterblichkeit gibt. Das rechnet er recht akribisch vor und erzeugt damit den Eindruck, dies im Detail nachvollziehbar gezeigt zu haben.

An seinen „Rohdaten“ ist im Prinzip nichts auszusetzen. Es sind zwar keine „Rohdaten“, sondern nach allen Regeln der Kunst vom Statistischen Bundesamt aufbereitete und bereinigte Sterbefalldaten, aber darauf kommt es hier nicht an. Unklar ist mir, wie er 2020 bei den Altersgruppen 1-15 und 15-30 zu den Sterbefallzahlen 3.379 und 3.771 kommt. Das Statistische Bundesamt wies hier Ende August 3.306 und 3.844 Sterbefälle aus. Aber die beiden Altersgruppen sind für die Frage nach der Übersterblichkeit ohnehin irrelevant. Komischerweise kommt er in der Summe aller Sterbefälle wie das Statistische Bundesamt wieder auf 985.572. Er hätte außerdem für die epidemiologische Ratenberechnung lege artis auch eine Durchschnittsbevölkerung nehmen können, nicht jeweils die Jahresendbevölkerung des Vorjahres (Razum et al. 2017, S 93), aber das beeinflusst die Raten nur marginal hinter dem Komma, für die Diskussion hier also auch belanglos.

Die Crux seiner Argumentation versteckt sich woanders:

1. Er betrachtet in den einzelnen Altersgruppen nur Jahresdurchschnitte und verwässert damit die nach Kalenderwochen bei den Älteren unübersehbare Übersterblichkeit.
2. Er verteilt die überzählig Gestorbenen auf mehrere Altersgruppen, die er mit acht anderen Jahren vergleicht. Das sorgt für eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass in einem der 8 Jahre eine höhere Rate für jede Altersgruppe zu finden ist.

Insofern hinkt sein Vergleich dann doch erheblich und trägt sein Argument, die vom Statistischen Bundesamt ausgewiesenen überzähligen Sterbefälle seien ein Effekt der Alterung der Gesellschaft, nicht. Es gibt inzwischen ja auch altersstandardisierte Berechnungen der Übersterblichkeit, ebenso wie Abschätzungen einzelner Alterungseffekte.

Wie glaubhaft seine ganze Story ist, dass er anfangs einen Querdenker überzeugen wollte und dann über den Daten selbst einer geworden sei, und zufälligerweise gleich alle gängigen Querdenker-Argumente bestätigt sieht, mag jeder selbst beurteilen. Die Wahrscheinlichkeit, dass es so war, beträgt wohl keine 80 %.

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