Spiel

#Die Pizzaofen-Lüge: Wie die Sowjetunion im Kalten Krieg dabei half, US-Spionageflieger zu bauen

Kalter Krieg, warme Pizza: Wie die USA an das Titan der Sowjetunion rangekommen ist – und damit die Sowjets ausspioniert hat. Ein köstliches Stück Geschichte.

Wer Pizza backen will, braucht Öfen aus Titan? Dieses Argument hat bei den Sowjets gezogen! (Bild-Quellen: Elnur über Adobe Stock und Xataka)





Wer Pizza backen will, braucht Öfen aus Titan? Dieses Argument hat bei den Sowjets gezogen! (Bild-Quellen: Elnur über Adobe Stock und Xataka)


Das Spionageflugzeug SR-71 Blackbird ist mitunter eines der ikonischsten Kampfflugzeuge des Kalten Krieges. Dass seine Entwicklung mit einer Pizza-Lüge des US-amerikanischen Geheimdienstes CIA zu tun hat, wissen nur die Wenigsten.

Doch bevor’s wir uns der Rolle des köstlichen Fladenbrots aus der italienischen Küche nähern, müssen wir einige Seiten im Geschichtsbuch zurückblättern.

Wer’s nicht aushält, scrollt runter bis zur Überschrift »Achtung: Entflammbarer Treibstoff!«

Die Geschichte des SR-71 Blackbirds 

Willkommen in den 60er Jahren: Die erste SR-71 Blackbird erhob sich im Jahre 1964 in die Lüfte. 1964 saß noch Lyndon B. Johnson als 36ster Präsident der Vereinigten Staaten im Oval Office, die Invasion auf die Schweinebucht lag erst wenige Jahre zurück und schwelende Konflikt zwischen den USA und der Sowjetunion köchelte jahrelang vor sich hin.

Abgesehen von der technischen Raffinesse eines Flugzeugs wie dem SR-71 Blackbird mit seiner Spitzengeschwindigkeit von 3.500 Kilometern pro Stunde, ist die Entstehungsgeschichte des Vogels bis heute ein Faszinosum.  

Diese Geschichte verkörpert wie kaum eine Zweite die manchmal nötigen Tricksereien, damit ein Großprojekt wie die SR-71 Blackbird gelingt. Gleichzeitig ist es eine Geschichte über ein historisches Eigentor für die ehemaligen Sowjetunion. Ein Eigentor, das bis zum heutigen Tage nachhallt, also sechs Jahrzehnte später (wie Xataka berichtet hat).

Um unsere Geschichte zu erzählen, reisen wir in das vorherige Jahrhundert zurück.






Die Geschichte beginnt in den 60ern

Wir schreiben die frühen 1960er Jahre. Angesichts der sich verhärtenden Fronten zwischen den Vereinigten Staaten und der UdSSR (Union der Sozialistischen Sowjetrepublik) wird der US-Regierung klar: Es braucht eine neue Waffe, um im Wettrüsten gegen den roten Riesen mitzuhalten.  

Kalter Krieg: ein kurzer Abriss

Der Kalte Krieg brachte viele, bewaffnete Konflikte in unserer Welt mit sich. Der Koreakrieg (1950-1953), der Vietnamkrieg (1955-1975) und der Afghanistan-Konflikt (1979-1989) sind die größten Auseinandersetzungen, hervorgegangen aus dem Kalten Krieg. Bei all diesen Konflikten gab es enorme Verluste von Menschenleben zu beklagen.

Die ständige Bedrohung eines Nuklearkrieges zwischen den Supermächten USA und UdSSR während dieser Jahre führte zu einer Atmosphäre der Angst.

Die Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg schreibt zur aktuellen Lage: Mit der russischen Invasion in die Ukraine im Februar 2022 haben die Spannung zwischen Russland und dem Westen wieder stark zugenommen.

Erst im Mai des Jahres 1960 musste die Air Force der USA eine Niederlage einstecken. Der Pilot Gary Powers war mit seinem Spionageflugzeug U-2 abgestürzt. Die U-2 war ein für die damalige Zeit hoch entwickeltes Spionageflugzeug. In großen Höhen und mit modernen Kameras ausgestattet, machte der Stahlvogel strategisch wichtige Aufnahmen über feindlichem Luftraum. 

Am 1. Mai 1960 startete Gary Powers in Pakistan zu seinem geheimen Aufklärungsflug über die Sowjetunion. Im Flug wird U-2 mit Powers dann von sowjetischen Luftabwehrkräften vom Himmel geschossen. Powers rettet sich mit einem Fallschirm, wird jedoch von den Sowjets gefangengenommen.

Übrigens: Friedliche Fliegereien mit Anspruch auf Authentizität gibts für Gamerinnen und Gamer bei Microsofts Flight Simulator.

Der Vorfall rund um Powers ist historisch extrem relevant. Er verhärtete die Beziehung zwischen den USA und der Sowjetunion weiter – und bedeutete einen Rückschlag für die Verhandlungen um die Abrüstung.

Nachdem Powers‘ Absturz bekannt wurde, behauptete die USA zunächst, die U-2 sei aufgrund eines technischen Versagens vom Himmel gefallen und sein Pilot sei tödlich verunglückt. Als die Sowjets jedoch wenig später nachweisen konnten, Powers in Kriegsgefangenschaft genommen zu haben, löste das eine internationale Krise zwischen den beiden Weltmächten aus. 

Was hat die USA aus dem Powers-Debakel gelernt? 

Nach diesem Debakel stand für die USA zweierlei fest: »Wir brauchen eine neue Art von Überwachungsflugzeug und ein Vorfall wie der rund um Gary Powers darf sich keinesfalls wiederholen.« Somit setzt es sich die USA zur Aufgabe, das Konzept Spionageflugzeug neu zu erfinden.







Auftritt für das US-amerikanische Luft- und Raumfahrtunternehmen Lockheed. Genauer: Für Skunk Works (zu Deutsch: Stinktier-Arbeiten), dem berüchtigten Entwicklungsprogramm von Lockheed.

Das Team hinter Skunk Works hatte sich bereits für die U-2 von Bruchpiloten Gary Powers verantwortlich gezeichnet und sollte auch jetzt seinen einzigartigen Erfindergeist einbringen. 

Der Anforderungskatalog an das Skunk-Works-Team

Die Aufgabenstellung für Skunk Works konnte kaum herausfordernder sein: »Baut ein Spionageflugzeug, dass nicht abgeschossen werden kann.« Vielleicht verbarg sich in diesem gesteckten Ziel der US-Entscheidungsträger ein Prise Hybris.

Andererseits konnte eine weitere Blamage in der Größenordnung Gary Powers für die globale Sicherheit fatale Folgen haben. Es ging also um viel. Sehr viel sogar. 

Konkret sahen sich die Ingenieure von Skunk Works mit diesem Anforderungskatalog konfrontiert: 

  • Geschwindigkeit: Eine dauerhafte Geschwindigkeit von mehr als 3.200 km/h.
  • Flughöhe: 27.000 Meter Flughöhe sollte das neue Flugzeug dabei erreichen. 
  • Unsichtbar: Ein Design, welches von feindlichen Radaranlagen unentdeckt bleibt.
  • Flexibilität: Die Möglichkeit, sich der ständig weiterentwickelnden Radartechnik der Sowjets anzupassen.

Erster Testflug: In einer geheimen Forschungsanlage in der Wüste von Nevada ist es dann so weit. Skunk Works führt Testflüge durch – und die Ergebnisse sind verblüffend. Das ungefähr 30 Meter lange Modell ist auf dem Radar lediglich als kleines Zeichen erkennbar.

In seinen Umrissen größer als ein Vogel, aber kleiner als ein Mensch. In blanken Zahlen ausgedrückt ist es den findigen Köpfen von Skunk Works damals gelungen, den Radarquerschnitt des Spionageflugzeugs um ganze 90 Prozent zu reduzieren. 

Doch wie hatten das die Stinktiere geschafft? Einerseits, indem A) die Flugzeugtriebwerke weniger mittig an die Flugzeugflügel gesetzt wurden und andererseits B) die gewählte Farbe des Flugzeugs schwieriger für Radaranlagen zu erkennen ist.

Mehr zum Thema

Lächerliche Höchstgeschwindigkeit 

Eine weitaus größere Herausforderung stellte die anvisierte Geschwindigkeit von 3.200 Stundenkilometern dar. Bei einer solchen Geschwindigkeit wird die Schnauze des Flugzeugs Temperaturen von über 300 Grad Celsius ausgesetzt. Ein Schritt, um die Wärmeentwicklung einzudämmen, betraf die Farbgebung.

Skunk Works entschied sich für Schwarz, weil diese Wärme besser schluckt als andere Farben. Die Farbwahl gab dem Flugzeug auch seinen Spitznahmen »Blackbird« (zu Deutsch: Amsel; wortwörtlich übersetzt: Schwarzvogel). 

Letztlich wurde die Maximalgeschwindigkeit von der Hitzeentwicklung gedeckelt. Wenn das Flugzeug eine Temperatur von 427 Grad Celsius überstieg, war dem Piloten dringend davon abzuraten, noch schneller zu fliegen. In der Schnauze der SR-71 waren Sensoren für die Temperaturmessung angebracht.

Bei einer Temperatur von über 427 Grad Celsius konnten die Techniker von Skunk Works für nichts mehr garantieren. Dass sich das Triebwerk löst, oder sich eine Turbinenschaufel verabschiedet, war da nicht unwahrscheinlich.






Achtung: Entflammbarer Treibstoff! 

Die enorme Wärmeentwicklung stellte das Team vor eine weitere, hitzige Herausforderung. Der SR-71 Designer Clarence Johnson erzählte der BBC, jenseits der Schnauze konnte das Flugzeug eine Außentemperatur von 300 Grad Celsius erreichen.

Auch die restlichen Außenteile konnten sich auf etwa 200 Grad Celsius erhitzen. Extreme Temperaturen, die ein hohes Sicherheitsrisiko darstellen. Denn ein Flugzeug hat einen Tank. Und dieser Tank ist entflammbar. In Falle der SR-71 reden wir von sechs Haupttanks und 80.000 Pfund (ca. 36 Tonnen) Gas.

Das sind umgerechnet über 36 Tonnen, die sich durch die beachtliche Hitzeentwicklung auf bis zu 190 Grad erhitzen. Eine solche Hitze potenziert die Gefahr für eine Explosion oder einen Brand empfindlich. 

Deshalb mussten Skunk Works einen besonders hitzeresistenten Treibstoff entwickeln. Somit ist die Konstruktion der SR-71 unwiederbringlich mit der Entstehungsgeschichte des Kraftstoffs JP-7 verbunden. Denn Jet Propellant 7 wurde extra für den Blackbird entwickelt.

Mehr zum Thema

Titan als entscheidendes Element: In der schier endlosen Reihe technischer Herausforderungen, stellte das zu verbauende Material die vielleicht größte Hürde dar.

Für die verantwortlichen Ingenieure stand bald fest: »Wir setzen auf Titan als Material.« Denn sie schlussfolgerten: Eine Titanlegierung ist zugleich widerstandsfähig, hitzebeständig und vor allem auch leicht. 

Doch woher Titan beziehen? Oder anders gefragt: Welches Land hat die größten Titan-Vorkommen? Als die Skunk Workers mit dem Finger über die Weltkarte fahren, bleiben sie auf einem Land mit vergleichsweise großen Titan-Reserven stehen.

Nämlich: Der UdSSR. Dasselbe Land, welches die USA mit seinen neuen Flugzeugen hinterher ausspionieren möchte.







Genauer wurde für den Bau der SR-71 Blackbird das Mineral Rutil benötigt. Die US-eigene »Titanium Metals Corporation« beispielsweise verfügte nur über sehr überschaubare Mengen des Minerals.  

Wie die USA schließlich an das Mineral rankommen, ist ein Stück weit Weltgeschichte. Eine Geschichte, um die sich Mythen, Märchen und Halbwahrheiten ranken.

Fakt ist: Die USA hatte das Mineral Rutil beziehungsweise ausreichend Titan bitterlich nötig, um seinen später legendären Flieger Lockheed SR-71 zu bauen. Die Sowjetunion als Gegenspieler der USA hingegen saß auf ausreichend Vorräten.  

Was tun? 

Größere Mengen Titan aus der UdSSR anzufordern, wäre auffällig. Also kauft der Auslandsgeheimdienst der USA (CIA) kleinere Mengen über Scheinfirmen und Drittweltländer als Zwischenhändler aus der Sowjetunion – und haben damit Erfolg.

Laut Wortlaut einer der beteiligten Zeitzeugen hatte eine der seitens CIA ausgedachten Lügen mit Pizza zu tun. »Wir brauchen Titan, um unsere Pizzaöfen zu bauen«, lautete eine der Flunkereien, derer sich die USA bemühte, um an das Titan abzugraben.

Colonel Rich Graham, ein ehemaliger SR-71-Pilot, formuliert es so:

»Das Flugzeug [SR-71] besteht innen und außen zu 92 Prozent aus Titan. Als das Flugzeug gebaut wurde, gab es in den Vereinigten Staaten kein Titanvorkommen. Genauer benötigten wir ein Mineral namens Rutil. [Rutil] kommt nur in wenigen Teilen der Welt vor. Der Hauptlieferant für Rutil war damals die UdSSR.«

Die Ironie der Geschichte: Die Sowjets haben damit die Entwicklung derjenigen Flugzeuge unterstützt, mit denen sie hinterher erfolgreich ausspioniert wurden.

Überspitzt könnte man sagen: Dank einer Pizza-Lüge konnte die USA den Kalten Krieg für sich entscheiden. Bodenständiger könnte man feststellen: Die USA hat den Sowjets dabei geholfen, sich selbst auszuspionieren. 

Gefällt euch diese kuriose Geschichte rund um eines der ikonischsten Spionageflugzeuge der Technologie-Geschichte? Welche kuriosen Tech-Stories aus den hinterletzten Winkeln des Internets ist euer liebstes? Schreibt uns dazu gerne in die Kommentare. 

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Spiel kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!