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#Die Probleme wurzeln nicht in Brüssel

„Die Probleme wurzeln nicht in Brüssel“

Das Versprechen der Brexiteers, mit dem EU-Austritt die Kon­trolle über die Grenze zurückzugewinnen, ist bisher nur zur Hälfte eingelöst worden – und für viele ist es die unbedeutendere Hälfte. Seit Februar 2020 dürfen sich EU-Bürger nicht mehr ohne Arbeitsvisum im Königreich niederlassen, was nicht zuletzt zum Arbeitskräftemangel beigetragen hat. Auch wenn das System legaler Migration dank des neuen Einwanderungsgesetzes als transparenter und fairer empfunden wird als früher, ist die illegale Migration aus dem Ruder gelaufen. Die sprunghaft wachsende Zahl von Migranten, die in kleinen Booten über den Kanal kommen, hat auch den Brexit-freundlichen Briten vor Augen geführt, dass der EU-Austritt nicht alle Probleme lösen kann. Im Fall der „Bootsmigranten“ wurzeln diese nicht in Brüssel, sondern in Paris, in Straßburg und nicht zuletzt in London selbst.

Die meisten gehen an der französischen Küste an Bord; einige auch an belgischen Stränden. Ihre Zahl hat sich von etwa 8000 im Jahr 2020 auf mehr als 44.000 in diesem Jahr erhöht. Die frühere britische Innenministerin Priti Patel sagte im Sommer, dass 70 Prozent der Ankömmlinge nicht als „genuine Asylsuchende“ einzustufen seien, sondern als „Wirtschaftsmigranten“. Viele von ihnen hätten zuvor schon vergeblich Asyl in einem EU-Land beantragt, oft in Deutschland. Die „Invasion“ an der englischen Südküste – so die Worte von Patels Nachfolgerin Suella Braverman – wäre rasch gestoppt, würden die Franzosen jeden Migranten zurücknehmen, der von den Briten aufgegriffen wird. Die gefährliche Bootsüberfahrt würde sich nicht mehr lohnen, was mittelfristig auch Frankreich zugutekäme, weil dann weniger Migranten ins Land reisen würden, um den Kanal zu überqueren. Aber die Rücknahme von Flüchtlingen war schon vor dem Brexit schwer zu organisieren.

Viele Migranten warten noch auf eine Entscheidung

In London hält sich der Verdacht, dass die Franzosen das System stillschweigend dulden, weil den meisten Migranten irgendwann die Überfahrt gelingt und sie damit in den Verantwortungsbereich Großbritanniens übergehen. Gleichwohl bauen beide Hauptstädte ihre Zusammenarbeit aus. Am Montag erhöhten die Briten die Zahlungen an Frankreich auf mehr als 70 Millionen Euro, um die gemeinsamen Patrouillen an den Normandie-Stränden effektiver zu gestalten. Aber kaum jemand glaubt an den nachhaltigen Effekt dieser Vereinbarung. Zwar vereiteln die Gendarmen (mit britischer Hilfe) Jahr für Jahr mehr illegale Überfahrten, aber noch viel schneller wächst die Zahl der erfolgreichen Kanalüberquerungen. So verhält es sich auch mit den Schlepperbanden: Für jeden Ring, der von der Polizei ausgehoben wird, entsteht mindestens ein neuer.

Mit der Herkunft der Schlepperbanden verändert sich auch die Nationalität der Migranten. Ein Gutteil des Geschäfts ist mittlerweile in albanischer Hand. Entsprechend bilden jetzt albanische Migranten die stärkste Gruppe. 42 Prozent aller Migranten, die seit Mai an der englischen Küste angekommen sind, stammen aus dem südosteuropäischen Land – 80 Prozent von ihnen sind Männer. Die nächstgrößeren Gruppen sind nach Angaben des Innenministeriums Afghanen, Iraner, Iraker und Syrer, wobei da auch Schätzaspekte zu bedenken sind, weil viele Migranten vor der Ankunft in England ihre Pässe vernichten. Mehr als 50 Migranten sind in den vergangenen drei Jahren bei der Überfahrt ertrunken.

Migranten im französischen Calais


Migranten im französischen Calais
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Bild: Picture Alliance

Die Genfer Flüchtlingskonvention und die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) verpflichten die britischen Behörden nicht nur zur Aufnahme von Asylbewerbern, sondern setzen auch Standards für deren Behandlung und Rechtsverfahren. Flüchtlingsorganisationen und Anwälte, die sich der Migranten annehmen, sind mit der Rechtslage und deren Schlupflöchern bestens vertraut. Im letzten ausgewerteten Zwölfmonatszeitraum (bis Juni 2022) haben mehr als drei Viertel aller Asylbewerber – darunter auch jene, die mit Visa eingereist oder über offizielle Kontingente ins Land gekommen sind – den Asylstatus erhalten oder durften aus humanitären Gründen bleiben.

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