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#Die Sache hat einen Haken

Die Sache hat einen Haken

Es ist nicht immer ratsam, mitten in der größten Prügelei dabei sein zu wollen. Manchmal reicht es, am Rande des Geschehens mitzumischen. Kawasaki folgt dieser Devise mit der Versys 1000. Vor einigen Jahren nahmen die Japaner ihre Maschine aus jener Zone heraus, in der die Fäuste fliegen: Das Segment der Reiseenduros mit Allroundkompetenzen ist ein besonders hart umkämpftes, dort holt man sich schnell ein blaues Auge, dort zählt Geländetauglichkeit zur Stellenbeschreibung. Weil es mit den Geländetalenten der Versys ohnehin nicht allzu weit her war, strich Kawasaki diesen Punkt konsequent.

Seither handelt es sich bei der großen Versys um ein Motorrad, das äußerlich einer Reiseenduro ähnlich, im Wesen aber eine reine Straßenmaschine mit der Spezialität Touring ist. Die aufrechte, erhabene Sitzhaltung mit bequemen Polstern auf beiden Plätzen, entspannten Knie- und Hüftwinkeln, breitem Kommando-Lenker sowie vorzüglichem Wind- und Wetterschutz blieb erhalten. Kein Adventure-Motorrad, sondern eins im Adventure-Stil, wie Kawasaki hervorhebt – ein feiner Unterschied. Für Motorradfahrer, die keine Offroad-Ambitionen haben und auch nicht so tun wollen, als hätten sie welche, stellt das eine gute Lösung dar. Handprotektoren am Lenker dienen weniger der Abwehr von Buschwerk, sondern – im Zusammenspiel mit der Griffheizung – dem Schutz vor niedrigen Temperaturen.

Ohnehin gilt in der Branche als offenes Geheimnis, dass die wenigsten Besitzer echter Reiseenduros dazu neigen, den Asphalt zu verlassen, um mit schweren Großbrummern für 15.000 bis 25.000 Euro Schrammen und Blessuren zu riskieren. So gesehen, ist die Versys 1000 ein ehrliches Angebot, in der Version SE zudem ein besonders umfangreich ausgestattetes, das knapp 17.000 Euro kostet.

In elektronischer Hinsicht lässt sich Kawasaki nicht lumpen. Zum Gebotenen zählen Kurven-ABS, schräglagenabhängig operierende Traktionskontrolle, vier Fahrmodi.



Bilderstrecke



Fahrbericht
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Kawasaki Versys 1000 SE

Ihre Linienführung entstand offenkundig nicht im Bemühen um feingliedrige Raffinesse. Wucht und Präsenz dominieren stattdessen den Eindruck, passend zur Masse von 257 Kilo mit gefülltem 21-Liter-Tank, die Seitenkoffer nicht eingerechnet. Ein wenig täuscht das darüber hinweg, welch zartfühlender Charakter im Maschinenraum arbeitet. Der 1043-Kubik-Reihenvierzylinder ist einer der zivilisiertesten, erfreut mit sauberer Gasannahme in jedem Fahrmodus – vier stehen zur Wahl –, der Abwesenheit unnötiger Aggression und universeller Einsatzbereitschaft. Soll heißen: Egal, welcher Gang eingelegt ist und wo die Drehzahlmessernadel sich gerade aufhält, er schiebt. Schaltfaules Fahren macht ihm nicht das Geringste aus, was eine angenehme Eigenschaft darstellt für den Alltag, für Touren allein oder mit Beifahrer und Gepäck. Treibt man die Drehzahl hoch, wird’s durchaus schmissig und akustisch interessant, aber nie bösartig und laut. Vibrationen kribbelnder Art müssen bei einem Reihenvierer einkalkuliert werden, sie tauchen gelegentlich in mittleren Drehzahlen auf.

120 PS bei 9000 Umdrehungen und 102 Nm bei 7500/min markieren im Segment der Maxi-Reiseboliden eher den unteren Rand – vollkommen ausreichend. Wer es darauf anlegt, jagt mit der Kawa deutlich über die 200-km/h-Marke hinaus, wobei sie bei höherem Tempo empfindlich auf Störeinflüsse reagiert und Unruhe verspüren lässt. Dramatisch fühlte sich das nicht an, aber auch nicht überzeugend. Um den Benzinverbrauch wie in unserem Fall zwischen 5,2 und 5,7 Liter auf 100 Kilometer zu halten, belässt man es auf der Autobahn ungefähr bei der Richtgeschwindigkeit und auf der Landstraße beim gesetzlich Erlaubten.

Wesentliche Neuerung der SE des Jahrgangs 21

Die Serienausstattung der Versys 1000 SE ist exquisit. Das gilt ganz analog für die erwähnten Protektoren, die Heizgriffe, die jeweils 28 Liter fassenden Koffer, die Steckdose im Cockpit. Leichtgängig wie kaum ein anderes Schwergewichtsmotorrad hopst sie auf den mittlerweile serienmäßigen Hauptständer. In elektronischer Hinsicht lässt sich Kawasaki ebenfalls nicht lumpen. Zum Gebotenen zählen Kurven-ABS, schräglagenabhängig operierende Traktionskontrolle, vier Fahrmodi – darunter ein individuell zu konfigurierender –, Kurvenlicht, Schaltassistent, Geschwindigkeitsregelanlage sowie ein semiaktives Fahrwerk, das die Dämpfung der Federelemente „in Echtzeit“ den Gegebenheiten anpasst.

Letzteres birgt die wesentliche Neuerung der SE des Jahrgangs 21. Über ein Software-Update soll das elektronische Fahrwerk, das sich auf einen Schwarm an Sensoren stützt, nun noch feinfühliger, fixer, vorausschauender agieren als bisher. Kawasaki spricht von Skyhook-Technologie; man solle sich das so vorstellen, als hingen die ungefederten Massen des Fahrzeugs an einem Haken im Himmel.

Wo ist der Haken? Wir haben ihn nicht gefunden, die Sache funktioniert gut. Kernig agiert die Federung im Modus Sport, der nur auf einigermaßen makelloser Fahrbahn Freude bereitet. Road empfanden wir als angemessene Wahl fürs freie Fahren mit sportiver Grundeinstellung. Für alltägliche Erledigungen ohne Ambitionen indes ist auch Road noch zu straff, weshalb wir dort die weichste Einstellung im Regen- oder im frei konfigurierbaren Modus wählten.

So ist die Versys 1000 SE einerseits hoch modern, aber hier und da auch nicht mehr ganz auf der Höhe der Zeit. Einen automatischen Beladungsausgleich des Fahrwerks beherrscht sie noch nicht, Geschwindigkeitsregelanlage und Schaltautomat agieren im Vergleich zu den Besten auf dem Markt rustikal. Die umständliche Höhenverstellung der Windschutzscheibe wirkt rückständig, die Navigation durchs Bordmenü umständlich. Es fehlen eine Hinterleuchtung der diversen Schalter am Lenker und eine Blinker-Rück­stellautomatik. Und wo andere mittlerweile mit Farbschirmen in Tabletgröße angeben, vertraut Kawasaki auf eine Kombination aus analogem Drehzahlmesser und niedlich kleinem TFT-Bildschirm. Wobei Letzteres, halb modern, halb retro, wiederum sehr sympathisch wirkt.

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