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#Dirk Moses hat eine neue Holocaust-Debatte angestoßen

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Dirk Moses hat eine neue Holocaust-Debatte angestoßen

Je länger der Massenmord an den europäischen Juden zurückliegt, desto abenteuerlichere Behauptungen können über ihn gemacht werden. Das meint nicht seine Leugnung. Sie ist zu absurd, um mehr als ekelhaft zu sein. Vielmehr geht es um die Behandlung des Holocausts als „Narrativ“, dessen Bedeutung übertrieben werde. Es sei provinziell, heißt es derzeit, Auschwitz von allen anderen Genoziden der jüngeren Weltgeschichte zu unterscheiden. Die Chancen für solche Einordnungen der Shoah ins allgemeine Schlachtgeschehen der Historie erhöhen sich inzwischen schon aus demographischen Gründen. In deutschen Schulen treten gerade die letzten Überlebenden der Vernichtungslager auf. Soeben ist der älteste noch lebende Befreier von Auschwitz 98-jährig gestorben. Die biographischen Verbindungen werden dünner, und die Zeit ist unbarmherzig.

Demnächst werden darum auch Teile der öffentlichen Diskussion über Auschwitz historisch werden. Es wird die Erinnerung an die Mühe verblassen, deren es bedurfte, um zu Wahrheiten über den Judenmord zu kommen. Der sogenannte Historikerstreit, der das noch 1986 zeigte, wird bald mehr als eine Generation zurückliegen. Zusätzlich gibt es die Sorge, welches Gewicht die Geschehnisse von 1940 bis 1945 noch für eine Gesellschaft haben, in der immer mehr Bürger leben, deren Eltern und Großeltern nach dieser Zeit geboren sind oder ganz außerhalb derjenigen Regionen, in denen sich der Massenmord zugetragen hat. Was soll einem afghanischen oder marokkanischen Einwanderer der Holocaust bedeuten?

Der „Katechismus der Deutschen“

Ein Beispiel für den Sinn dieser Frage hat gerade der australische, in North Carolina lehrende Historiker Dirk Moses geliefert. Moses forscht über Genozide, Kolonialgeschichte und den Nationalsozialismus. In einem Beitrag für die Onlinezeitschrift Geschichte der Gegenwart behauptet er nun, es gebe einen „Katechismus der Deutschen“, der in fünf Punkten eine Art Schuldkult betreibe. „Katechismus“ soll heißen: eine Reihe von ungeprüft für wahr gehaltenen Glaubenssätzen. Der Holocaust werde erstens als singulär behauptet, zweitens als Zivilisationsbruch, der das moralische Fundament der deutschen Nation bilde. Er begründe für die Leute, die diesen Katechismus herunterbeten, drittens eine besondere Verantwortung Deutschlands gegenüber Juden und Israel, wobei viertens behauptet werde, der Antisemitismus sei eine spezifisch deutsche Einstellung gewesen, die nicht einfach als Beispiel für rassistische Einstellungen eingeordnet werde könne. Fünftens strahle das alles auf den Antizionismus aus, der hierzulande pauschal als antisemitisch aufgefasst werde.

Der Historiker Dirk Moses


Der Historiker Dirk Moses
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Bild: Archiv

Moses lehnt jeden Eintrag in diesem Katechismus ab. Er hält die Meinung über den Holocaust als einem von allen anderen Völkermorden unterscheidbaren Geschehen für den Ausdruck einer deutschen Zivilreligion. Spezifische Eigenschaften des Holocausts hält er pauschal für unbestreitbar, aber welche es sind, erörtert er nicht; man darf vermuten, dass es sich um die spezifischen Merkmale handelt, die jeder historische Vorgang besitzt. Wichtiger ist ihm die religiöse Funktion der Erinnerung. Deutschland suche durch eine irrige Geschichtsauffassung „Erlösung“ von historischer Schuld. Andere Opfer von Genoziden als jüdische halte es von historischen Vergleichen fern, damit sein „sakrales Trauma“ rein bleibe. Die Behauptung, die Shoah sei ein weltgeschichtlich singuläres Ereignis, diene vor allem nationalstaatlichen Bedürfnissen. Die Bundesrepublik legitimiere ihre Existenz durch das ungeheuerliche Geschehen, das ihrer Gründung vorangegangen sei.

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