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#Drei Säulen für die Brennpunktschulen

Seit Monaten streiten Bund und Länder über das Startchancen-Programm. Wie immer geht es vor allem um Finanzierungsanteile, Auswahlkriterien und Mittelvergabe. Am Dienstagabend haben die Länder wieder mit dem Bundesbildungsministerium (BMBF) über die Details verhandelt, die der F.A.Z. exklusiv vorliegen. Das Startchancen-Programm ist ein zentrales Vorhaben der Berliner Ampelkoalition, das etwa 4000 allgemeinbildende und berufsbildende Schulen mit einem hohen Anteil sozial schwacher und bildungsferner Schüler über drei Programmsäulen gezielt stärken soll.

Heike Schmoll

Politische Korrespondentin in Berlin, zuständig für die „Bildungswelten“.

Das ist zum einen ein Investitionsprogramm für eine ansprechende Lernumgebung, also bauliche Maßnahmen, die geeigneterweise die Attraktivität einer Brennpunktschule unterstützen. Ohnehin nötige Sanierungen dürfen damit nicht finanziert werden. Zweitens sollen die Schulen ein „Chancenbudget“ für Schul- und Unterrichtsentwicklung erhalten, und drittens sollen zusätzliche Schulsozialarbeiterstellen geschaffen werden.

Finanziert werden soll das Programm mit der sogenannten Bildungsmilliarde des Bundes. Der Bund fordert von den Ländern eine Beteiligung in der gleichen Höhe. „Angesichts der Anstrengungen, die Länder schon jetzt für ihre Brennpunktschulen unternehmen, kommt eine Kofinanzierung mit neuem Geld nicht infrage“, sagte Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien (CDU) der F.A.Z. vor den Verhandlungen. Die Länder wollten eine Flexibilität zwischen den Säulen, weil ungewiss sei, ob es überhaupt genügend Sozialarbeiter gibt.

Verteilung nicht nach Königsteiner Schlüssel

Zur Absicherung der „Overheadkosten“, also Verwaltungskosten, müssen Bund und Länder sich ebenfalls noch einigen. Bisher war völlig unklar, wie viel der Bund pro Säule aufbringen will. Für das Investitionsprogramm sind bundesseitig fünf Milliarden Euro für die gesamte Laufzeit von zehn Jahren auf der Grundlage von Artikel 104c des Grundgesetzes vorgesehen. Die Jahrestranchen müssten verhandelt werden.

Verteilt werden sollen die Mittel nicht etwa nach dem Königsteiner Schlüssel, sondern nach bestimmten Indikatoren: Zu 40 Prozent soll der Anteil der unter 18 Jahre alten mit nicht deutscher Herkunftssprache zugrundegelegt werden, zu 40 Prozent die Armutsgefährdungsquote und zu 20 Prozent das negative Bruttoinlandsprodukt (BIP). Der verfassungsrechtlich erforderliche Eigenanteil der Länder liege bei 50 Prozent, heißt es in dem Papier, wobei auch das zu verhandeln ist.

Für das sogenannte Chancenbudget will der Bund den Ländern zeitlich befristet zusätzliche Umsatzsteuerfreibeträge gewähren. Dafür allerdings ist eine Änderung des Finanzausgleichsgesetzes nötig. Der Anteil des Bundes soll sich auf jährlich 300 Millionen Euro ab 2025 belaufen, der zunächst befristet bis 2028 gesichert ist. Je nach Umsetzungserfolgen der Zwischenevaluation wird die Zahlung verlängert oder angepasst.

Geld für mehr Sozialarbeiter

Die Länder sollen nach Vorstellung des Bundes in gleicher Höhe kofinanzieren, wobei sie die gesamten Bundes- und Landesmittel in einen Solidaritätsfonds überführen, aus dem die Länder entsprechend ihres Anteils von Schülern mit Leistungsbezug bzw. Migrationshintergrund einen Solidaritätszuschlag bekommen. Für die Zuweisung der Mittel an die einzelnen Schulen sind die Länder zuständig. Sie können je nach Größenordnung und Berücksichtigung der Erfordernisse der jeweiligen Schule variieren. Aus Fehlern früherer Bund-Länder-Programme klug geworden, fordert der Bund nun eine konsequente Offenlegung der Ressourcenzuweisung und eine engmaschige Erfolgskontrolle.

Für die zusätzlichen Sozialarbeiterstellen wird der Bund 200 Millionen Euro ab 2025 aufbringen, im Jahr 2024 halbiert sich der Anteil. Die Länder sollen sich wiederum mit dem gleichen Anteil beteiligen und auch diese Bundes- und Landesmittel in den Solidaritätsfonds überführen.

Die nötigen Gesetzesänderungen sollen in einem Artikelgesetz mit dem Finanzhilfegesetz zur Finanzierung des Investitionsprogramms sowie mit einer Änderung des Finanzausgleichsgesetzes zur befristeten Gewährung zusätzlicher Umsatzsteuerfestbeträge zur Finanzierung des Chancenbudgets und der Schulsozialarbeiterstellen gebündelt werden. Das Finanzhilfegesetz bedarf einer zusätzlichen Verwaltungsvereinbarung von Bund und Ländern.

Nach den Erfahrungen mit dem Corona-Aufholprogramm, das in einigen Ländern durchaus fragwürdige Verwendung fand, besteht der Bund dieses Mal nicht nur auf einer wissenschaftlichen Begleitung von Anfang an, sondern auch auf einer Erfolgskontrolle (Evaluation). Die wissenschaftliche Begleitung soll die Startchancen-Schulen bei der Verwirklichung der drei Fördermaßnahmen helfen und sie in die Entwicklungsprozesse der jeweiligen Schule integrieren. Die Begleitung müsse „einen evidenzbasierten Erkenntnisgewinn“ ermöglichen, heißt es in den Details.

Die Schulen müssen sich dafür verpflichten, datengestützt zu arbeiten und ihre Programmziele evaluieren zu lassen. Dieses Jahr soll dazu genutzt werden, die Umsetzungsvoraussetzungen für die wissenschaftliche Begleitung zwischen Bund und Ländern abzustimmen und die Auswahl der Schulen vorzubereiten. Zum Programmstart soll die Ausgangslage, also der Leistungsstand der jeweiligen Schule, gemessen werden, um dann während der Laufzeit möglichst große Wirkungen zu erzielen.

Die Kosten der Evaluation sollen sich Bund und Länder teilen, die wissenschaftliche Begleitung finanziert der Bund. „Mit einer ex-ante, Zwischen- und ex-post-Evaluation(en)“, soll der Erfolg des gesamten Programms fortlaufend kontrolliert werden, wofür die Länder mit ihren Landesinstituten sorgen müssen. Die jeweiligen Finanzierungen müssen kleinteilig dokumentiert und es muss regelmäßig berichtet werden. Für die Gesamtsteuerung des Programms sollen die Länder eine Steuerungsgruppe auf Ebene der Staatssekretäre einrichten, die auch Korrekturen veranlasst, den Vorsitz will der Bund führen.

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