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#Drogen, Daten und Falschgeld aus dem „Cyberbunker“

Drogen, Daten und Falschgeld aus dem „Cyberbunker“

Es gibt in Deutschland wenige derart idyllische Gegenden wie die Moselschleifen in Rheinland-Pfalz, wo sich der breite Fluss um die mit Wein bewachsenen sanften Hügel schlängelt. Auf einem davon, dem Mont Royal, oberhalb von Traben-Trarbach gelegen, drangen Ende September vergangenen Jahres mehr als 700 Polizisten, darunter Spezialkräfte, in einen ehemaligen Bunker der Bundeswehr ein. Fünf Stockwerke tief war der einst in den Berg gebaut worden.

Julian Staib

Julian Staib

Politischer Korrespondent für Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland mit Sitz in Wiesbaden.

Die Ermittler beschlagnahmten mehr als 400 Server, auf denen die Betreiber Tausende illegale Internetseiten gehostet haben sollen, Plattformen für Drogenhandel, Kinderpornografie, Cyberangriffe, Datenhehlerei, Falschgeldhandel und mehr. Man habe auf den Servern „keine einzige legale Seite“ feststellen können, hieß es kürzlich dazu von der Generalstaatsanwaltschaft Koblenz.

Fast zwei Stunden dauerte die Anklageverlesung

Verantwortlich für den Betrieb der Server sollen laut Staatsanwaltschaft acht Angeklagte sein, die sich seit Montag vor dem Trierer Landgericht verantworten müssen, darunter vier Niederländer, drei Deutsche und ein Bulgare. Vor Gericht trug am Montag Oberstaatsanwalt Jörg Angerer von der Landeszentralstelle Cybercrime der Generalstaatsanwaltschaft Koblenz fast zwei Stunden lang die Anklage vor.

Hauptangeklagter ist demnach der 60 Jahre alte Niederländer Johan X., der den früheren Bunker 2013 erworben und fast alle geschäftlichen Entscheidungen getroffen haben soll. Ihm sowie sieben weiteren Personen werden die Bildung einer kriminellen Vereinigung sowie Beihilfe zu Straftaten in mehr als 249.000 Fällen vorgeworfen. Unter den Angeklagten habe es „eine feste Rollenverteilung mit klarer Hierarchie“ gegeben, sagte Angerer. X. bezeichnete er als „Rädelsführer“; seine beiden Söhne sollen als Administratoren für Kundenaufträge und IT zuständig gewesen sein, eine Deutsche war „Buchhalterin“, ein anderer Niederländer „eine Art Manager“.

Bei dem Prozess stehen erstmals jene im Fokus, die illegale Geschäfte über eine Plattform ermöglichten, sie selbst aber nicht tätigten – daher der tausendfache Vorwurf der Beihilfe. Entscheidend wird sein, ob den Betreibern nachgewiesen werden kann, dass sie von den illegalen Aktivitäten ihrer Kunden wussten oder diese sogar unterstützten, also doppelt vorsätzlich handelten.

Nachrichten aus dem internen Mailsystem sollen das laut Staatsanwaltschaft belegen. Geworben aber hatte die Firma „Cyberbunker“ mit dem Gegenteil: dass sie sich nicht für die Geschäfte ihrer Kunden interessiere. „Kunden können alles hosten, was sie mögen – außer Kinderpornografie und allem, was mit Terrorismus zu tun hat“, hieß es auf ihren Seiten. Anonyme Zahlungen per Bitcoins wurden akzeptiert, Verträge waren nicht notwendig. Ein Verteidiger des Hauptangeklagten widersprach der Darstellung am Montag vor Gericht. Offenbar solle sein Mandant zu einem „Superschurken“ stilisiert werden. Fakt sei, dass „in erheblichem Umfang“ illegale Seiten betrieben worden seien, doch sei der Vorwurf „absurd“, dass sein Mandant von all dem gewusst habe.

Drogen und gefälschte Dokumente verkauft

Auf den Servern liefen nach Darstellung der Staatsanwaltschaft etwa die Plattform „Cannabis Road“, weiterhin der Marktplatz „Wall Street Market“ mit mehr als einer Million Kunden, über den unter anderem Drogen und gefälschte Dokumente verkauft wurden – und viele weitere Tausende Seiten für verschiedenste Dienste. Das sei „bis hin zu Mordaufträgen“ gegangen, sagte Jürgen Brauer, Leiter der Generalstaatsanwaltschaft Koblenz. Als Beispiele für Geschäfte, die über die Server gelaufen sein sollen, trug Oberstaatsanwalt Angerer am Montag vor: ein Gramm Heroin für 70 Euro, gefälschte Ausweise mit Hologramm für 70 bis 120 Euro. Zudem soll 2016 über die Server ein Hackerangriff auf Router der Telekom gesteuert worden sein.

Bereits früh waren die Behörden auf Johan X. und den „Cyberbunker“ aufmerksam geworden. Schon beim Kauf gab es Gerüchte, im Jahr 2015 begannen das rheinland-pfälzische Landeskriminalamt und die Landeszentralstelle Cybercrime (LZC) der Generalstaatsanwaltschaft Koblenz dann mit den Ermittlungen. Doch die verliefen zunächst zäh: Mitarbeiter der Anlage wurden zwar observiert, doch benutzten sie bei Telefonaten untereinander offenbar Codewörter. Erst das Einschleusen eines Polizisten als Hilfsmitarbeiter sowie das Überwachen des Datenverkehrs der Anlage brachten Fortschritte und – aus Sicht der Staatsanwaltschaft – einen hinreichenden Tatverdacht.

Auch gegen Kunden Verfahren eingeleitet

Bei den Durchsuchungen Ende September 2019 stellten die Ermittler dann unter anderem 403 Server, 57 Mobiltelefone und 412 Festplatten sicher. Laut Polizei enthalten die Datenträger insgesamt zwei Petabyte Daten, das sind zwei Millionen Gigabyte. Würde man diese auf CDs pressen, ergäbe sich ein Stapel von 8000 Meter Höhe. Entsprechend aufwendig ist die Auswertung. Bisher sei nur eine „Grobauswertung“ erfolgt, heißt es von den Ermittlungsbehörden.

Erschwerend kommt hinzu, dass auf den physischen Servern sogenannte digitale Server betrieben wurden, von denen mehrere vollverschlüsselt waren. Die darauf befindlichen Daten sind in die Anklage noch nicht eingeflossen, die Auswertung könnte laut den Ermittlungsbehörden noch Monate dauern. Es dürften also im Laufe des Prozesses, der bis Ende 2021 angesetzt ist, weitere Anklagepunkte folgen. Auch gegen mehrere Kunden des „Cyberbunkers“, also jene, die die illegalen Seiten betrieben hatten, wurden bereits Verfahren eingeleitet.

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