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#Drohende Notlage in Energieversorgung ist selbstverschuldet

„Drohende Notlage in Energieversorgung ist selbstverschuldet“

Auch in der Schweiz könnte im kommenden Winter die Energie knapp werden. „Jetzt geht’s ums Ganze“, warnte jüngst die Schweizer Energieministerin Simonetta Sommaruga, um die Unternehmen und die Bevölkerung aufzurütteln und auf einen möglichen Gas- und Strommangel vorzubereiten. Dabei sieht die Lage in der Schweiz im Vergleich zu anderen Ländern auf den ersten Blick gar nicht so düster aus: Sie erzeugt einen großen Teil ihres Stroms mit Wasserkraft. Zudem ist das Land deutlich weniger stark von Gas abhängig als Deutschland: Nur 15 Prozent des gesamten Energieverbrauchs entfallen auf diesen Energieträger.

Das Problem ist jedoch: Die Schweizer Energieversorgung ist auf Kante genäht. Vor allem im Winter reichen die Kapazitäten nicht aus, um den Bedarf zu decken. Dann ist das Land auf Stromimporte aus dem Ausland angewiesen, vor allem aus Deutschland und Frankreich. Die bange Frage lautet: Werden und können die Nachbarn weiter liefern? Sollte Präsident Putin den Gashahn weiter zudrehen, benötigen diese schließlich selbst jede Kilowattstunde, um die Wirtschaft am Laufen zu halten.

Die Schweiz hat es verpasst, Erdgasspeicher zu bauen

Ende Mai hat Sommaruga mit Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck vereinbart, Verhandlungen über ein sogenanntes Solidaritätsabkommen aufzunehmen. Das Ziel: Im Fall einer Gasmangellage sollen die beiden Länder einander unterstützen. Die Schweiz bringt ihre Transitleitung, über die Gas von Deutschland nach Italien fließt, in die Verhandlungen ein. Die Pipeline könnte man auch in umgekehrte Richtung für Lieferungen aus Flüssiggasterminals an der Mittelmeerküste nach Deutschland nutzen. Fachleute bezweifeln indes, dass dies ein wirklich starker Trumpf für die Schweiz ist. Wertvoller wäre es, wenn die Eidgenossen – wie die Österreicher – eigene Erdgasspeicher besäßen. Doch derlei gibt es in der Schweiz ebenso wenig wie Gaskraftwerke. Dieses Investitionsversäumnis könnte sich jetzt rächen.

Die drohende Notlage in der Energieversorgung ist zu einem großen Teil selbst verschuldet. Schon lange vor Putins Überfall auf die Ukraine warnten führende Branchenvertreter vor möglichen Lücken in der Stromversorgung, zumal nach dem Votum des Volkes auch die Schweizer Atomkraftwerke über kurz oder lang vom Netz gehen müssen. Trotzdem versäumte es die Politik, die Weichen für einen forcierten Ausbau der Erzeugungskapazitäten zu stellen. Bei den erneuerbaren Energien aus Wind und Sonne hinkt die Schweiz im Vergleich zu den meisten Ländern in Europa weit hinterher. Das liegt an den langwierigen mehrstufigen Bewilligungsverfahren und den weitreichenden Einspruchsrechten. Bis zur Inbetriebnahme einer Windkraftanlage vergehen oft 20 Jahre. Auch der Bau neuer Solar- und Wasserkraftanlagen ist für Investoren wegen der unkalkulierbar langen Genehmigungsverfahren und der vergleichsweise unattraktiven öffentlichen Förderung kaum interessant.

Der Bundesrat, wie die Regierung in Bern heißt, will die Rahmenbedingungen nun zwar verbessern und die Verfahren beschleunigen. Doch das lässt sich im ebenso komplexen wie trägen halb direktdemokratischen Politiksystem der Schweiz nicht über Nacht durchsetzen. Kurz- und mittelfristig ist das Land also auf das Wohlwollen seiner europäischen Partner angewiesen, um einer möglichen Strommangellage zu begegnen. Doch die hat der Bundesrat im vergangenen Jahr tüchtig vor den Kopf gestoßen, indem er die Verhandlungen über einen institutionellen Rahmenvertrag mit der Europäischen Union abbrach. Damit ist auch der Weg zu einem Stromabkommen mit Brüssel versperrt, das die Schweiz nun dringender bräuchte denn je. Ohne ein solches Abkommen bleibt sie vom System der Marktkopplung ausgeschlossen, das eine effiziente Nutzung der Übertragungskapazitäten über Landesgrenzen hinweg ermöglicht. Hinzu kommt, dass die EU-Netzbetreiber von 2025 an verpflichtet sind, mindestens 70 Prozent der für den grenzüberschreitenden Handel relevanten Kapazitäten für den europäischen Binnenmarkt frei zu halten. Dies schränkt die Importfähigkeit der Schweiz ein.

Die Schweizer täten gut daran, ihre Bedenken gegen den Rahmenvertrag hintanzustellen und der EU-Kommission die Hand zu reichen. Angesichts der von links und rechts vorherrschenden Widerstände hält sich die Kompromissbereitschaft der Mehrparteienregierung aber noch in engen Grenzen. Womöglich braucht es erst einen Energienotstand und eine daraus folgende Wirtschaftskrise, um Bundesrat und Parlament wachzurütteln. Es geht tatsächlich ums Ganze.

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