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#Ein Dämpfer für das Machtkartell

„Ein Dämpfer für das Machtkartell“

Je weiter die Beiruter Nacht am Montag voranschritt, desto heller wurde die Stimmung der Gegner des korrupten libanesischen Machtkartells. Denn laut den Ergebnissen der Parlamentswahl, die nach und nach an die Öffentlichkeit drangen, nahm die Zahl ihrer Sitze immer weiter zu. Als am Dienstag einigermaßen Klarheit über den Ausgang herrschte, schrieb ein Oppositioneller in noch klarerem Englisch und in Versalien, wie er die Lage sieht: „Fucking fantastic.“ Da war gerade bekannt geworden, dass 16 unabhängige Anti-Establishment-Kandidaten den Einzug ins Parlament geschafft hatten. Außerdem noch einige Kandidaten aus etablierten Parteien, die sich aber einigermaßen glaubwürdig als Reformkräfte dargestellt hatten.

Gemessen an den insgesamt 128 Sitzen und der desaströsen Lage, in der sich das Land befindet, mag das nicht wie ein „phantastisches“ Ergebnis aussehen. Aber gemessen an den libanesischen Verhältnissen, ist das ein Erfolg. Das Proporzsystem, das Parlamentssitze an die verschiedenen Bevölkerungsgruppen des Landes – Christen, Drusen, sunnitische und schiitische Muslime – verteilt, begünstigt Klientelismus. Das Wahlgesetz macht es den etablierten Kräften leicht, die Parlamentssitze untereinander aufzuteilen. Dass nun eine sichtbare Zahl unabhängiger Abgeordneter einziehen konnte, ist ein deutliches Zeichen, dass es vielen Wählern – gerade den jungen – um Programme geht, nicht um Apanagen.

Vor allem für die von Iran geförderte Schiitenorganisation Hizbullah ist das Wahlergebnis ein heftiger Rückschlag. Ihr Lager hat entgegen weitläufiger Erwartung die Mehrheit im Parlament verloren. Ihr Anführer Nasrallah hatte die Wahl explizit zu einem Votum über die Waffen der Organisation erklärt, die offiziell nur der Bekämpfung Israels dienen sollen, sich faktisch aber immer auf Gegner im Inneren richten. Die Wahl hat nun gezeigt, dass die Mehrheit der Libanesen die Dominanz der Hizbullah und die Hinwendung nach Iran ablehnt.

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Unter den christlichen Abgeordneten wurden die „Forces Libanaises“ zur stärksten Kraft im Parlament. Sie hatten sich im Wahlkampf als Anti-Hizbullah-Bollwerk inszeniert. Die „Freie Pa­triotische Bewegung“ von Präsident Michel Aoun und seinem weithin verhassten Schwiegersohn Gebran Bassil, beide Hizbullah-Alliierte, erlitt Verluste. Außerdem wurden gleich mehrere notorisch korrupte Lokalfürsten, die als Erfüllungsgehilfen der Hizbullah fungierten – und lange unabwählbar schienen –, von unabhängigen Kandidaten verdrängt. Es handelte sich dabei zwar nicht um schiitische Sitze. Aber deren Verluste sendeten eine für die Hizbullah schmerzhafte Botschaft aus: Die Organisation, die eigentlich daran arbeitet, über die eigene Bevölkerungsgruppe hinaus Einfluss auszuüben, ist weitgehend auf ihre schiitische Kernklientel zurückgeworfen.

Und selbst mit der hat die straff geführte Hizbullah inzwischen so ihre Probleme. In ihren Bastionen wuchsen am Montagabend ungläubige Frustration und Spannungen. Die Armee war für den Fall der Fälle in großer Mannstärke ausgerückt. An vielen Kreuzungen von Beirut waren Panzer aufgefahren. Elitekräfte sicherten Gegenden von Beirut, durch die traditionelle Konfliktlinien zwischen den Bevölkerungsgruppen verlaufen. Dass die Politik eigentlich andere Sorgen haben sollte, wurde am Dienstag deutlich. Die Benzinpreise stiegen, während der Wert der Landeswährung wieder verfiel.

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