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#Ein Leben vor der Kamera

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Ein Leben vor der Kamera

Eine der schönsten Szenen dieses Films ist der Moment, als sich Billie Eilish und Justin Bieber zum ersten Mal treffen: Es ist der 14. April 2019, Eilish ist längst ein Superstar, am Tag davor hatte sie selbst auf der Bühne des Coachella-Festivals gestanden, jetzt schaut sie sich im abgesperrten VIP-Bereich vor der Bühne den Auftritt von Ariana Grande an. Als sie dort Bieber erkennt, beginnt eine rührende Annäherung, bei der Eilish gespielt verlegen wirkt und doch aufrichtig überwältigt, sich ziert und guckt und Faxen macht, während Bieber nur dasteht und wartet, bis sich beide schließlich in die Arme nehmen wie Geschwister, die sich zu lange nicht mehr gesehen haben. Der ganze beeindruckende Weg dieses außergewöhnlichen Mädchens wird hier auf ein paar Minuten verdichtet und von Billie Eilish selbst gewissermaßen noch einmal nachgetanzt: der Weg von der 13-Jährigen, die, wie sie in einer späteren Szene erzählen wird, Bieber derart anhimmelte, dass sie Angst hatte, niemals einen Freund zu finden, der mithalten könnte, zum ebenbürtigen Popstar, der Weg vom Fan zum Seelenverwandten, mit einem unübersehbaren Bewusstsein dafür, wie sehr sich diese Hierarchien schon verschoben haben.

Harald Staun

Harald Staun

Redakteur im Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung in Berlin.

Für jeden Dokumentarfilmer sind solche Momente ein Glücksfall, spontan, intim und von einer Authentizität, die nur die allergrößten Zyniker bestreiten könnten. Für Regisseur R.J. Cutler sind sie auch das Ergebnis eines dokumentarischen Stils, mit dem er schon 1993 der Kampagne Bill Clintons („The War Room“) und 2009 der Vogue-Chefin Anna Wintour („The September Issue“) zu Leibe rückte, einem Ansatz irgendwo zwischen Embedded Journalism und Cinéma Vérité. Zwei Jahre lang durfte er Eilish und ihre Familie für den Film „Billie Eilish: The World’s A Little Blurry“ begleiten, sehr eng und mit dem Recht auf den Last Cut; was sich, wenn man manchen Meldungen glaubt, das Familienunternehmen Eilish mit 25 Millionen Dollar ganz gut bezahlen ließ. Hunderte Stunden Material hatte Cutler am Ende gedreht und ein paar Festplatten voller unveröffentlichter Familienvideos durchgesehen.

„Sie ist unglaublich sensibel“

Und trotzdem kann sich Cutlers Film nicht auf die Vorteile seines exklusiven Zugangs verlassen: Die Begegnung mit Justin Bieber etwa war längst bekannt, Bieber selbst teilte ein Video davon auf Twitter, auf Youtube ist die Szene in Handyaufnahmen von Fans von allen Seiten zu sehen. Filmaufnahmen aus ihrer Kindheit, beim Tanzen oder Singen, landeten längst im Internet und auch in den Räumen ihres Elternhauses in Los Angeles fühlen sich ihre Fans mittlerweile wie zu Hause. Dass „The World’s A Little Blurry“ aber tatsächlich einen neuen Blick auf Billie Eilish erlaubt, liegt daran, dass er eine ganz besondere Gelegenheit bietet, sie beim Spiel mit der Kamera zu beobachten. Man merkt, dass sie längst verinnerlicht hat, dass alles schon immer Performance, Rollenspiel, Inszenierung ist.

Als Cutler ihr seinen Ansatz erklärte, ihr Leben möglichst ungefiltert und lebensnah zu zeigen, überraschte sie ihn mit einem filmischen Vorbild: Sie wolle, dass der Film wie die Serie „The Office“ aussehe. Dabei ging es ihr nicht um einen ironischen Ton, sondern darum, wie die Charaktere der Mockumentary mit beiläufigen Blicken in die Kamera immer wieder an deren Präsenz erinnern. Bei Eilish ist das aber kein Akt der Transparenz, kein Disclaimer, der daran erinnern soll, dass alles immer auch gestellt ist, solange die Kamera läuft. Es ist eher ein Signal dafür, dass Eilish weiß, dass sie der Fremdbeobachtung sowieso nicht mehr entkommt; dass sie längst verinnerlicht hat, dass sie ständig gefilmt wird; und dass sie sich eben auch von Hunderten auf sie gerichteten iPhones nicht abhalten lässt, Momente der Ehrlichkeit zu zeigen. Ein großer Teil des Materials für den Film stammt von Aufnahmen einer Videokamera, die ihre Mutter im Zimmer ihres Bruders Finneas aufgestellt hat, wo die beiden gemeinsam an den Songs arbeiten, und die die Kinder anschalten sollten, wann immer sie dazu Lust hatten.

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