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#Vor Ostern in den Biergarten?

Vor Ostern in den Biergarten?

In Österreich versucht die konservativ-grüne Regierung, durch regionale Lockerungen der Corona-Einschränkungen dem Druck aus Wirtschaft und Bevölkerung zu entsprechen. Im Bundesland Vorarlberg, in dem die Infektionszahlen und andere Faktoren günstiger erscheinen als im Rest des Landes, soll Mitte März die Gastronomie unter Auflagen wieder öffnen. Die Sieben-Tage-Inzidenz liegt dort bei rund 70 gegenüber einem Landesdurchschnitt von 160.

Stephan Löwenstein

Für ganz Österreich hat die Regierung eine Öffnung der Gastronomie zumindest im Außenbereich für den 27. März ins Auge gefasst, also eine Woche vor Ostern. Der Jugend- und Schulsport im Freien soll von Mitte des Monats an wieder erlaubt sein – vorausgesetzt, es komme nicht zu einem exponentiellen Wachstum der Infektionszahlen.

„Wir sind ein Tourismusland“

Unter diesem Vorbehalt steht auch die Ankündigung von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), im April Tourismus und Kultur „eine Öffnungsperspektive“ zu eröffnen. „Wir sind ein Tourismusland, ein Kulturland,“ sagte Kurz. Ein großer Teil der Wertschöpfung hänge an dieser Branche.

Auf der anderen Seite will die Regierung in Wien den regional hohen Infektionszahlen mit einem „Sicherheitsnetz“ Rechnung tragen, wie es Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) formulierte. Das sei „die zweite Seite der Medaille“. In besonders schwer betroffenen Gebieten – in Betracht kommen etwa die Bezirke Hermagor (Kärnten) oder St. Johann im Pongau (Salzburg) – soll es eine Ausreise-Testpflicht geben, wie sie schon für ganz Tirol gilt. Auch soll die Verpflichtung zum Tragen von FFP2-Masken an Arbeitsplätzen ausgeweitet werden.

Vorarlberg sieht sich nach den Worten von Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) als „Pilotregion“ für die Öffnungsschritte, die später hoffentlich auch in anderen Bundesländern möglich würden. Kurz wies auf die geographische Lage des Landes im äußersten Westen Österreichs hin: Er erwarte nicht, dass es große „Ausweichbewegungen“ aus dem Osten geben werde, um dort etwa die Gastronomie nutzen zu können. Kurz und Anschober hatten sich vor diesen Ankündigungen am Montagabend stundenlang mit den Landeshauptleuten beraten, zuvor auch mit den Spitzen der Opposition. Aus den Ländern war starker Druck erzeugt worden, die Gastronomie bald wieder zu öffnen. Medizinische Fachleute hatten öffentlich von Öffnungsschritten abgeraten.

Der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) trug auf der gemeinsamen Pressekonferenz von Ländervertretern und Bundesregierung das Argument vor, es sei sinnvoller, Kontakte kontrolliert in der Gastronomie stattfinden zu lassen als unkontrolliert im privaten Bereich. Er sehe Gastronomen und Veranstalter als „unsere Verbündeten“. Bei der Öffnung gelte zunächst der Grundsatz: „Außen ist besser als innen.“ Das bezieht sich in Wien insbesondere auf die sogenannten Schanigärten, also die Tische auf öffentlichem Grund vor den Lokalen.

Millionen Getestete pro Woche

Im Sommer will die Regierung dann weitgehende Freiheiten für diejenigen Personen ermöglichen, die geimpft sind oder durch den Nachweis einer überstandenen Infektion als immun gelten. Dazu unterstützt Wien die Einführung eines „Grünen Passes“ in der EU. Offenbar soll zumindest für Österreich aber auch eine regelmäßige Testung – die Rede ist von zweimal pro Woche – denselben Status wie eine Impfung ermöglichen. Bereits jetzt werden nach Angaben des Vizerektors der MedUni Wien, Oswald Wagner, wöchentlich zwischen zwei und 2,5 Millionen Personen in Österreich getestet. Das sei mehr als ein Viertel der Bevölkerung, mehr als anderswo in der Welt.

Die Geschäfte sind in Österreich bereits seit zwei Wochen wieder geöffnet. Dies hatte am Wochenende bei schönem Wetter zu vollen Einkaufsmeilen in Wien und anderen Städten geführt. Die bedingte Lockerungsstrategie geht einher mit deutlich steigenden Zahlen an festgestellten Neuinfektionen mit dem Coronavirus. Teilweise kann das durch die hohe Dichte an Testungen erklärt werden, die öffentlich kostenlos angeboten werden. Bei Kindern und Jugendlichen ist der stärkste Anstieg zu beobachten. Das sei laut Kurz darauf zurückzuführen, dass durch die wöchentlichen Testungen beim – ebenfalls vor zwei Wochen wieder ermöglichten – Schulbesuch dieser Bereich besser „ausgeleuchtet“ sei als zuvor.

Doch auch die Zahl der Covid-19-Erkrankten sowohl auf den Intensivstationen als auch in den Krankenhäusern insgesamt ist angestiegen. Zwar ist sie noch weit von den Kapazitätsgrenzen entfernt, anders als im November 2020. Doch warnen Virologen und Statistiker davor, dass die Ausbreitung der britischen Mutante insbesondere im Osten Österreichs zu einem schnellen Anstieg führen könnte, zumal bei weiteren Lockerungen.

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Die Opposition in Wien nahm die Ankündigungen teils mit Skepsis, teils mit scharfer Kritik auf. Zu den Kritikern gehört vor allem die rechte FPÖ, die sich grundsätzlich gegen die Politik der coronabedingten Einschränkungen positioniert hat. Der FPÖ-Vorsitzende Norbert Hofer befand, die „Zuckerbrot-und-Peitsche“-Politik werde das Land zusätzlich spalten und sei daher abzulehnen.

Die Vorsitzende der sozialdemokratischen SPÖ, Pamela Rendi-Wagner, warnte hingegen vor einer Wiederkehr der Situation im vergangenen November. Damals hatte Österreich die höchsten Zahlen an Neuinfektionen in der Welt gemessen. Die jetzige „hochriskante Situation“ sei das Ergebnis der verfrühten Öffnungen der Bundesregierung. Weitere Öffnungen wären „hochgradig unverantwortlich“. Die SPÖ-Chefin befindet sich damit freilich im eklatanten Widerspruch mit den sozialdemokratischen Landeshauptmännern, die auf Lockerung dringen.

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