Mit einer Präsidentenwahl hatte kaum jemand mehr in Somalias Hauptstadt Mogadischu gerechnet. Trotzdem schossen einige Somalier Salutschüsse in die Luft, trommelten kurz vor dem Wahltermin zu Beginn vergangener Woche. „Wir feuern in den Himmel, um auf Wiedersehen zu sagen zu dem Diktator Farmaajo. Er hat Somalia vier Jahre lang verbrannt“, sagte ein Soldat der Nachrichtenagentur Reuters.
Mehr als eine Woche später ist der Staatspräsident Mohamed Abdullahi Mohamed – er hat den Spitznamen Farmaajo, weil sein Vater als Käseliebhaber „Formaggio“ genannt wurde – immer noch im Amt, trotz abgelaufener Amtszeit. Die Präsidentenwahl fand ebenso wie die Parlamentswahl Ende vergangenen Jahres nicht statt. In letzter Minute hatte Mohamed ein Krisentreffen mit den Lenkern von fünf halb-autonomen Bundesstaaten einberufen. Doch auch dieses Treffen brachte nicht den nötigen Konsens darüber, wie die Wahlen abgehalten werden sollen.
Die Parlamentswahl hätte ein historisches Ereignis sein können
In dieser Woche wollte der Staatspräsident einen neuen Versuch starten, doch das Treffen wurde abermals verschoben. Auch aus dem Ausland kommt viel Druck, die Hängepartie am Horn von Afrika zu beenden. Die Parlamentswahl hätte ein historisches Ereignis sein können: erstmals seit mehr als 50 Jahren sollten die Bürger direkt ihre Volksvertreter wählen. Zum einzigen Mal seit der Unabhängigkeit hatten sie dazu 1969 Gelegenheit. Nur sieben Monate später jedoch wurde die gewählte Regierung von General Siad Barre und seinen Anhängern gestürzt. Barre errichtete einen sozialistischen Ein-Parteien-Staat. Danach wurden nur noch indirekte Parlamentswahlen über Wahlmänner abgehalten.
Schon im vergangenen Jahr war klar, dass das Versprechen „Eine Person – eine Wahlstimme“ auch diesmal nicht erfüllt wird. Stattdessen einigte man sich wieder einmal auf indirekte Wahlen. Dabei wählen verschiedene Gruppierungen sowie die Oberhäupter von Clans die Abgeordneten in beiden Parlamentskammern. Diese wählen später den Präsidenten. Meist ist dabei viel Geld im Spiel.
Bürgerkrieg, Clanrivalitäten und Terror
Doch am Ende wurde selbst daraus nichts. „Wir befinden uns auf völligem Neuland“, stellt der politische Analyst Rashid Abdi fest. „Es ist eine gefährliche, unvorhersehbare und leicht entflammbare Situation.“ Zwar ist das Überschreiten von Amtszeiten nichts Neues, doch in der Vergangenheit gab es zumindest Vereinbarungen für das weitere Vorgehen. Jetzt sind weder Regierung noch Parlament in irgendeiner Form legitimiert.
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