Nachrichten

#Ein neuer Typus von Politiker

„Ein neuer Typus von Politiker“

Volker Bouffier verkörpert einen Typus von Politiker, der mit dem Wort Ministerpräsident treffend beschrieben ist, allerdings mit Betonung auf Präsident. Kaum ein führender Politiker in Deutschland hat den Rollenwechsel vom Parteipolitiker zum „Landesvater“, der über den Dingen zu stehen scheint, so schnell und so konsequent geschafft wie Bouffier. Zu den Gründen gehört sicher die politische Biographie, die aus einem „Hardliner“ als Innenminister einen „liberalen“ Regierungschef werden ließ.

Haften bleibt aber vor allem das Kunststück ausgerechnet dieses überzeugten Schwarzen, im ersten Flächenland ein Bündnis mit den Grünen geschmiedet zu haben, zu einem Zeitpunkt, als das noch als politisches Wunder und mittleres Beben galt. Bouffiers Abschied fällt acht Jahre später in eine Zeit, in der aus dem Wunder eine belastbare Machtperspektive geworden ist. Schwarz-Grün ist das neue Rot-Grün. Die Ursprünge dieser Wende werden mit der Ära Bouffier verbunden bleiben.

Die präsidiale Attitüde war und ist dafür eine wichtige Voraussetzung. Sie wird gerne mit Ausgleich, Kompromissfähigkeit oder auch „Chemie“ beschrieben, ist aber im Kern eine Führungsfrage, mithin eine Frage der Persönlichkeit. Die hat in Deutschland, zumal in Hessen, immer schon eine Rolle gespielt, ohne dass sich die Öffentlichkeit allzu gerne mit „Führung“ oder gar „Führern“ auseinandergesetzt hätte. Erleichtert wurde dieses Ausweichen durch starke Volksparteien, die für sich beanspruchen konnten, dass die Partei den Politiker macht, nicht umgekehrt.

Politiker machen sich Parteien

Heute, mit der Schwächung der Volksparteien, ist das nicht mehr so eindeutig. Die jüngsten Wahlen zeigen sogar, dass sich das Verhältnis allmählich umkehrt: Persönlichkeiten machen sich ihre Parteien. Oder wurden Daniel Günther, Hendrik Wüst, Anke Rehlinger, Olaf Scholz wirklich ihrer Parteien wegen gewählt? Viel mehr spricht dafür, dass sie die Schwäche der Parteibindung durch die Kraft der Persönlichkeit und des Amtscharismas wettzumachen suchen oder ganz vergessen machen können.

Die CDU ist besonders anfällig für diese Entwicklung, weil sie ihre Stärke nicht aus programmatischer Wucht entfaltet, sondern aus dem personellen Angebot. Die letzte große Aufgabe Bouffiers bestand darin, vor der Bundestagswahl aus dieser Verlegenheit nicht eine populistische Versuchung werden zu lassen. Immer wieder blitzten damals Momente auf, in denen die Partei zum bloßen Klangkörper degradiert wurde, auf dem sich plebiszitär gut trommeln ließ.

Wenig überraschend ist, dass der stellvertretende Parteivorsitzende im maßgeblichen Dreieck von Markus Söder, Friedrich Merz und Armin Laschet dem Rheinländer zuneigte, der Markus Söder verhindern wollte, weil er für ihn die Grenze des Populismus permanent zu überschreiten drohte. Dass auch Bouffier seine Zweifel an Laschet hatte, sieht man daran, dass er jetzt zugab, ganz gerne selbst Parteivorsitzender geworden zu sein.

Bouffier widerstand der populistischen Versuchung

Bouffier widerstand dieser Versuchung schon früher. In der Ära Merkel gehörte er nicht zu den Kritikern der parteipolitisch unzuverlässigen Kanzlerin, die sich mehr Konfrontation, klare Kante und Konflikt gewünscht hätten. In der Nachfolge Alfred Dreggers, Walter Wallmanns und Roland Kochs, die gerne als kernige Vorbilder und führungsstarke Volksparteipolitiker zitiert werden, war diese Zurückhaltung bemerkenswert.

In der CDU haben sich allerdings, auch das zeigen die jüngsten Wahlerfolge, die bouffieresken Politiker durchgesetzt, die Standfestigkeit nicht mit Radikalität und Dogmatismus verwechseln. In der AfD-affinen (mitunter auch in der FDP-affinen) Wählerschaft wird ihnen diese Orientierung an Verhältnismäßigkeit, Abwägung und an der Bereitschaft zur Korrektur gerne als Opportunismus ausgelegt. Die grün-alternative Szene hingegen honoriert diese Haltung, wenn sie nicht gerade gegen alte weiße Männer zu Felde zieht, als Lernfähigkeit.

Das Erbe Bouffiers wird dadurch nicht leichter. Die politischen Verhältnisse können sich, weil sie stärker als früher an Personen und Ämter gebunden sind, über Nacht verändern. In Hessen kommt hinzu, dass die schwankungsanfällige Stärke der CDU, die ein „rotes“ Land in ein schwarz-gelbes, dann in ein schwarz-grünes verwandelt hat, von den Grünen leicht überflügelt werden kann. Auch das wird sich nicht an Programmen entscheiden, sondern daran, wer die „besseren Leute“ hat.

Boris Rhein wird zum Start immerhin die süße Genugtuung mit auf den Weg gegeben, dass der Grund für seine bislang größte politische Niederlage, der Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann, gegen den er vor zehn Jahren die OB-Wahl verlor, sich als großer Irrtum herausgestellt hat. Denn es kann auch schiefgehen, wenn Politiker sich ihre Parteien machen. Volker Bouffier hat Maßstäbe dafür gesetzt, dass und wie es gut gehen kann.

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!