#Ein Parteitag für die Selbstvergewisserung
Inhaltsverzeichnis
„Ein Parteitag für die Selbstvergewisserung“
Eigentlich sollte es um die Wirtschaft gehen, um die Inflation und den sozialen Zusammenhalt. Aber Robert Habeck geht es am Freitagabend vor allem um seine Partei. „Auch wir sind einem Stresstest unterworfen“, konstatiert der Bundeswirtschaftsminister und Vizekanzler, und ohne dass er es ausspricht, wissen alle, was er meint. Der Bau von Flüssiggasterminals, das Hochfahren der Braunkohlekraftwerke, der Streckbetrieb zweier Atomkraftwerke, den die FDP gerne noch viel länger strecken würde: All das geht zutiefst gegen die DNA der Partei. Deshalb dient dieser Parteitag in Bonn auch der Selbstvergewisserung, dass die Grünen noch wissen, wofür sie stehen.
„Wir müssen nicht unser Profil schärfen. Wir müssen nicht überlegen, wofür wir gegründet wurden“, ruft Habeck den 800 Delegierten im Bonner Kongresszentrum zu. Ein „vielschichtiges Wir“ sei die Partei, offen und zugleich geschlossen. „Nie habe ich mich so zu Hause gefühlt, nie war ich so stolz auf diese Partei“, sagt Habeck. In diesem Moment bröckelt seine Stimme. Der Applaus im Saal wird umso lauter.
Schuldenbremse als „ideologisierte Kleinkrämerei“
Um inhaltliche Details geht es zum Auftakt des dreitägigen Parteitags nur selten. Mit Kritik an den Entscheidungen der grünen Minister in Berlin halten sich die gelosten Redner zurück. Einer wirbt für Urlaub in Bayern, trotz des schlechten öffentlichen Nahverkehrs, ein anderer kritisiert die Existenz von Indexmieten. Ein heißer Herbst mag sich auf Deutschlands Straßen abzeichnen. Das Kongresszentrum in Bonn ist von Harmonie erfüllt.
Die Gastredner ändern daran wenig. Die neue DGB-Chefin Yasmin Fahimi ist auch als Sozialdemokratin ganz auf der Linie der Grünen. Die Schuldenbremse kritisiert sie als „ideologisierte Kleinkrämerei“, und ginge es nach ihr, würde der Staat nicht nur im Dezember die Abschlagszahlung der Gaskunden übernehmen, sondern noch in einem weiteren Monat. Von der Rede des BDI-Präsidenten Siegfried Russwurm bleibt nur in Erinnerung, dass er den Grünen zuliebe gendert. „Bürger*innen“, „Verbraucher*innen“, „Ingenieur*innen“ – ein anerkennender Pfiff, viel mehr Reaktion lässt sich das Publikum zu Russwurm kaum entlocken. An der Stelle, an der der Industrieverbandschef sagt, der Staat könne nicht alle Lasten dieser Krise tragen, nickt Habeck zustimmend.
Ricarda Lang, die Ko-Vorsitzende der Grünen, hat zuvor betont, die Grünen stünden zu ihrer Verantwortung im Bund. „Wir machen Politik für die Realität, die da ist, und nicht nur für die, die wir uns gewünscht haben“, sagt sie. Es ist ein Signal an diejenigen, die zumindest draußen vor dem Kongresszentrum ihre Kritik an der Bundesregierung kundtun. Die Bäume auf dem Weg von der Willy-Brandt-Allee zum Kongresszentrum tragen am Freitag gelbe Banderolen mit der Aufschrift „Atomkraft? Nein Danke!“. Auch die Verteidiger von Lützerath sind da, jenem Dorf, das nach dem Willen von Habeck und RWE nun doch für den Braunkohletagebau Garzweiler weichen soll.
Drinnen betont Habeck lieber andere Entscheidungen der Ampelkoalition: Das 49-Euro-Ticket, das jetzt als Nachfolger des 9-Euro-Tickets kommen soll, wofür Verkehrsminister Volker Wissing von der FDP gesorgt habe. Die zwölf Euro Mindestlohn, das Bürgergeld, Tierschutzlabel, „es lohnt sich in der Regierung zu sein“, sagt Habeck und rät Zweiflern, „nicht gleich Fluchtfantasien“ zu haben. Das ihm das manchmal ebenso schwerfällt wie manchem Mitglied an der Basis, sagt er aber auch. „Es ist auch gar nicht schön manchmal.“
Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.
Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.
Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.