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#Ein Scharmützelchen um den Parteivorsitz

Ein Scharmützelchen um den Parteivorsitz

Die Farbe des Fußbodens ist Hellgrau, der Hintergrund des Studios ebenso. Die drei Herren, die im Gespräch mit einer jungen Moderatorin vor der grauen Wand sitzen, tragen Anzüge in gedeckten Farben, und Krawatten von maßvoller Buntheit. Im Alter unterscheiden sie sich innerhalb der Spanne eines Jahrzehnts von Mitte Fünfzig bis Mitte Sechzig.

Eckart Lohse

Ihre Heimat ist Nordrhein-Westfalen, ihre parteipolitische Heimat die CDU. Man kennt sich lange, duzt einander, bestätigt innerhalb der um 19 Uhr begonnenen und eineinhalb Stunden währenden Diskussion gerne und wiederholt die Richtigkeit dessen, was der andere gesagt hat. Es wird gelacht, etwa als Friedrich Merz, der Älteste in der Runde, stolz auf die Zahl seiner Enkelkinder verweist und die beiden anderen sich in dieser Hinsicht geschlagen geben müssen.

Das Wort Streit auch nur auf einen kleinen Teil der Zusammenkunft am Montagabend im Konrad-Adenauer-Haus zu münzen, wäre völlig an der Wirklichkeit vorbei. Nur die ein oder andere Meinungsverschiedenheit blitzt auf im Laufe des Abends. Hier also sitzen die drei Männer, die sich um das wichtigste Parteiamt in Deutschland bewerben, den CDU-Vorsitz, dessen Inhaber nebst einer Inhaberin in den zurückliegenden siebzig Jahren zumeist eines der mächtigsten politischen Ämter in Europa innehatten und -haben: das des Bundeskanzlers. So sieht also der spannendste Machtkampf aus, den Deutschland derzeit zu bieten hat?

Kandidaten-Kämpfchen

Genau so scheinen es Friedrich Merz, Norbert Röttgen und Armin Laschet, scheint es die gesamte CDU-Führung zu wollen. Es ist die erste von der Parteizentrale organisierte Gesprächsrunde der drei Bewerber. Am Vormittag des Tages hat der Vorstand beschlossen, dass der Parteitag, der aller Voraussicht nach einen von ihnen zum neuen Vorsitzenden und Nachfolger von Annegret Kramp-Karrenbauer wählen wird, am 15. und 16. Januar stattfinden soll. Eine zweite Debatte veranstaltet das Konrad-Adenauer-Haus im Januar kurz vor dem Parteitag, zudem wird jeder noch eine Stunde lang von Parteimitgliedern befragt. Röttgen hat das schon am vorigen Freitag erlebt, die beiden anderen sind am Donnerstag und Freitag dieser Woche dran. Das soll es dann mit dem Kampf gewesen sein.

Natürlich lassen sich unterschiedliche Akzente erkennen. Röttgen sagt gleich zu Beginn, die CDU müsse weiblicher, jünger und digitaler werden. Er setzt also den Fuß beherzt auf das Feld, das den Grünen zugeschrieben wird. Es gehe jedoch nicht um Koalitionsgedanken, sondern darum, „unsere Positionen“ stark zu machen. Merz geht einen Schritt in die andere Richtung. Er vermisse gelegentlich den „Wettbewerb in der Mitte“, zur politischen Auseinandersetzung dort solle man zurückkehren. Ein Bekenntnis zur Klimapolitik fehlt auch bei Merz freilich nicht. Dass niemand und nichts „alternativlos“ ist, darf als kleiner Tritt gegen Angela Merkel verstanden werden, mit der Merz eine innige Feindschaft zu unterhalten pflegte, von der derzeit nichts mehr zu spüren ist. Laschet, der Regierungschef im bevölkerungsreichsten Land, verbindet, was seine beiden Konkurrenten gesagt haben: Es gehe darum, Industrieland zu bleiben und die „grünen Themen“ aufzunehmen.


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Gerade bei dem früh von Zuschauern angesprochenen Thema, wie die CDU mehr Frauen in ihre Reihen bekommen will, werden die Unterschiede klar. Laschet fordert, die nächste Bundesregierung müsse paritätisch von Männern und Frauen besetzt sein, Röttgen ist ein Anhänger der von der Satzungs- und Strukturkommission der CDU beschlossenen Frauenquote, Merz nennt die Quote die „zweitbeste Lösung“. Er verweist darauf, dass er schon vor neun Monaten einer Bundestagsabgeordneten die Leitung seines Teams übertragen hat.

Laschet fühlt sich angegriffen

Einmal ahnt man, was passieren würde, wenn die Drei die eiserne Diskussionsdisziplin auch nur ein wenig vergessen würden. Da geht es darum, wie die Ländern mit den Milliarden des Bundes vor allem bei der Digitalisierung der Schulen umgehen. Merz klagt, was bei den Schulen in Nordrhein-Westfalen nicht funktioniere, Laschet fühlt sich angegriffen, sagt, die Länder erfüllten ihre Aufgaben. Röttgen, der als Bundestagsabgeordneter mit darüber zu entscheiden hat, welche Mittel der Bund den Ländern bereitstellt, äußert mit leicht süffisantem Lächeln, die Länder brauchten wohl die Milliarden des Bundes nicht.

Doch das bleibt ein Scharmützelchen. Was überwiegt an diesem Abend ist die Einigkeit. Als vor einiger Zeit in der Diskussion, wann der Parteitag stattfinden solle, Merz einmal kurz die Nerven verlor und der Parteiführung öffentlich unterstellte, sie wolle ihn durch eine Verschiebung des Delegiertentreffens benachteiligen, erntete er wuchtige Kritik. Die CDU kann genau beobachten, wie Streit Parteien herunterzieht. Die SPD hat es über viele Jahre vorgemacht, die FDP vor allem, als sie regiert hat, die AfD zeigt es gerade, und der steile Abstieg der Union, der erst mit der Pandemie ins Gegenteil verkehrt wurde, war dem Streit über die Flüchtlingspolitik gegründet. Die Grünen zeigen, dass Einigkeit die Umfragewerte steigen und steigen lässt. Also hält sich auch die CDU an die Devise: vor allem einig. Wer es vergisst, wird von den Wahlkämpfern aus den Ländern, die im nächsten Jahr vor der Bundestagswahl wichtige Schlachten zu schlagen haben, daran erinnert, dass Streit in Berlin immer schlecht fürs Wahlergebnis ist.

Also lobt Röttgen schon zu Beginn des Abends den „Wettbewerb, der respektvoll stattfindet“ und wiederholt das am Ende der Veranstaltung. An diesem Abend jedenfalls hat der Frieden gut gehalten.

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