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#Eine Frau im Männerbund

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Eine Frau im Männerbund

Hundert Jahre alt wurde Gisèle d’Ailly van Waterschoot van der Gracht. So steht ihr vollständiger Name im Impressum der Zeitschrift „Castrum Peregrini“, deren Schirmherrin sie war. Von diesen hundert Jahren waren es jedoch nur sehr wenige, die Gisèle van Waterschoot, so der praktische Alltagsname, ihren Platz in der Literaturgeschichte einbrachten, den Ehrentitel einer Gerechten unter den Völkern in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem und schließlich auch eine eigene Biographie von mehr als vierhundert Seiten.

In den Jahren von 1941 bis 1945 wurde die junge, 1912 geborene Malerin, die ein bewegtes, nicht allzu zielgerichtetes Leben geführt hatte, zu einer entschlossenen Person, die mit Organisationstalent, Engagement und großem Mut in ihrer Amsterdamer Wohnung mehrere jüdische Männer versteckte und ihnen damit das Leben rettete. Diese Wohnung in der Herengracht 401, später das ganze Haus, verwandelte sie nach der Befreiung in die freiwillige Gemeinschaft des Castrum Peregrini, über Jahrzehnte Heimstätte für Poesie und Kunst und die gleichnamige, exklusive Zeitschrift.

Ein egozentrischer Schmarotzer

Dies ist die Geschichte, wie man sie kennt und wie sie in ihrem Kern noch immer wahr ist und den bleibenden Ruhm der Gisèle van Waterschoot ausmacht. Es ist jedoch eine sehr kurzgefasste Geschichte, die in späteren Nacherzählungen mehr und mehr zum Mythos erstarrte, und die Protagonistin ging dabei entschlossen voran. Erzählt jetzt Annet Mooij die gleiche Geschichte in ihrer gründlich erforschten Version, ändert sich sehr vieles: Wer wurde dort eigentlich versteckt in der Herengracht? Wie viele Menschen waren es? Und von wem? An Gisèle van Waterschoots mutiger Lebensentscheidung, sich gegen den Terror auf die Seite der Menschlichkeit zu stellen, ändert das nichts; und dennoch lohnt es, die ausführliche Geschichte zu erzählen, mit all ihren alltäglichen, recht handfesten Details diesseits der großen heroischen Momente.

Annet Mooij: „Das Jahrhundert der Gisèle“. Mythos und Wirklichkeit einer Künstlerin


Annet Mooij: „Das Jahrhundert der Gisèle“. Mythos und Wirklichkeit einer Künstlerin
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Bild: Wallstein Verlag

Gisèles Jugend im steirischen Schloss Hainfeld und in Saint Louis, in Paris und dem niederländischen Bergen ist von pittoresker Bewegtheit und desgleichen ihre Gratwanderung zwischen dem strengen Katholizismus der Eltern und den lockeren Sitten der künstlerischen Boheme. Dann beginnt der Krieg, die deutsche Wehrmacht besetzt die Niederlande, und im Sommer 1940 begegnet die Künstlerin einem emigrierten deutschen Autor. Aber war dieser Wolfgang Frommel, der für immer prägender Teil ihres Lebens bleibt, überhaupt ein ernsthafter Schriftsteller? Und was war er sonst? Frommel war wohl das, wofür ihn auch mancher Zeitgenosse schon hielt: ein wenig selbständiger Dichter und ein Hochstapler, ein gebildeter, charismatischer Erzieher und Liebhaber – und ein egozentrischer Schmarotzer. Doch als die Verfolgungen beginnen, kommt er, der kein verfolgter Jude ist, auf der Suche nach einem Versteck für zwei jüdische Freunde in die Herengracht. Mit Wandschränken und ausgehöhltem Klavier haben Gisèle van Waterschoot und Wolfgang Frommel dieses Versteck geschaffen.

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