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#Eine Luftbrücke, die nicht so heißt

„Eine Luftbrücke, die nicht so heißt“

Die Republik Moldau ist eines der unbekanntesten Länder Europas, und es überrascht nicht, dass auch Annalena Baerbock es kaum kennt. Als die grüne deutsche Außenministerin am Samstag nach der Begegnung mit ihrem moldauischen Amtskollegen Nicu Popescu in Chișinău vor die Presse tritt, sagt sie, zu ihrem „ersten Antrittsbesuch“ wäre sie natürlich gern „unter anderen Vorzeichen gekommen in Ihr wunderschönes Land“, und dies „vor allem angesichts des beeindruckenden Reformprozesses, den dein Land in den letzten Jahren auf den Weg gebracht hat“.

Michael Martens

Korrespondent für südosteuropäische Länder mit Sitz in Wien.

Moldaus Außenminister weiß natürlich, dass von „Jahren“ eines Reformprozesses nicht die Rede sein kann. Staatspräsidentin Maia Sandu, das bekannteste Gesicht des neuen Westkurses in Moldau, trat ihr Amt Ende Dezember 2020 an, aber ihre wichtigste Verbündete, die reformorientierte Ministerpräsidentin Natalia Gavrilița, deren Kabinett Popescu angehört, ist erst seit acht Monaten im Amt.

Froh um westliche Aufmerksamkeit

Ob die beiden Politikerinnen sich durchsetzen können, ist ungewiss. Doch natürlich korrigiert Popes­cu Baerbock nicht. Man ist hier dankbar, dass die Außenministerin des größten und auch in der jüngsten Flüchtlingskrise wieder wichtigsten europäischen Staates sich Zeit genommen hat für ein Land, das fast immer im Schatten der europäischen Aufmerksamkeit liegt. Denn die moldauische Regierung braucht Hilfe, und die Vorbedingung dafür ist eine Ressource, von deren Knappheit man in Chișinău genau weiß – westliche Aufmerksamkeit. Beides, wache Aufmerksamkeit und konkrete Hilfe, hatte Baerbock im Gepäck.

Treffen mit den Gesichtern des Westkurses: Annalena Baerbock am Samstag mit Moldaus Präsidentin Maia Sandu (mitte) und mit Ministerpräsidentin Natalia Gavrilița


Treffen mit den Gesichtern des Westkurses: Annalena Baerbock am Samstag mit Moldaus Präsidentin Maia Sandu (mitte) und mit Ministerpräsidentin Natalia Gavrilița
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Bild: dpa

Man nimmt der deutschen Außenministerin ab, dass sie sich für das Leid der Geflüchteten ebenso interessiert wie für die Sorgen von deren Gastgebern, wenn sie in einem ihrer Ohne-Punkt-und-Komma-Sätze sagt: „Zu helfen, zu teilen, das klingt so einfach, Menschen bei sich aufzunehmen, aber sich zu vergegenwärtigen, seit zwei Wochen in seiner eigenen, vielleicht Zwei-drei-Zimmer-Wohnung, wo man selber Kinder hat, wo man selber eng zusammenwohnt, da noch eine andere Familie aufzunehmen, und zwar nicht nur Schutz zu geben, sondern natürlich Frühstück, Mittagessen, Abendbrot bereitzustellen, Strom bereitzustellen, Wäsche zu waschen, und auch die vielen psychologischen Auswirkungen, Kinder, die den ganzen Tag nur weinen, oder Kinder, die gar nicht mehr sprechen – all das zu bewältigen, das ist eben nichts, was man nebenbei macht, und in dem Sinne herzlichen Dank an Ihre Menschen hier in Moldau.“

Es ist ein kleines Wunder, dass solche mäandernden Satzgirlanden am Ende doch noch irgendwie zu einem sinnvollen Ende finden, und dieses Wunder ereignet sich mehrmals an diesem Tag. Baerbock kann aber auch kurz und knapp sprechen, wenn es darauf ankommt – und für die Republik Moldau kommt es derzeit darauf an. Der kleinste und ärmste Nachbarstaat der Ukraine hat in den vergangenen zwei Wochen fast 110.000 Flüchtlinge aufgenommen, Tendenz natürlich steigend. Gemessen an der Bevölkerungszahl von zweieinhalb Millionen Einwohnern, beherbergt Moldau damit mehr Geflüchtete als jedes andere ukrainische Nachbarland. Bezogen auf das geringe Pro-Kopf-Einkommen der Bevölkerung, wird noch deutlicher, was der südosteuropäische Kleinstaat und seine Menschen derzeit leisten. Baerbock ahnt, welche Belastung das ist, und teilt mit, sie habe mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) besprochen, „dass wir in einem ersten Schritt 2500 Flüchtlinge direkt aus Moldau zu uns holen“.

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