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#Eine versehrte Stadt

Eine versehrte Stadt

Auf dem Hauptmarkt, einem Platz im Herzen Triers, flackern unzählige Kerzen. Stofftiere liegen dazwischen, auch Blumen und Briefe. Auf einen hat jemand ein großes „Warum?“ geschrieben. Immer wieder bleiben Passanten stehen, weinen, knien sich hin, beten. Hier wurde am Dienstag ein neun Wochen altes Kind zusammen mit seinem Vater getötet, die Mutter des Babys und sein eineinhalb Jahre alter Bruder sind im Krankenhaus.

Julian Staib

Julian Staib

Politischer Korrespondent für Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland mit Sitz in Wiesbaden.

Die Geschichte der Familie ist das unfassbarste Detail dieser ohnehin nicht zu fassenden Tat. Im Zickzackkurs hatte der Fahrer eines Geländewagens in der Fußgängerzone gezielt Passanten überfahren. Personen wurden durch die Luft geschleudert. Fünf Menschen wurden getötet, 18 weitere verletzt, sechs von ihnen schwer; in einigen Fällen ringen die Ärzte noch um deren Leben.

„Der Schmerz der Mutter, die ihr Kind und ihren Mann verloren hat, das verschlägt mir die Stimme“, sagt die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) am Morgen danach. Nichts könne diese schreckliche und brutale Tat rechtfertigen. Dreyer spricht bei einer Trauerveranstaltung vor dem Wahrzeichen der Stadt, der Porta Nigra, einem früheren römischen Stadttor aus Sandstein, das über die Jahre schwarz geworden ist. In die Nischen zwischen die Steine haben Anwohner Kerzen gestellt. Hunderte stehen hier still zusammen, trauern gemeinsam.

„Schwärzester Tag nach dem Zweiten Weltkrieg“

Niemand habe sich vorstellen können, dass ein derart schreckliches Ereignis jemals in Trier stattfinden würde, sagt Dreyer, die selbst in der Stadt lebt; ihr Mann war früher Oberbürgermeister Triers. Dessen Nachfolger, Wolfram Leibe (SPD), spricht vom „schwärzesten Tag der Stadt Trier nach dem Zweiten Weltkrieg“. Leibe war, nachdem er von der Tat hörte, aus dem Rathaus in die Fußgängerzone geeilt. Schwerstverletzte hätten am Boden gelegen, „totale Stille“ habe geherrscht. Er sei bei einem Rettungssanitärer gewesen, der vergeblich um das Leben des Säuglings gekämpft habe. Die Erschütterung ist Leibe am Tag danach deutlich anzumerken. Er hat selbst eine erwachsende Tochter. Er habe sofort zu Hause angerufen, ob alle da seien, sagt er.

Trier ist klein, nur etwas mehr als 100.000 Einwohner, Leibe kennt selbst einige der Opfer des Anschlags. Viele hundert Menschen in der Stadt seien nun traumatisiert, sagt er, auch weil sie erleben mussten, wie vor ihren Augen andere ermordet worden seien. Die Rettungskräfte seien an die Grenze dessen gekommen, was Menschen aushalten könnten. Damit müsse die Stadt nun umgehen. Die Strukturen dafür lobt er. „Wir haben in Deutschland viel Erfahrung gesammelt mit solchen Attentaten.“

Am Mittwoch ist die Trierer Innenstadt voller Menschen, aber es liegt eine große Stille über allem. Die pittoreske Stadt mit ihren unzähligen Kirchen wurde durch die Tat ins Mark getroffen. Viele Geschäfte bleiben leer. Manche haben mit Hinweis auf die Tat geschlossen. Deren Spuren sind kaum mehr zu sehen, bis auf mehrere Ansammlungen von Kerzen an Stellen, wo Menschen verletzt oder getötet wurden. Passanten stellen weitere Kerzen hinzu. Vom Dom nebenan dringt Glockengeläut. Im ältesten Bauwerk Deutschlands haben sich einige zum Gebet versammelt, so wie auch in der Liebfrauenkirche unmittelbar daneben. Dort gedenkt ein Pfarrer der Opfer des Anschlags. „Warum, oh Herr, verwirfst du mich? Warum verbirgst du dein Gesicht vor mir?“, rezitierte zuvor ein Vertreter der Kirchen auf der Trauerkundgebung.

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