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#Einer der letzten Patriarchen

Einer der letzten Patriarchen

Sein unternehmerisches Lebenswerk hat Heinz Hermann Thiele mit Knorr Bremse geschaffen. Den Münchner Bahn- und Lastwagenzulieferer hat der Unternehmer vom Sanierungsfall zum Konzern mit einem Jahresumsatz von zuletzt rund 7 Milliarden Euro gemacht und ist damit zu einem der vermögendsten Deutschen geworden. Der breiten Öffentlichkeit ist Thiele jedoch erst im hohen Alter bekannt geworden, als er im Existenzkampf der Deutschen Lufthansa zu einem entscheidenden Akteur wurde und für einige Tage die Republik im Atem hielt.

Es war Mitte Juni des vergangenen Jahres, als Thiele der F.A.Z. in einem seiner seltenen Interviews verriet, dass er nicht nur seinen Anteil an der Deutschen Lufthansa auf mindestens 15 Prozent erhöht hatte, sondern dass dem damals größten Einzelaktionär von Europas größer Fluggesellschaft die Konditionen des gerade mit der Bundesregierung ausgehandelten Rettungspakets nicht schmeckten. Thiele fühlte sich übergangen und ließ offen, wie er sich in der entscheidenden Abstimmung verhalten würde. „Mir ist es einfach zu ernst mit der Lufthansa, in deren Interesse und für deren Zukunft ich arbeite, ja kämpfe“, sagte Thiele damals. Die Lufthansa sei für ihn erhaltenswert, „nicht nur weil ich die Fluglinie persönlich bevorzuge. Sie steht auch als Symbol und Aushängeschild für die deutsche Wirtschaft.“ Diese Aussagen waren ein Paukenschlag, drohte die Lufthansa doch ohne die Milliardenspritze in die Insolvenz zu gehen.

Es folgten unruhige Tage, in denen das Management der Fluggesellschaft sogar offen um die Unterstützung anderer Aktionäre warb, damit das Paket auch ohne Thiele die nötige Mehrheit bekommen könne. Letztlich hing jedoch alles von dem Milliardär ab, der nach einem Gespräch mit Wirtschaftsminister Peter Altmaier und Finanzminister Olaf Scholz am Vorabend der Entscheidung wiederum in der F.A.Z. verkündete: „Ich werde für die Beschlussvorlage stimmen.“ Thiele machte damit zwar den Weg frei für das 9-Milliarden-Paket, blieb aber ein äußerst kritischer Beobachter. Noch im November äußerte er die Sorge, dass die Sanierungsverhandlungen mit den Gewerkschaften nicht schnell genug vorangingen.

So konsequent Heinz Hermann Thiele in der Sache sein konnte, was ihm regelmäßig die Kritik der Gewerkschaft einbrachte, so begeisterungsfähig war er, wenn es um Technik ging. Wenn er Besucher über die modernen Prüfstände auf dem Firmengelände in München führte, blühte der Manager geradezu auf. Losgelassen hatte ihn Knorr Bremse ohnehin nie. 1941 in Mainz geboren, hatte er nach der Vertreibung aus dem Osten, vielen Umzügen und dem frühen Verlust des Vaters schließlich ein Jura-Studium in München aufgenommen. 1969 startete er als Sachbearbeiter in der Patentabteilung von Knorr Bremse, wo er sich bis an die Unternehmensspitze (1985) hocharbeitete und deren Mehrheitsanteile er später übernahm. Von 2007 bis 2016 stand er dann an der Spitze des Aufsichtsrats des börsennotierten Konzerns, dessen operative Führung er an externe Manager übergeben hatte, weil er unter seinen Kindern keinen Nachfolger ausgemacht hatte.

Auch nach seinem formalen Ausscheiden war er dem Unternehmen eng verbunden. Er galt als klassischer „Patriarch“, reiste immer noch für Geschäftskontakte nach Asien. Außerdem hielt er die Mehrheit am Bahntechnikkonzern Vossloh. 2019 hatte Thiele in einem ungewohnt offenen Gespräch mit der F.A.Z. beschrieben, welche Bürde der Konzern mit seinen 30.000 Mitarbeitern für ihn sei. „Ich will keine Verantwortung mehr tragen“, sagte er damals, und dass er niemandem raten könne, solch einen Weg zu gehen. Man zahle im Privatleben einen zu hohen Preis. Dennoch ließ er sich im Juli 2020 angesichts der Turbulenzen durch die Pandemie noch einmal in den Aufsichtsrat wählen. Seinen Ruhestand mit anderem Schwerpunkt zu verbringen, war ihm nicht mehr vergönnt.

Wie das Unternehmen bekanntgab, ist Heinz Hermann Thiele am Dienstag im Kreis seiner Familie in München verstorben.

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