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#Entzug für das Klima

Entzug für das Klima

Man schrieb Montag, den dritten Mai. Das Präsidium der CDU ahnte nichts Böses. Vier Tage vorher hatte das Bundesverfassungsgericht der Regierung nach einer Klage von Umweltaktivisten aufgetragen, Deutschland einen viel strafferen Marschplan zur Klimaneu­tralität zu geben, und so trug also der zuständige Fachmann der CDU, der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Andreas Jung, jetzt erste Gedanken vor: schärfere CO2-Reduktionsziele für 2030 und 2040. Die Krönung sollte sein, dass der finale Zielpunkt „Klimaneutralität“ schon 2045 erreicht werden sollte. Fünf Jahre früher als bisher geplant.

Konrad Schuller

Politischer Korrespondent der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung in Berlin.

Kaum aber hatte Jung seinen Masterplan vorgestellt, platzte das Bömbchen: In München hatte Markus Söder wieder einmal die Primaballerina gegeben. Während die CDU sich noch auf den großen Auftritt mit 2045 freute, hatte der CSU-Chef die Rampe gestürmt, und zwar mit einer Zahl, die noch viel schöner war: Klimaneutralität für Bayern schon 2040. Der Plan der CDU, mit einer glanzvollen Vorgabe alle Scheinwerfer der Klimadebatte auf sich zu lenken, fiel in sich zusammen. Ihr 2045 wirkte jetzt so fad wie ein Purzelbaum neben einem Salto mortale. Als der Bundesvorsitzende Armin Laschet dann vor die Presse trat, nannte er also lieber gar keine Zahl mehr. Stattdessen sagte er nur noch etwas lustlos, man wolle Klimaneu­tralität „vor der Mitte des Jahrhunderts“.

Eine Komödie der Eifersüchteleien

Der SPD ging es nicht besser. Dort hatte man mit sehr ähnlichen Zahlen gespielt. Im Umweltministerium unter Svenja Schulze kam 2045 etwa zur gleichen Zeit ins Gespräch wie bei der CDU. Nachdem aber Söder ohne alle Vorwarnung (und ohne jede Erläuterung zur Machbarkeit) vorgeprescht war, hielt man auch hier lieber den Mund. Was helfen Flötentöne, wenn auf der Gasse der Bayerische Defiliermarsch scheppert. So wartete man lieber noch bis zur Kabinettssitzung am Mittwoch. Da würden dann alle zusammen sein, und da würden dann CDU und SPD das leicht ramponierte 2045 gemeinsam vorstellen. Geteilte Blamage ist halbe Blamage.

So kam es. Am 5. Mai wurde das Vorhaben verkündet, und nur eine weitere Woche später, am vergangenen Mittwoch, folgte dann die formelle Gesetzesvorlage des Bundeskabinetts: 2045 soll Deutschland klimaneutral sein, die Etappenziele für 2030 und 2040 werden auf minus 65 Prozent beziehungsweise minus 88 Prozent der CO2-Emissionen im Referenzjahr 1990 angehoben. Noch vor der Sommerpause soll das Parlament zustimmen.

Ein Erfolg, einerseits. Selten ist ein so großer Schritt zur Bekämpfung des Klimawandels in Deutschland so schnell gegangen worden. Andererseits aber eben auch die übliche Komödie der Eifersüchteleien. Wieder einmal wirkten Union und SPD wie Getriebene ihrer eigenen kleinen Schmutzintrigen, vor allem aber auch wie Getriebene einer Klimaschutzbewegung, die sie zuerst in Karlsruhe an die Wand gedrängt und dann das Phantasiebild einer Bundeskanzlerin Annalena Baerbock zur plausiblen Möglichkeit gemacht hatte.

Vorarbeiten schon in der EU

SPD und Union spüren den Atem der Verfolgerin im Nacken, und in internen Gesprächen bestreiten sie nicht, dass ihre Offensive beim Klimaschutz auch damit zu tun hat. „Natürlich spielt der Höhenflug der Grünen eine Rolle“, sagt ein Sozialdemokrat. „Wenn die jetzt bei acht Prozent wären und nicht bei über fünfundzwanzig, weiß ich nicht, ob das in diesem Tempo gekommen wäre.“

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