#Erst Corona-Hilfen, jetzt Sanktionshilfen
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„Erst Corona-Hilfen, jetzt Sanktionshilfen“
Unternehmen, die unter den Sanktionen gegen Russland leiden, sollen nach den Plänen von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) staatliche Unterstützung erhalten – allerdings nur dann, wenn sie dadurch in erheblichem Umfang Umsatz einbüßen. Es sei klar, dass die beschlossenen Maßnahmen mittelbar auch Folgen für die deutsche Wirtschaft hätten, sagte eine Sprecherin des Ministeriums am Montag. „Diese sind nicht zu vermeiden bei einem solchen umfassenden Sanktionspaket.“ Wenn ein Unternehmen stark betroffen sei und es „quasi in die Knie gezwungen würde angesichts der aktuellen Sanktionen und der aktuellen Lage, dann ist völlig klar, dass man hier helfen muss“. Zugleich betonte das Ministerium aber auch: „EU-Sanktionen ziehen keine Entschädigungspflicht nach sich.“ Sprich: Die Unternehmen sollen sich keine Hoffnungen machen, jedes Geschäft mit Russland ersetzt zu bekommen, das jetzt nicht mehr zustande kommt.
Habeck hatte die Sanktionshilfen am Sonntag angekündigt. „Wir werden also für die Bereiche der Wirtschaft, die möglicherweise von Sanktionen betroffen sind, ähnliche Schutzmaßnahmen machen, wie wir es in der Corona-Pandemie getan haben“, sagte er da. In der Pandemie bekommen Unternehmen Unterstützung, wenn sie einen Umsatzrückgang von mindestens 30 Prozent nachweisen können. Der Bund übernimmt dann je nach Höhe des Rückgangs einen Teil der betrieblichen Fixkosten. Ende 2020 gab es auch schon eine Phase, in der ein Umsatzersatz gezahlt wurde. Insgesamt hat der Bund bislang Corona-Zuschüsse in Höhe von 78 Milliarden Euro an die Unternehmen überwiesen.
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Noch ist offen, welche Voraussetzungen die Unternehmen erfüllen müssen, um Sanktionshilfe zu bekommen, und wie diese ausgestaltet sein soll. Auch zu der angedachten Größenordnung im Haushalt äußerte sich Habecks Sprecherin am Montag nicht. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat schon deutlich gemacht, dass nicht alle Folgen der Sanktionen abgefedert werden könnten. „Es wird nicht möglich sein, dass der Staat alle finanziellen Folgen der Sanktionen und der Spannung mit Russland übernimmt, gar kompensiert, sondern es wird nur möglich sein, für einzelne Bereiche oder für Folgen wie die Inflation Vorsorge zu treffen“, sagte er am Sonntag im ZDF. „Eine Einzelentschädigung – das ist finanziell nicht darstellbar.“ Volkswirtschaftlich seien die Auswirkungen überschaubar, weil das bilaterale Handelsvolumen mit Russland nicht so groß sei.
Ausnahmen möglich
Die Chancen deutscher Unternehmen, gerichtlich für wirtschaftliche Verluste wegen der Sanktionen entschädigt zu werden, sind gering. Grundsätzlich tragen Unternehmen die Risiken von Auslandsgeschäften selbst. Natürlich müssen sich Geschäftsleute, die von Sanktionen betroffen sind, kein Unrecht gefallen lassen. Aber bislang gibt es keine Hinweise dafür, dass deutsche Gerichte oder die Gerichte der Europäischen Union die Russland-Sanktionen als rechtswidrig bewerten könnten. Rechtswissenschaftler sehen jedenfalls keine Anhaltspunkte dafür, dass mit den aktuellen Sanktionspaketen rechtliche Grenzen überschritten oder frühere Urteile zu Wirtschaftssanktionen missachtet werden.
Dass ein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vorliegt, erscheint angesichts des massiven Völkerrechtsverstoßes, den Russland mit dem Überfall auf die Ukraine begangen hat, unwahrscheinlich. Im Übrigen haben die westlichen Verbündeten die Sanktionen stufenweise verschärft. Auch sind Übergangsfristen für Altverträge vorgesehen und gewisse Ausnahmeregelungen möglich.
Aufopferungsanspruch bleibt umstritten
In bestimmten Konstellationen sind zwar auch Entschädigungen bei rechtmäßigem staatlichen Handeln denkbar. Aber der Düsseldorfer Rechtsanwalt Thomas Heidemann, der Mandanten im Russland- und Osteuropageschäft berät, macht Unternehmen in der aktuellen Lage wenig Hoffnung: „Die Gerichte sind in diesen Fällen sehr zurückhaltend.“
In einem Verfahren wegen Irak-Sanktionen hatte das Europäische Gericht 1998 einen Entschädigungsanspruch bei rechtmäßigem Handeln ausgeschlossen und dabei auf die Geschäftsrisiken gerade in Krisengebieten und auf das allgemeine Interesse der Friedenssicherung verwiesen. Die Klägerin, die deutsche Planungsgruppe „Dorsch Consult“, hatte ihre Entschädigungsforderung unter anderem auf die deutsche Sonderopfertheorie gestützt. Die Annahme eines Aufopferungsanspruchs ist allerdings weiterhin sehr umstritten. Für Unternehmen wäre das nach Ansicht von Rechtswissenschaftlern kein vielversprechender Weg, um für Verluste wegen der Russland-Sanktionen entschädigt zu werden.
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