#Es ist wieder wie im März
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„Es ist wieder wie im März“
Es war drei Wochen nach den Sommerferien, als die Zahlen in Remscheid sprunghaft anstiegen. Kurz darauf überschritt die Industriestadt im Bergischen Land erstmals die Stufe von 35 Corona-Infektionen pro 100.000 Einwohnern in sieben Tagen, den sogenannten Inzidenzwert. Bei der Nachverfolgung merkte das Gesundheitsamt der Stadt, dass die Infizierten vor allem Reiserückkehrer waren. Remscheid hat einen Migrantenanteil von 39 Prozent, wichtig ist der Stadt aber, dass das Infektionsgeschehen nicht allein darauf zurückgeht. „Es sind keineswegs nur die Urlaubsheimkehrer aus der Türkei oder vom Balkan, die sich infiziert haben“, sagt der Leiter des Krisenstabes, Thomas Neuhaus. „Manche kamen oder kommen zum Beispiel aus Holland, Spanien, Italien, Frankreich oder Bayern zurück und haben das Virus dabei.“ Die Rückkehrer wirkten „wie ein Beschleuniger“, sagt Neuhaus. In einer Familie hatten sich alle Mitglieder angesteckt – und trugen das Virus in die Schule, in den Betrieb und in die Nachbarschaft. In Remscheid gab es kein Einzelereignis wie eine große Hochzeit, das zu einem Corona-Cluster führte, so wie es im westfälischen Hamm der Fall gewesen sein könnte. Es gab auch keinen Ausbruch im Altersheim wie im niedersächsischen Vechta.
In Remscheid wie in anderen Großstädten ist Corona im Alltagsleben angekommen. Es verbreitet sich in Kneipen, in der Schule oder auf Familienfeiern. Der Anteil der Urlaubsheimkehrer ist laut Robert-Koch-Institut (RKI) inzwischen auf unter zehn Prozent gesunken. In Nordrhein-Westfalen sind es sieben Prozent. Eine bundesweit einheitliche Liste innerdeutscher Risikogebiete gibt es nicht. Als Richtwert gilt, dass eine Stadt den Inzidenzwert von 50 übersteigt. Das trifft auf Remscheid, Hamm, Vechta, Hagen, Offenbach, vier Berliner Bezirke und den Landkreis Esslingen in Baden-Württemberg zu. Frankfurt überschritt den Inzidenzwert am Donnerstagnachmittag.
Viele Bürger kooperieren nicht mehr
In Bremen war es am Mittwochabend soweit. Eigentlich ist es nur ein Wert, aber es führt dazu, dass Maßnahmen verschärft werden. Wie Corona vom Urlaub in den Alltag kam, zeigt sich auch hier. Waren im Juli, als die Urlaubssaison langsam anlief, 20 von 89 Fälle in der Hansestadt mit Reisen verbunden, stieg der Wert im August deutlich – von 233 Corona-Fällen hingen 157 mit Reisen zusammen. Im September stiegen die Infektionen auf 411 Fälle, nur noch 56 kamen aus dem Alltag. Seit dem Sommer haben die Kontakte der Infizierten massiv zugenommen. Während im Juli Infizierte in Bremen im Schnitt zwei bis drei Kontaktpersonen der Kategorie eins hatten, also mindestens 15 Minuten miteinander direkt zu tun hatten, stieg der Wert zuletzt auf zehn Personen. Für das Gesundheitsamt der Stadt bedeutet das bei 40 positiv Getesteten, dass es zuletzt 430 Menschen in Quarantäne schicken musste.
Das Gesundheitsamt muss also viel telefonieren – gleichzeitig fehlen oft die Kontakte. Bei einer Hochzeit wurde beispielsweise keine vollständige Gästeliste geführt. Viele waren nicht zu erreichen. Das macht es, wie ein Sprecher sagt, teilweise unmöglich, alle Personen zu ermitteln. In Hamburg hat eine infizierte Person nun durchschnittlich 15 enge Kontakte. Zugleich berichtet die Gesundheitsbehörde davon, dass die Akzeptanz der Kontaktnachverfolgung abnimmt.
Die Bürger kooperieren nicht immer ausreichend mit den Behörden, um alle Personen zu ermitteln – oder wie es ein Sprecher der Gesundheitsbehörde ausdrückt: „Die Leute haben keinen Bock darauf, ein Kontakttagebuch zu führen.” Anders als noch im März würde jetzt immer häufiger der Hörer aufgelegt, wenn das Gesundheitsamt anrufe. Das macht es den staatlichen Stellen schwer, die Infektionsketten zu durchbrechen. Schon jetzt stoßen sie an Grenzen, obwohl Hamburg erst eine sieben-Tages-Inzidenz von 35 hat. Die „Reise des Virus“ können sie in Hamburg schon lange nicht mehr nachverfolgen.
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