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Schöne Bescherung

Wie oft Rüdiger Konrad die fünf Stufen zu seinem Führerhaus hochgeklettert ist, hat er nicht gezählt. Es muss oft gewesen sein. 37 Jahre lang fährt er schon für die Spedition Bork im mittelhessischen Langgöns-Niederkleen nahe Gießen. Allein an diesem grauen Dezembermittag kommen mehr als ein Dutzend Klettereinsätze zusammen. Konrad kommt gerade aus Dietzenbach bei Frankfurt, hat dort im Rewe-Lager einen vollen Auflieger mit Waren abgeholt. Ein Teil soll ins Kühlhaus auf dem riesigen Areal der Firma Bork. Konrad muss selbst abladen, wieder einsteigen, ein Stück vorfahren, wieder aussteigen, die Hecktüren schließen, wieder einsteigen und den Auflieger auf dem Bork-Parkplatz abstellen, wieder aussteigen, absatteln, wie es die Fachleute nennen, wieder einsteigen und den nächsten Auflieger auf dem Bork-Gelände holen, der für ihn bereitsteht.

Daniel Mohr

Redakteur in der Wirtschaft der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Es geht wieder zurück in die Frankfurter Richtung, diesmal ins Rewe-Lager in Neu-Isenburg. Mit 3600 leeren grauen Klappkisten im Auflieger. Konrad flucht, als der Auflieger nicht beim ersten Versuch einrastet. Vier- bis fünfmal muss er ein- und aussteigen, bis alles bereit ist für die nächste Fahrt. Zwei bis drei solcher Fahrten macht Konrad derzeit am Tag. Um 6 Uhr morgens geht es los, um 16 oder 17 Uhr endet der Arbeitstag, wenn alles gut läuft. Ansonsten wird es abends eben länger. Überstunden gibt es nicht, die längeren Arbeitszeiten gehören halt dazu.

„Ein Acht-Stunden-Tag geht nicht, das Fahrzeug soll ja nicht rumstehen“, sagt Konrad. Mal fährt er Ware nach Belgien, mal geht es nach Baden-Württemberg, oft aber nach Frankfurt. Seit acht Jahren arbeitet Konrad in diesen relativ geregelten Tagschichten. Arbeiten müsste er eigentlich nicht mehr. „Ich bin Rentner“, sagt Konrad. 65 Jahre ist er alt. Aber er arbeitet weiter. Einerseits, damit ihm nicht langweilig wird. „Ich bin allein, habe keinen Hund, zwei erwachsene Kinder, und jeden Tag den Keller aufräumen, das geht nicht.“ Andererseits, weil er das Geld braucht. „Bei der Rente fehlt eine ganze Ecke“, sagt Konrad.

Drohen englische Verhältnisse?

Ein Glücksfall für die Speditionsbranche, denn Leute wie Rüdiger Konrad werden dringend gebraucht. 60 000 bis 80 000 Lkw-Fahrer fehlen derzeit nach Branchenschätzungen in Deutschland. Ein Drittel der Fahrer ist älter als 55 Jahre. Jedes Jahr gehen 30 000 in Rente, aber gerade einmal halb so viele steigen neu in den Beruf ein. Es drohen englische Verhältnisse. Dort hatte der Fahrermangel im Herbst leere Tankstellen und Supermärkte zur Folge.

„Wir könnten sofort 20 bis 30 Fahrer einstellen“, sagt Kurt Metz, Fuhrparkleiter der Firma Bork, eines 70 Jahre alten Familienunternehmens. 300 Zugfahrzeuge werden betrieben, 550 Auflieger sind im Einsatz, und rund 400 Fahrer werden beschäftigt, mehr als die Hälfte davon sind Polen. Gerade einmal zwei Auszubildende zum Lkw-Fahrer hat die Firma aktuell. „Es müsste mindestens das Zehnfache sein, damit wir unseren Bedarf decken könnten“, sagt Metz.

 „Ich habe keinen Stress dabei“: Rüdiger Konrad vor seiner nächsten Fahrt


„Ich habe keinen Stress dabei“: Rüdiger Konrad vor seiner nächsten Fahrt
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Bild: Lucas Bäuml

Rüdiger Konrad hilft bei der Ausbildung, macht samstags oft Fahrtraining mit den jungen Fahrern, aber auch mit den Neulingen aus Polen, Rumänien oder Griechenland. Konrad ist ein gelassener Fahrer. Sein Fahrzeug ist bis zu 40 Tonnen zugelassen, souverän steuert er es mit einem Langauflieger über die Landstraße durch Butzbach und seine Verkehrskreisel auf die Autobahn nach Frankfurt. „Ich habe keinen Stress dabei“, sagt er. „Ich muss ja keine zehn Meter auf den Vordermann auffahren. Wozu? Dann bin ich auch nicht schneller.“ 83 km/h fährt er ungefähr auf der Autobahn, da sei der Kraftstoffverbrauch am niedrigsten.

Konrad macht sich viele Gedanken über den Nachwuchsmangel in seiner Branche. „Ich habe den Beruf auf keinen Fall als schwere Belastung wahrgenommen“, sagt er. „Andere fahren doch auch die Woche über auf Montage als Dachdecker oder Anstreicher.“

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