Nachrichten

#Fake News laufen immer gut

Inhaltsverzeichnis

Fake News laufen immer gut

Am 11. Januar 1749 erschienen in zwei Londoner Tageszeitungen gleichlautende Anzeigen, die Aufsehen erregten: „Im Neuen Theater am Haymarket wird am kommenden Montag … ein Mann auftreten, der … dem Publikum eine gewöhnliche Weinflasche zeigen wird. Ein jeder, der es wünscht, kann sie untersuchen. Die Flasche wird auf einen Tisch in der Mitte der Bühne gestellt. Dann wird der Mann … in voller Sicht des Publikums in sie hineinsteigen und in ihr singen. Während seines Aufenthaltes in dem Gefäß kann jedermann selbiges in die Hand nehmen und mit eigenen Augen sehen, dass es nichts anderes als eine normale Wirtshausflasche ist.“

Die Nachricht von dem geplanten Stunt verbreitete sich blitzartig. Über Nacht war sie Stadtgespräch. Am Abend der angekündigten Vorstellung war das Haus am Haymarket ausverkauft. Auf dem Parkett sowie in den Rängen und Logen herrschte gespannte Erwartung. Sie wich lautstarkem Unmut, als auch nach geraumer Zeit nichts auf der Bühne geschah. Als ein Sprecher des Theaters schließlich kleinlaut ankündigte, man werde die Eintrittsgelder erstatten, „sofern der Darsteller womöglich nicht erscheine“, entlud sich blanke Aggression. Die Kassen wurden gestürmt, das Theater demoliert. Auf der Straße wurde der abgerissene Bühnenvorhang des Hauses im Licht der Flammen des brennenden Theatergestühls an einem Flaggenmast gehisst. Der Skandal war perfekt.

Der geistreiche Schelm

Die Presse Londons – schon um 1750 eine gewaltige Maschinerie – überschlug sich. Wilde Spekulationen über die Person des „Bottle Conjurers“ machten die Runde. Schnell kam das Gerücht auf, ein Mitglied des englischen Hochadels sei der Urheber des faulen Zaubers gewesen. Genährt wurde es durch einen Bericht, nach dem ein „noble contributor“ die Schäden am Theater diskret übernommen hatte. Mehr als zwei Jahrzehnte später stellte sich heraus, dass wahrscheinlich der Zweite Duke of Montague den „Bottle Conjuror“ erfunden hatte. Der Herzog – inzwischen verstorben – galt als „serial practical joker“, als ein gewohnheitsmäßiger „Spaßvogel“, der auch vor derben Streichen nicht zurückschreckte. Offenbar hatte er eine Wette auf die Leichtgläubigkeit seiner Landsleute abgeschlossen. Die „English credulity“ galt Mitte des achtzehnten Jahrhunderts als sprichwörtlich. Der Herzog gewann. Tatsächlich wurde der „Bottle Conjurer“ zum Sinnbild des britischen „hoax“, der zwischen Schabernack und Scharlatanerie oszilliert – zwischen schlichter Eulenspiegelei und hinterhältiger Fälschung der Wahrheit.

Ian Keable: „The Century of Deception“. The Birth of the Hoax in Eighteenth Century England. ‎


Ian Keable: „The Century of Deception“. The Birth of the Hoax in Eighteenth Century England. ‎
:


Bild: The Westbourne Press

In einer originellen Monographie geht Ian Keable – in Oxford graduierter Philosoph, Politologe und Ökonom, ehedem Wirtschaftsprüfer und inzwischen (nota bene!) Zauberkünstler – dem Phänomen des „hoax“ im England des achtzehnten Jahrhunderts nach. Anhand von zehn Begebenheiten hat er die Bedingungen seziert, unter denen falsche Nachrichten entstehen, durch moderne Medien Verbreitung finden, sich allmählich verselbstständigen, allerlei Experten hervorbringen oder ruinieren, Justiz und Politik beschäftigen, die Öffentlichkeit spalten und für die Köpfe hinter den Affären mal mit dem Ruhm des geistreichen Schelms und mal mit der Ächtung am sozialen Pranger enden, wenn nicht gar hinter Gittern.

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!