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#FDP-Politiker Stephan Thomae: „Antisemiten dürfen keine Deutschen werden“

Der FDP-Politiker Stephan Thomae hält die Reform des Staatsbürgerschaftsrechts gerade nach dem Überfall der Hamas für das richtige Signal. Im F.A.Z.-Interview erklärt er, was noch in diesem Jahr beschlossen werden soll.

Herr Thomae, die Ampel hat als Ziel ausgegeben, die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts noch in diesem Jahr abzuschließen. Klappt das?

Helene Bubrowski

Politische Korrespondentin in Berlin.

Wir werden zwei wichtige Vorhaben noch in diesem Jahr beschließen: das Gesetz zur Verbesserung der Rückführung und die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts. Künftig kann nur Deutscher werden, wer unsere Sprache gut spricht, straffrei ist und von seiner eigenen Hände Arbeit leben kann. Beide Gesetze werden in dieser Woche in erster Lesung beraten und noch in diesem Jahr im Bundestag und Bundesrat beschlossen werden.

Nach dem Terroranschlag auf Israel gab es antisemitische Exzesse auf deutschen Straßen, auch von eingebürgerten Deutschen. Ist die Liberalisierung des Staatsangehörigkeitsrechts in dieser Zeit das richtige Signal?

Gerade in der jetzigen Zeit ist diese Reform so wichtig wie nie zuvor. Wir haben nach dem Überfall der Hamas auf Israel auf deutschen Straßen verstörende Kundgebungen gesehen. Unter der aktuellen Rechtslage sind Einbürgerungen von Menschen mit antisemitischen Ansichten offensichtlich möglich. Wir machen jetzt Schluss mit dieser Praxis. Antisemiten dürfen keine Deutschen werden. Wir müssen klare Kriterien schaffen, um das zu verhindern. Und genau das tut dieser Gesetzentwurf.

Wie kann man verhindern, dass Antisemiten eingebürgert werden?

Wir verschärfen die Vorprüfung für die Einbürgerung deutlich. Bereits Bagatelldelikte mit antisemitischem Hintergrund schließen zukünftig eine Einbürgerung aus. Anders als bisher muss eine Einbürgerungsbehörde dann prüfen, ob etwa eine Beleidigung antisemitisch motiviert war. Dazu kann es zum Beispiel nötig werden, eine Urteilsbegründung durchzusehen.

Im Gesetzentwurf steht, dass antisemitisch motivierte Handlungen mit der Menschenwürde unvereinbar sind und gegen unsere Grundordnung verstoßen. Warum muss man diese Selbstverständlichkeit aufschreiben?

Antisemitismus muss ein unbedingtes Ausschlusskriterium sein. Wer sich nicht ausdrücklich zu unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennt, darf den deutschen Pass nicht bekommen. Es ist wichtig, dass wir das auch im Gesetz klarstellen. Das betrifft nicht nur Straftaten, sondern auch Äußerungen und Taten unterhalb der Schwelle der Strafbarkeit. Zum Beispiel die Weigerung, das Existenzrecht Israels anzuerkennen.

Stephan Thomae ist Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion.


Stephan Thomae ist Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion.
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Bild: Imago

Die Union fordert, dass die Anerkennung des Existenzrechts ausdrückliche Voraussetzung für die Einbürgerung wird. Wie sehen Sie das?

Das Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung enthält aus meiner Sicht bereits die Anerkennung des Existenzrechts Israels. Ich bin kein Freund einer zu detaillierten Gesetzgebung, denn der Gesetzgeber kann nicht vorhersehen, welche Fallgruppen in Zukunft entstehen können. Sollte sich allerdings bei der Sachverständigenanhörung ergeben, dass es Ergänzungsbedarf gibt, stehen wir dem offen gegenüber.

Was halten Sie von einem weiteren Vorschlag der Union, Personen mit doppelter Staatsangehörigkeit die deutsche zu entziehen, wenn sie wegen einer antisemitischen Straftat zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt wurden?

Die Ahndung von Straftaten ist Aufgabe des Strafrechts. Aber wer durch antisemitische Äußerungen auffällt, der muss auch befürchten, dass die deutsche Staatsangehörigkeit zurückgenommen wird. Das ist bis zu zehn Jahre nach der Einbürgerung möglich. Denn dann hat der Antragsteller ja offensichtlich nicht die Wahrheit über sein Verhältnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung gesagt.

Die Frist für die Einbürgerung soll von acht auf fünf Jahre verkürzt werden. Warum ist das eine Modernisierung?

Die Verkürzung der Frist ist nur ein Teil des Gesetzes. An anderer Stelle schrauben wir die Anforderungen hoch: Künftig muss jeder, der Deutscher werden will, auch wirtschaftlich auf eigenen Beinen stehen. Das ist ein ganz zentraler Punkt für die FDP. Unsere Gesellschaft basiert auf dem Grundsatz, dass jeder Mann, jede Frau von der eigenen Hände Arbeit leben und für sich und die Familie sorgen kann. Wer das nicht will, sondern lieber von den Früchten des Fleißes anderer Menschen lebt, der soll nicht mit der deutschen Staatsangehörigkeit belohnt werden. Denn diese ist die höchste Anerkennung, welche unser Land vergeben kann.

Die doppelte Staatsangehörigkeit soll künftig die Regel, nicht mehr die Ausnahme sein. Heißt Bekenntnis zu seinem Staat nicht auch, sich nur dafür zu entscheiden?

Die doppelte Staatsangehörigkeit ist schon jetzt statistisch gesehen der Normalfall. Zudem kann die Staatsangehörigkeit mancher Länder nicht abgegeben werden. Auch kann es gute Gründe geben, weshalb jemand die bisherige Staatsangehörigkeit behalten will, etwa erbrechtliche und familienrechtliche. Dem sollte man Rechnung tragen.

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