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#Flüchtlinge als „Brüder und Schwestern“?

Flüchtlinge als „Brüder und Schwestern“?

Just als der Angeklagte auf dem Höhepunkt seiner Ausführungen angelangt ist und der Regierung Verfassungsbruch vorwirft, da sie die Asylsuchenden ungesteuert ins Land gelassen habe, wird er vom Vorsitzenden Richter Christoph Koller unterbrochen. A. dürfe natürlich sagen, was er wolle. Aber über die politische Ebene des Verfahrens vor dem Frankfurter Oberlandesgerichts werde man später noch viel sprechen können. Zuvor solle es um die Tatsachen gehen. Ob der Angeklagte dazu etwas sagen wolle?

Julian Staib

Politischer Korrespondent für Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland mit Sitz in Wiesbaden.

Franco A. berät sich mit seinen beiden Anwälten. Danach ist es, als hätte man A. und seinen Verteidigern die Luft rausgelassen. Aus Sicht der Generalbundesanwaltschaft soll der Bundeswehrsoldat A. Anschläge auf Politiker und Personen des öffentlichen Lebens vorbereitet haben, zuvor soll er die Identität eines Flüchtlings angenommen haben, um diesen für die Tat verantwortlich zu machen. Die Strategie der Verteidigung ist es hingegen, die mögliche Tarnung als Flüchtling als Aufstehen gehen eine Herrschaft des Unrechts darzustellen. Damit dringt sie vor Gericht bisher nicht durch.

Geriet nach eigenen Angaben nicht in Erklärungsnot

Zwar zeigt sich A. auch am zweiten Verhandlungstag zunächst wieder als vorbildlich Diener dieses Staates, spricht von Zivilcourage und sagt, es sei „nie“ seine Absicht gewesen, jemandem Leid zuzufügen. Menschen in Not zu helfen sei eine „Pflicht“. Doch gesteht er ein, „Recht missachtet“ zu haben, indem er sich Ende 2015 als Flüchtling ausgab. Er habe sich ein „eigenes Bild machen wollen“. Deutlich wird, dass es ein Leichtes für ihn war, als vermeintlicher christlicher Syrer, der erstaunlicherweise Französisch, aber fast kein Wort Arabisch sprach, Schutz zu erhalten.

Dafür pendelte er zwischen seinem Dienstsitz im französischen Illkirch und den unterschiedlichen Gemeinschaftsunterkünften in Bayern, den „Flüchtlingsrucksack“ mit Kleidern und das „Flüchtlingshandy“ immer dabei. Auch bei der Anhörung im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge kam er damit durch. „Ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich in Erklärungsnot geriet“, sagt A.

Sein Doppelleben flog auf, als er im April 2017 nach Wien flog, um eine Pistole abzuholen, die er auf einer Flughafentoilette versteckt hatte. Er wurde festgenommen. Dazu will A. nichts sagen. Auch nichts dazu, warum er in den Flüchtlingsunterkünften Video- und Tonaufnahmen von sich anfertigte. Erst recht nichts zum Hauptvorwurf der Anklage, der Vorbereitung eines Anschlags. Dafür setzt er später seine Erklärung fort, wirft Kanzlerin Angela Merkel „Eidbruch“ vor, sie habe dem Land „Schaden“ zugefügt, in dem sie die Migranten hereingelassen habe. Die Flüchtlinge selbst nimmt er in Schutz, bezeichnet sie als seine „Brüder und Schwestern“, die „nicht weniger ehrbar“ seien als seine „Landsleute“.

Freunde sollen Waffen und Munition für ihn versteckt haben

Die Vernehmung des ersten Zeugen im Prozess weckt an seiner Darstellung Zweifel. Es ist ein Mitarbeiter des Bundeskriminalamts (BKA), der für die Staatsanwaltschaft in dem Verfahren ermittelte. Seinen Angaben nach wurden unter anderem die knapp 33.500 Chatnachrichten auf A.s Handy ausgewertet. Zudem Dutzende von Datenträgern, Notizzetteln und Tagebücher, die bei ihm sowie bei Personen aus seinem Umfeld gefunden wurden. Auch Waffen und Munition fanden die Ermittler, die zum Teil als „Freundschaftsdienst“ für A. von seinen Freunden versteckt worden sein sollen. Der Zeuge berichtet von rassistischen Äußerungen in Chats. Ein Freund von A. habe Flüchtlinge als „Abschaum“ bezeichnet. „Heb‘ dir das für später auf“, soll A. geantwortet haben.

Ob das alles dazu diente, einen Anschlag auszuführen, dessen mögliche Opfer laut Bundesanwaltschaft schon namentlich auf einem Zettel festgehalten wurden, bleibt unklar. Doch scheint das Bild des Einzeltäters, das vor Prozessbeginn gezeichnet wurde, eventuell nicht richtig zu sein. A., dem die Bundesanwaltschaft eine rechtsextremistische Gesinnung vorwirft, war gut vernetzt. Auch im Falle der Pistole könnte es Mitwisser geben. Dem BKA-Beamten zufolge verschickte er zwei Fotos des Verstecks am Wiener Flughafen in eine Whatsapp-Chatgruppe, zudem führte er kurz davor und kurz danach Telefonate mit einem Mitglied der Gruppe, einem Reservisten der Bundeswehr.

Erwartet worden sei eine umfangreichere Erklärung des Angeklagten, sagt der Vorsitzende Richter, nun werde es wohl eine „sehr lange Hauptverhandlung“, notwendig werde eine „große Beweisaufnahme“. Am Freitag sollen nun Videos gesichtet werden, die A. als „Flüchtling“ aufgenommen haben soll.

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