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#„Für die Ostseefischerei ist das der Tod“

„Für die Ostseefischerei ist das der Tod“

Herr Sander, wie viele Fischer gibt es in Deutschland?

Johannes Pennekamp

Verantwortlicher Redakteur für Wirtschaftsberichterstattung, zuständig für „Die Lounge“.

Unserer Branche geht es nicht gut. Ungefähr 2000 sozialversicherungspflichtige Beschäftigte arbeiten noch in der Meeresfischerei. Wir kommen von fünfstelligen Zahlen. In der Binnenfischerei einschließlich der Aquakultur sind es etwa noch mal so viele.

Was setzt Ihrer Branche zu?

Gerade machen uns Fanggebietsverluste zu schaffen. In der Nordsee wird ein Windrad nach dem anderen gebaut oder geplant. Die halbe Nordsee ist schon dicht, und es sollen noch 40 Prozent mehr Windräder kommen. Wir haben schon viel verloren, durch Schutzgebiete, Bagger- und Verklappstellen, Kabeltrassen, Seefahrtstraßen, Pipelines und so weiter. Da bleibt für die Fischerei wenig Platz.

Wie dicht darf man an ein Windrad ranfahren?

Von einigen müssen wir über 1000 Meter entfernt bleiben, an einigen 500 Meter. Das ist Wahnsinn.

Und wie läuft es in der Ostsee?

Auch nicht besser. Dort werden die Fangquoten immer weiter reduziert. Die EU hat gerade beschlossen, dass es im nächsten Jahr keine gezielte Fischerei auf westlichen Hering und Dorsch mehr geben wird. Es darf nur noch halb so viel westlicher Hering als Beifang gefangen werden. Die Beifangquote für westlichen Dorsch wurde um 88 Prozent gesenkt. Deutschland hat den Quoten nicht zugestimmt.

Für die Quoten gibt es Gründe: Die Bestände müssen sich erholen.

So funktioniert das aber nicht. Es gibt angrenzende Gebiete, in denen es erlaubt ist, mehr Heringe zu fangen, und da schwimmen die Fische natürlich auch hin. Wir halten die Quotenentscheidung auch deshalb für viel zu weitreichend.

Welche Folgen haben die neuen Quoten für die Ostseefischer?

Für die hauptberufliche Fischerei in der Ostsee ist das der Tod. Die Fischer dort werden in Zukunft Touristen fahren, wenn man sie denn lässt, vielleicht wird es noch ein paar kleinere Schiffe geben für den Verkauf am Hafen. Aber die normale Fischerei, wie wir sie seit vielen Jahren kennen, wird in der Ostsee nicht mehr stattfinden.

Und wenn die Bestände wieder wachsen, dann wären die deutschen Fischer weg?

Ja, das kann man nicht wieder hochfahren. Erstens sind die Schiffe dann weg, werden abgewrackt, verkauft oder umgebaut. Zweitens werden auch die Hafeneinrichtungen, die Kühlhäuser, die Vermarktung verschwunden sein. Die Fische, die an der Ostsee gegessen werden, werden dann aus Südostasien kommen oder woher auch immer.

Kapitän Dirk Sander ist Vizepräsident des Deutschen Fischerei-Verbands und war 45 Jahre als Krabbenfischer unterwegs.


Kapitän Dirk Sander ist Vizepräsident des Deutschen Fischerei-Verbands und war 45 Jahre als Krabbenfischer unterwegs.
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Bild: Peter Garten

Fühlen Sie sich im Stich gelassen?

Die Länderministerien sind dabei, Ins­trumentenkästen zusammenzubasteln, um zu sehen, dass sie bei den Betrieben noch ein bisschen was erhalten können. Das wird sicher auch der ein oder andere Betrieb nutzen. Das Bundesministerium hat ebenfalls angekündigt, zeitnah zu einem Runden Tisch Ostseefischer einzuladen. Aber wir wollen nicht dauerhaft von Subventionen leben, das ist ganz klar.

Jetzt ist es ja auch nicht so, dass die Fangquoten einfach so vom Himmel fallen. Sie basieren auf wissenschaftlichen Erhebungen, die anzeigen, dass eine Überfischung droht. Zweifeln Sie diese Erkenntnisse an?

Wir brauchen eine starke Wissenschaft, die tatsächlich abbildet und erklärt, was draußen vor sich geht. Aber auch da wurde leider gespart. Zuletzt haben sich die Zahlen häufig ganz anders entwickelt, als vorhergesagt wurde. Und jetzt zerbricht unsere Branche an diesen Quoten.

Was fordern Sie konkret?

Die paar Schiffe, die wir noch haben, sollte man mit vernünftigen Quoten fahren lassen, damit die Fischer weiter existieren können. Und dann kann man ja sehen: Wird der Fisch weniger oder nicht? Ich bin überzeugt, dass wir den Fisch gar nicht ausrotten können, wie das immer so schön von den Umweltverbänden behauptet wird.

Betreiben die Fischer in Deutschland in Ihren Augen nachhaltigen Fischfang? Können also etwa so viele Fische nachkommen, wie entnommen werden?

Ja, dafür sorgen hierzulande schon die gesetzlichen Vorgaben. Sie führen dazu, dass wir nachhaltig unterwegs sind oder auf Nachhaltigkeit hinarbeiten. Ob das immer hundertprozentig so ist, dass genug nachkommt, weiß man natürlich auch nicht, das ist von vielen Dingen abhängig. Und Fischbestände zu erfassen ist eine Wissenschaft für sich.

Woran erkennt der Verbraucher nachhaltig gefangenen Fisch?

Siegel wie das bekannte MSC-Abzeichen sind in der Hinsicht eine gute Sache. Es gibt da auch einige andere, an denen sich Kunden orientieren können.

Was muss ein Fischer tun, um so ein Siegel zu bekommen?

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