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#Funkelnder Trotz

„Funkelnder Trotz“

In den Schaufenstern der Mode­läden funkelt es in diesem dramatischen und schrecklichen Frühjahr. Es sollte ein Frühling nach der Pandemie sein, an Krieg hatte niemand gedacht. Die Rückkehr zur sogenannten Normalität sollte gefeiert werden. Für die Mode hieß das: quasi die gesamte Garderobe plus Accessoires mit Lametta zu behängen. Jacken und Schuhe, Baseball-Caps und Taschen, kaum eine Kollektion präsentiert sich gerade nicht in Spendierlaune, was Glanz und Glitzer betrifft. Wo soll man da anfangen? Bei Isabel Marants mit bunten Steinen besticktem Denim? Bei Burberrys silbernem Ganzkörperanzug aus Fishnet? Bei Louis Vuittons nachdenklicher Robe-à-la-française-Adaption mit metallisch glänzenden Scheiben? Bei Zadig & Voltaires Anzug im Look einer Leuchtanzeige?

Die Aufzählung könnte problemlos weitergehen und jedes Modell Platz machen für andere Pailletten, in denen die Erfahrungen der vergangenen zwei Jahre wie in einem Rückspiegel erscheinen. Und jetzt?

Wie alt plötzlich vieles wirkt. Wie belanglos etwa die verbreitete Idee, das Schillern der Garderobe sei dazu da, Aufmerksamkeit auf die eigene Person zu lenken. Nein, es kann nicht um Selbstbespiegelung und schon gar nicht ums Bling-Bling und das Aufblenden gehen. Der Auftritt ist abgesagt; ratlos steht man vor diesen Schaufenstern der Mode. Eine schwarze, gehäkelte Stola, gefunden in einer Kiste auf dem Dachboden, fällt einem wieder ein. Schimmernder Lurexfaden war darin eingearbeitet, sodass das Häkelwerk glitzerte, nicht sehr stark, doch immerhin so, dass es ein kleines Mädchen während eines Café-Besuches am Nebentisch bemerkte. Wie gebannt blieb es vor der Stola stehen und berührte, als müsste es sich von seiner Existenz überzeugen, vorsichtig den silbernen Faden.

Die legendäre Cher-Robe von Bob Mackie, in der sie 1988 den Oscar für „Moonstruck“ entgegennahm.


Die legendäre Cher-Robe von Bob Mackie, in der sie 1988 den Oscar für „Moonstruck“ entgegennahm.
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Bild: picture alliance / AP Images

Nüchtern betrachtet, ist das nichts als reflektiertes Licht, das dem menschlichen Auge umso strahlender erscheint, je mehr gebündeltes Licht auf eine möglichst glatte Oberfläche fällt. Dem Märchen, und auch der Mode, ist das völlig egal. Denn dieser Zauber lässt sich nicht greifen.

Funkelnder Trotz gegen die feindliche Außenwelt

„Bäumchen, rüttel dich und schüttel dich, wirf Gold und Silber über mich.“ Am Grab der Mutter wünscht sich Aschenputtel ein Kleid, in dem die junge Frau auf den Ball des Königs gehen kann. Duldsamkeit und Fleiß haben ihr zuvor nichts genützt. Ihr Wunsch, dazugehören zu dürfen, wurde endgültig verwehrt. Sie bleibt allein zurück, bis ein Vogel ihr das silberne Kleid wie einen Segen vom Baum herabwirft und sie darin den Platz, den ihr die Familie im Leben eigentlich zugewiesen hatte, für immer verlässt.

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Von magischer Wunscherfüllung wird erzählt, von der Resilienz und einem funkelnden Trotz gegen die feindliche Außenwelt. Wenn man so will, ist dieser Aufbruch eines der Lieblingsthemen der Mode. Das Funkeln ist gewissermaßen ihr übersinnliches Talent, eine paillettengroße Verbindung zum Wunderbaren, weshalb Skeptiker auch den Glanz einen Schmeichler, einen Trickser und Eskapisten nennen.

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