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#GDL-Streikankündigung: Machtkampf um die Bahn

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GDL-Streikankündigung: Machtkampf um die Bahn

Was sich in diesen Wochen zwischen der Lokführergewerkschaft GDL und der Deutschen Bahn abspielt, ist keine gewöhnliche Tarifauseinandersetzung. Es ist ein Machtkampf, der die Grundsatzfrage provoziert, welche politischen Lösungswege zur Verfügung stehen, falls sich ein zuverlässiger Verkehrsbetrieb durch die Deutsche Bahn unter den gegebenen Bedingungen nicht gewährleisten lässt. Sie sind gekennzeichnet durch erbitterte Rivalitäten zweier Gewerkschaften in einem Unternehmen ohne harte Budgetrestriktion – was übliche tarifpolitische Konfliktlösungsmuster an ihre Grenzen ringt. Die Spanne politischer Optionen reicht von Verbeamtung über Nichtstun bis Privatisierung.

Auf der einen Seite steht die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG mit etwa 180.000 Mitgliedern, deren ursprüngliches Selbstverständnis es ist, die Interessen aller Bahn-Beschäftigten zusammenzuführen und gegenüber dem Arbeitgeber zu vertreten. Dieser Universalanspruch führt fast unvermeidlich dazu, dass sich einzelne, besonders streikmächtige Berufsgruppen wie die Lokführer nicht so konsequent vertreten sehen, wie es für sie in einer eigenen Gewerkschaft möglich ist, die sich nicht um Ausgleich in der Gesamtbelegschaft schert. Ungeschicktes Verhalten der EVG mag die Wahrnehmung unzureichender Repräsentanz noch verstärkt haben.

Auf der anderen Seite steht daher die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) mit etwa 25.000 Mitgliedern, die sich diesen Gruppen als eigenständige Vertretung anbietet und sich tarifpolitisch immer weiter aus der einst (bis zum Jahr 2007) gemeinsamen Tarifwelt entfernt. Ihr strategisches Ziel ist es, das gesamte fahrende Personal zu organisieren und der EVG die weniger streikmächtige Restbelegschaft zu überlassen.

Die GDL will eine radikale Bahnreform

Konsequenterweise verfolgt die GDL zugleich das politische Ziel einer radikalen Bahnreform: Anstelle des integrierten Bahnkonzerns, der das Betreiben von Schienennetz und Zügen in einer Hand verantwortet, würden beide Bereiche getrennt. Eine staatliche Gesellschaft übernähme das Bereitstellen einer geeigneten Schieneninfrastruktur. Daneben gäbe es die Deutsche Bahn und andere Eisenbahnunternehmen, die auf den Schienen ihre Züge fahren lassen. Und für all deren Personal wäre die GDL allein zuständig – falls es im Schlepptau der von ihr beförderten Radikalisierung nicht irgendwann zu neuen Spaltungen käme.

Das alles steht hinter dem aktuellen Machtkampf. Mit einem Variieren von Lohnprozenten, wie man es aus normalen Tarifrunden kennt, wird sich der Grundsatzkonflikt zwischen den Akteuren nicht befrieden lösen lassen: hier die GDL – dort der Arbeitgeber Bahn; und daneben sein traditionelles Gegenüber, die EVG. Personalwirtschaftlich verschärft sich für die Bahn stattdessen mit jeder Tarifrunde ein Alltagsproblem: Ihre Tarifverträge mit der EVG einerseits und der GDL andererseits driften inhaltlich immer weiter auseinander und lassen sich kaum noch nebeneinander anwenden, wo GDL- und EVG-Mitglieder in einem Betrieb nebeneinander arbeiten. Ein offensichtlicher Problemfall entsteht, wenn Arbeitszeit- und Pausenregeln nicht mehr zusammenpassen.

Zwar gibt es dafür das Tarifeinheitsgesetz. Es sieht vor, dass der Arbeitgeber notfalls für alle Beschäftigten eines Betriebs den Tarifvertrag anwendet, hinter dem in diesem Betrieb mehr Mitglieder stehen. Dass die Bahn dies nun so umsetzt (gut ein Viertel von 71 strittigen Betrieben bekam GDL-Tarif) wertet der GDL-Vorsitzende Claus Weselsky aber als „Vernichtungskampf“ gegen seine Organisation und verhält sich nun entsprechend. Das Gesetz bietet Notbehelfe im Fall sogenannter Tarifkollisionen an. Es verhindert leider nicht, dass ein völlig vergiftetes Klima entstehen und einen zuverlässigen Bahnbetrieb auf Dauer in Frage stellen kann.

Auswege sind da schwierig. Renitente Lokführer mit Verbeamtung zu belohnen, wäre kein gutes Signal. Dann lieber die radikale Reform, also Trennung von Netz und Betrieb, mit stärkerer Öffnung für private Konkurrenz – das aber bitte in Kombination mit einem harten gesetzlichen Rahmen für den Ablauf von Tarifkonflikten in der öffentlichen Daseinsvorsorge. Dazu gehören: verpflichtende Schlichtungsverfahren, bevor es zum Streik kommen darf; und für den Streikfall eine Mindest-Ankündungsfrist von einer Woche, damit sich Kunden darauf einstellen können.

Eine Klima- und Verkehrspolitik, die dem Verkehrsträger Bahn eine immer wichtigere Rolle zuweist, darf sich jedenfalls nicht von den Launen der GDL und ihres Vorsitzenden Claus Weselsky abhängig machen.

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