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#Gegen die Diktatur der Schönheit

Gegen die Diktatur der Schönheit

Fast 1000 Follower hat Antonia Hugo auf Instagram. Sie ist 17 Jahre alt und lebt in Sipplingen – einem Dorf am Bodensee, das etwa doppelt so viele Einwohner hat wie Personen, die Antonia folgen. Antonia ist keine Fotografin und keine Influencerin, sie hat dieses Jahr die Schule abgeschlossen. Auf ihrem Profil sieht man Jugendliche, die rauchen, die Sonnenbrillen tragen, sich die Zähne putzen. Katzen, die schlafen. Bilder aus der Berliner U-Bahn oder von Dorfwiesen. Unspektakulär, ungestellt. Jeder kann diese Handy-Schnappschüsse sehen, ihr Profil ist öffentlich. Kennt sie die Personen, die ihr folgen? Und warum ist es ihr egal, wer sie sieht?

„Ich werde schon öfters gefragt, warum ich ein öffentliches Konto habe“, erzählt Toni, wie sie genannt wird, im Instagram-Videoanruf. „Meine Freunde haben meist beides: ein öffentliches und ein privates Profil.“ Das habe sie auch mal gehabt, jetzt aber nicht mehr. Sie verstehe aber, wenn jemand seine Bilder privat hält. „Vielleicht will die Tochter nicht unbedingt, dass die Mutter ihre Bilder sieht.“ Ob sie viel Zeit am Smartphone verbringe? „Ich habe ja gar keines! Ich habe ein Tastentelefon und ein Tablet! Darauf schicken mir dann meine Freunde die Bilder, die ich hochlade.“ Die vielen Chatgruppen findet sie mühsam.

„Finstagrams“ für berühmte Menschen

Und Follower? Wie viele findet sie normal? „1000, manche haben auch mehrere tausend.“ Und privat? „500 und weniger.“ Was sie früher privat hochgeladen hat? „Der private war wie ein Spam-Account. Für sehr enge Freunde, die das, was ich da hochlade, vielleicht interessant finden. Andere wollte ich nicht damit nerven.“ Mittlerweile sei ihr das aber egal. „Ehrlich gesagt, habe ich mich einfach nicht mehr gekümmert, was ich wo hochladen soll.“ Jetzt hat sie also nur noch den einen Account. Einer für alle.

Früher posierte sie für Bilder und bearbeitete sie mit Filtern. Ihre heutigen Bilder sehen wenig bemüht aus: Was sie hochlädt, wirkt so gleichgültig, dass es cool ist.


Früher posierte sie für Bilder und bearbeitete sie mit Filtern. Ihre heutigen Bilder sehen wenig bemüht aus: Was sie hochlädt, wirkt so gleichgültig, dass es cool ist.
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Bild: TO.N.I.I/INSTAGRAM

Einmal so, einmal so: Toni will sich nicht mehr künstlich inszenieren. Auf Instagram folgt sie dem Trend zum „Casual Posting“.


Einmal so, einmal so: Toni will sich nicht mehr künstlich inszenieren. Auf Instagram folgt sie dem Trend zum „Casual Posting“.
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Bild: TO.N.I.I/INSTAGRAM

Offensichtlich finden auch andere das interessant, was sie dort hochlädt. Zwei Profile zu pflegen ist ein Trend, den es schon länger gibt. Oft pflegen berühmte Menschen solche „Finstagrams“ (das „F“ steht irreführend für „fake“). Stars, Influencer, Models, denen millionenfach gefolgt wird, brauchen geheime Konten, die nur wenige abonnieren dürfen. Da können sie hochladen, was sie wollen. Dort müssen sie sich nicht schöner und reicher darstellen, als sie es ohnehin schon sind. Warum aber haben auch junge Menschen solche Profile? Und wie unterscheidet sich das „echte“ Leben vom ungestellten?

Es entsteht eine prismatische Persönlichkeit

Maria Schreiber erforscht an der Universität Salzburg, wie sich digitale Bildpraktiken über verschiedene Lebensphasen hinweg verändern. Privates und Öffentliches, sagt sie, lasse sich längst nicht mehr als Dualität begreifen. „Es ist viel differenzierter geworden. Man kommuniziert über bestimmte Kanäle mit verschiedenen Gruppen zu verschiedenen Zeiten: Über Whatsapp mit der Familie, über die Instagram-Story mit engen Freunden, über TikTok mit Klassenkameraden. Im Prinzip hält man ein gerahmtes Bild in den Händen und fragt sich: Hänge ich es in den Flur, ins Wohnzimmer oder ins Schlafzimmer?“ Dadurch entstehe dann eine „prismatische Persönlichkeit“, so nennt es die Wissenschaft: Zwischen den Parallelen der Apps entsteht das digitale Selbst.

Wie wir unser Abbild im digitalen Raum gestalten, hängt dann laut Schreiber vor allem von zwei Faktoren ab: dem Alter und der Plattform. Was bedeutet es, wenn man schon von klein auf so große Plattformen nutzt? „Durch die ständige Präsenz von Smartphone- Kameras ist das vor allem für Jugendliche ein selbstverständlicher Modus. Fotografie ist nicht mehr nur ein Medium für besondere soziale Ereignisse, sondern eng verwoben in unserem Alltag und somit längst ein fließender Teil unserer Kommunikation geworden.“ Junge Menschen kennen es nicht anders, deshalb dürfe man das nicht überbewerten.

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