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Genug ist genug

Die Macher hinter der European Super League müssen geahnt haben, dass ihre Idee viele Fußballfans emotional aufwühlen würde, und dass sie es mit breiter Ablehnung zu tun bekommen könnten. Aber das Ausmaß der Entrüstung, die sich seit der Ankündigung des neuen Wettbewerbs am späten Sonntagabend vor allem in England breit gemacht hat, dürfte den einen oder anderen doch verblüfft haben.

Los ging es mit Gary Neville, der früher für Manchester United spielte und heute als Fernsehexperte für „Sky“ arbeitet. In einem Live-Monolog redete er sich in Rage: Er sprach von Gier, er nannte die Pläne ekelhaft, er forderte harte Strafen für die beteiligten englischen Klubs, zu denen auch sein früherer Arbeitgeber gehört: „Ganz ehrlich, du musst das zerstampfen.“ Millionen Menschen sahen das Video seines Wutausbruchs, und er blieb nicht lange allein. Danny Murphy, wie Neville ein ehemaliger Profi, sagte der BBC, das Konzept der Super League sei „seelenlos“: 15 der 20 teilnehmenden Vereine müssten sich nicht dafür qualifizieren, sondern wären automatisch gesetzt und könnten nicht absteigen.

Daran erkenne man schon, dass die Besitzer von Englands abtrünnigen Big-Six-Klubs FC Liverpool, Manchester United, Manchester City, Chelsea, Arsenal und Tottenham nicht an einem sportlichen Wettbewerb interessiert seien, sondern nur an der wirtschaftlichen Gewinnmaximierung: „Das ist ein komplettes Fehlen von Verständnis unseres Spiels, unserer Traditionen – was wir am Fußball lieben und was in unseren Herzen ist, wenn wir das Spiel spielen oder dabei zusehen.“

Organisierte Fangruppen der an den Plänen beteiligten Klubs richteten sich in öffentlichen Stellungnahmen gegen die Besitzer. In Liverpool zeigte sich die Gruppe Spirit of Shankly „entsetzt“ von der US-amerikanischen Eigentümergesellschaft Fenway Sports Group (FSG) um den Investoren John W. Henry, der zu den treibenden Kräften hinter der Super League gehören soll: „Die FSG hat die Fans ignoriert in ihrem unbarmherzigen und gierigen Streben nach Geld. Der Fußball gehört uns, nicht denen. Unser Klub gehört uns, nicht denen.“ In London sprachen Chelsea-Fans vom „ultimativen Verrat“, Anhänger des FC Arsenal verkündeten den Tod ihres Klubs als Sportverein. Ein Mitspracherecht haben die Fans dabei allerdings nicht, denn ihre Klubs sind keine Mitgliedervereine. Einbringen können sie sich höchstens in Supporters‘ Trusts, die geringe Anteile an den jeweiligen Klubs halten, doch deren tatsächlicher Einfluss sich vielerorts in Grenzen hält.

Johnson will Super League verhindern

Die Reaktionen reichen bis in die Politik. Premierminister Boris Johnson kündigte an, man werde alles unternehmen, um die Super League in ihrer jetzt angekündigten Form zu verhindern. Die BBC schrieb auch mit Blick darauf, die weitere Entwicklung und kommende Diskussionen würden „faszinierend“ werden, denn schon jetzt hätten sich die sechs englischen Klubs eine handfeste „Public-Relations-Schlacht“ eingehandelt. „Es gab keine Beratung mit den Fans“, schrieb der „Guardian“, nicht einmal einen offenen Brief vor der offiziellen Verlautbarung am Sonntag habe es gegeben: „Eure Meinungen werden nicht eingeholt, und sie spielen definitiv keine Rolle.“ Die Fans, so das Kalkül, können den Wettbewerb ruhig hassen, so lange sie trotzdem dafür bezahlen. „Es ist an der Zeit, sich für eine Seite zu entscheiden.“

Fußballfans in England fühlen sich schon lange bestohlen. Ihre Klubs sind nicht mehr ihre Klubs, sondern Assets von Superreichen. Und die Klubs brauchen die Fans nicht mehr, denn die Einnahmen an den Drehkreuzen sind für sie zu einem Taschengeld verkommen im Vergleich zu den bei Abonnenten auf der ganzen Welt abgeschöpften Pay-TV-Milliarden. Viele Fans können sich die teuren Eintrittskarten oft nicht einmal mehr leisten, aber den Klubs kann auch das egal sein, denn viel lieber wollen sie Touristen anlocken, die vor dem Spiel durch den Megastore schlendern, um sich mit billig produzierten und teuer verkauften Souvenirs einzudecken. Das tun alteingesessene Fans eher nicht, weil sie schon einen zehn, fünfzehn, zwanzig Jahre alten Schal in Klubfarben besitzen. Den können sie dann im Pub tragen, während ein paar Straßen weiter ihre Mannschaft spielt.

Gary Neville: „Ich bin empört, ich bin empört“.


Gary Neville: „Ich bin empört, ich bin empört“.
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Bild: dpa

Erst im Oktober des vergangenen Jahres hatten die Big-Six-Klubs versucht, ihre Macht innerhalb der Premier League auszudehnen: Das sogenannte „Project Big Picture“ sollte ihnen bei Abstimmungen einen gehobenen Status verschaffen. Es scheiterte. Und nun also die Super League. Das Konzept ist nicht neu, die Idee schwelte schon Jahre mehr oder weniger verborgen unter der Oberfläche. Vielen Fans, die jetzt dagegen protestieren, geht es vermutlich gar nicht um das unfaire und unsportliche Format oder um den offenen Machtkampf mit der Uefa – die ist bei Fans schließlich nicht unumstritten. Es ist ein ganzheitliches Unbehagen, die Einsicht, dass der Fußball schon lange nicht mehr ihnen gehört. „Enough is Enough“ stand auf einem Banner wütender Liverpool-Fans: Genug ist genug. Für diejenigen, die die Super League gegen jeden Widerstand durchdrücken wollen, galt das noch nie.

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