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#Nicht ganz austauschbare Teile – Was geht?

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Nicht ganz austauschbare Teile – Was geht?

Drei Teile die identisch aussehen. Geht eins kaputt, nimmt man eins der anderen, baut es ein und die Sache läuft wieder. Man kann jedes der Teile nehmen und daraus den französischen 1874er Revolver bauen, aus denen sie stammen. Wäre das alles so einfach, würde es sich nicht lohnen, darüber zu schreiben.

Denn diese Teile haben nicht umsonst jeweils eine eigene Teilnummer. Sie sind eben nicht identisch und können nicht zwischen den einzelnen Revolvern ausgetauscht werden, wie der Sammler in dem Video feststellen musste, aus dem das Bild stammt:

Die Ironie an der Sache ist, dass es ausgerechnet ein Revolver aus Frankreich ist. Dem Land, in dem Honore Blanc schon im 18. Jahrhundert die erste Waffenmanufaktur einführte, deren Feuerwaffen auf austauschbaren Teilen beruhten. Aber Honore Blanc starb bald darauf und damit starb der größte Verfechter dieses Prinzips in Frankreich.

Das Problem mit austauschbaren Teilen ist, dass sie damals nur mit zusätzlichem Aufwand so hergestellt werden konnten. Anstatt alle Teile eines Mechanismus nach exakten Spezifikationen zu fertigen, wurde der Mechanismus aus Teilen zusammengebaut, die individuell so lang bearbeitet wurden, bis sie genau ineinander greifen.

Das Resultat ist dann eine äußerste elegant anmutende Mechanik und wenn der Büchsenmacher (in diesem Fall) wirklich gut war, dann funktioniert sie auch genauso elegant. Da alle Teile “nur” zusammenarbeiten müssen, ist der Aufwand auch zunächst kleiner, als wenn jedes Teil nach bestimmen Normen gebaut werden muss. Allein schon weil der Messaufwand für die präzise Übereinstimmung wegfällt, genauso wie die Überwachung und Eichung der Messgeräte. Die Unterschiede können durchaus erheblich sein.

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Diese beiden Teile wurden so gut es geht übereinander gelegt. Plötzlich zeigen sich Unterschiede von einem Millimeter und mehr. Das Resultat: Die Teile passen nicht. Wenn so ein Revolver kaputt geht, dann ist fast alle Hoffnung verloren, ohne einen Büchsenmacher mit dem nötigen Werkzeug ein speziell für diesen Revolver angepasstes Teil zu fertigen. Die Lösung des Sammlers im Video ist, etwas Metall an die gekürzten Schlagbolzen anzuschweißen und den Rest des handgefertigten Teils so zu lassen wie es war.

Präzission ohne Experten

Anders als in Frankreich setzte sich das System von Blanc aber in den USA durch. Es war gerade die Zeit, in der Frankreich die jungen USA in ihrem Unabhängigkeitskampf gegen England unterstützte. So gelangten dann auch die modernen Konzepte der Waffenfertigung in die USA. Dort fielen sie auf einen sehr fruchtbaren Boden.

Sobald man anfängt austauschbare Teile zu fertigen, braucht man für den Bau der Teile einer Schusswaffe keinen Experten für den Bau von Schusswaffen mehr. Stattdessen braucht man nur jeweils Experten für den Bau eines austauschbaren Teils. Es ist die klassische Arbeitsteilung, wie sie auch schon Adam Smith beobachtet hat.

Anders als Frankreich hatten die USA keine Basis von erfahrenen Büchsenmachern und auch keine Institutionen, um sie auszubilden. Das selbe galt auch für fast alle anderen Bereiche der Industrie, schon weil die englischen Kolonien im wesentlichen Rohstoffe an England liefern und Fertigwaren aus dem Mutterland kaufen sollten. Es blieb in den USA also kaum eine andere Wahl, als eine Produktion mit austauschbaren Teilen aufzubauen, bei der die Ausbildung der Arbeiter nicht den großen Aufwand einer umfassenden Ausbildung in allen Arbeitsschritten benötigt.

Das Resultat war am Ende nicht nur die Möglichkeit einzelne Teile von einzelnen Mechanismen austauschen zu können. Maschinen konnten auch komplexer gebaut werden, wenn nicht mehr alle Teile von Hand aufeinander abgestimmt werden.

Dazu kam die Entwicklung neuer Maschinen, die eine viel höhere Präzission ermöglichten. Die Dampfmaschine von James Watt wurde erst durch einen neue, viel präzisere, Bohrmaschine möglich. Zylinder und Kolben müssen möglichst exakt zueinander passen, sonst geht Energie entweder durch Reibung verloren, oder der Dampf geht durch die Lücken direkt verloren.

Praktisch das gesamte Arsenal an Drehmaschinen, Fräsen, Hobeln usw. in einer Maschinenbauwerkstatt geht auf das 19. Jahrhundert zurück. (Wozu ich wärmstens Bo Carlssons Paper “The development and use of machine tools in historical perspective” empfehle.) Damals zuerst noch mit Wasserkraft betrieben, später auch mit Dampf und zuletzt mit Strom.

Was dabei verloren ging ,war der Experte, der jedes einzelne Teil eines Stücks selbst herstellen konnte und darin ein Meister war. Was auch verloren ging, waren die Grenzen der Komplexität. Anstatt eines Experten für die ganze Maschinen, brauchte die Herstellung nur noch Experten für jedes einzelne Teil, womit die Menschen zusammen in ihren Fähigkeiten über sich hinaus wachsen konnten.

So mancher sprach von Entfremdung der Arbeit und ganz unrecht hatten sie nicht. Aber die Antwort lag nicht darin, zu den alten Traditionen zurück zu kehren, sondern in den sauren Apfel zu beißen und bessere Wege zu finden, mit dieser Entfremdung zurecht zu kommen. Ein Prozess der immernoch nicht abgeschlossen ist.

Drei Teile die identisch aussehen. Geht eins kaputt, nimmt man eins der anderen, baut es ein und die Sache läuft wieder. Man kann jedes der Teile nehmen und daraus den…

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