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#Gfraster in Österreichs Boulevard – SocioKommunikativ

Gfraster in Österreichs Boulevard – SocioKommunikativ

Österreichs Medienlandschaft ist etwas eigen. Die Kronen Zeitung dominiert und hat eine Reichweite, die es sonst nirgendwo gibt. Seit einigen Jahren existiert das Gratisblatt ‘Heute’ von dem lange Zeit niemand wusste wie genau die Besitzstrukturen aussehen. Beide Blätter erreichen 3/4 der Wiener Leser und Leserinnen. Die Leitung der beiden Blätter hat ein Ehepaar inne, die Dichands. Gearbeitet wird in diesen mit Stereotypen und Klischees. Politische Meinungen werden geschürt und die ‘Vernetzung’, in Wien wird da von Verhaberung geredet, zwischen Medien und Politik ist seit längerem Thema. Mitten drin auch Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann, der in unterschiedlichen Funktionen zielgerichtet den medialen Boulevard gewogen gefüttert hat. Aus der Gratiszeitung ‘Heute’ stammt der folgende Artikel, der nur zu gut zeigt wozu unreflektierte, kognitive Denkschemata führen können.

Ein Studienkollege, Günter Felbermayer, Journalist bei der ‘Presse’, geht  in seinem Blog auf den Artikel ein. Es hagelte Proteste, vom Chefredakteur des Blattes gab es eine Entschuldigung, diese allerdings nur online, der Artikel war in der Papierausgabe. Der mediale und politische Diskurs im Land war und ist nie zimperlich. Über Menschen mit Migrationshintergrund wird, gleich ob mit österreichischer Staatsbürgerschaft oder nicht, häufig stereotyp und negativ geschrieben. Politische Parteien, dafür besonders bekannt die FPÖ, klimpern laut auf der Klaviatur der Xenophobie. Legendäres und beschämendes Beispiel dafür sind die Comics der FPÖ, auch heute noch ohne Probleme online findbar.

Warum aber ist dieser Artikel ein ganz besonderes Schmankerl österreichischer Medienkultur?

Die beiden Journalisten berichten über ein Ereignis ausgelöst durch einen Österreicher, der in Kärnten seine Ehefrau vor den Augen des Sohnes auf offener Straße ersticht. Das Vokabular ist martialisch, der Mann ein “Bluttäter” und “Berserker”. Der Mittelteil des Artikels verweist auf ein Thema, das mit der eigentlichen Tat nichts zu tun hat:

“Der Kraftfahrer (43) gehört zu der Sorte Mann, die zum Glück eher hinterm Halbmond lebt.” Um zu erklären warum ein Mann “den Verstand” verliert und seine Frau ersticht, wird auf Vorurteile bezüglich eines anderen Kulturraum zurückgegriffen. Neben der Tatsache, dass dies überhaupt geschieht, ist vor allem die Formulierung “zum Glück” irritierend. Warum zum Glück? Waren die beiden Journalisten froh einen Ausweg gefunden zu haben die Tat doch jemand anderem zuschieben zu können? Im Geiste von: Kann ja kein ‘Hiesiger’ sein, der derartiges tut. Muss schon einer sein, der “In Ländern lebt, wo das Gesäß beim Beten höher ist, als der Kopf.” Denn nur dort kann es so sein, dass Männer so agieren. “Partnerinnen betrachten sie als Besitz. Macht sich der selbständig, sind sie im Stolz verletzt und drehen durch.” Eine schier unglaubliche Wegweisung der eigenen, kulturellen Zuständigkeit für ein Ereignis. Nicht nur, dass dies eine pauschalisierende, rassistische Äußerung und Punzierung einer gesellschaftlichen Gruppe darstellt, ist insbesondere der Akt der Distanzierung – im Sinne von: so einer kann ja keiner von uns sein, dass muss einer von denen sein – eine Verdopplung der Ungeheuerlichkeit. Der Täter wird in einen komplett anderen Kontext gestellt, ein Vergleich gezogen, der jeglicher Grundlage entbehrt und mit der Tat an sich nichts zu tun hat. So wird ein Artikel über ein Kärntner Familiendrama zu einem xenophoben, rassistischen Ablenkungsmanöver mit Schuldzuweisung an MuslimInnen.

Viel hat dies mit der Qualität des öffentlichen Diskurses in Österreich zu tun. Statt zu debattieren und sich Tatsachen zu stellen, werden Sündenböcke konstruiert, Ressentiments geschürt und Klischees hochgekocht. Verwiesen wird auf andere, reflexive Nabelschau ist Fehlanzeige. Diesbezüglich hat sich in den letzten fast 70 Jahren nicht gar so viel geändert. Im Land von Fritzl und Co. Aber lest selbst.

P.S. Christoph & Lollo haben diese Geisteshaltung ironisierend auf den Punkt gebracht:

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Quelle

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