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#Grausames Geschepper

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Grausames Geschepper

Die Frau – Regenmantel, Kappe, Sonnenbrille –, die eine Blutspur durchs Peloton ziehen wird, wartet geduldig auf das bei der Auftaktetappe von Brest nach Landerneau hastende Peloton – das selbstgebastelte Schild mit der Aufschrift „Allez Omi Opi“ in der Hand. Das über die gesamte Breite der Straße aufgefächerte Fahrerfeld nähert sich, der Hubschrauber des französischen Fernsehens hat es von weitem schon angekündigt. Was dann folgt, ist seitdem im Fernsehen und im Netz unendlich oft in Zeitlupe gezeigt worden. Und es hat der Zuschauerin eine enorme Welle von bitterbösen Botschaften eingebracht.

Sie macht sich also am Straßenrand bereit. Für ihren Auftritt, der nicht böse gemeint war, aber böse endete. Einen halben Schritt auf den Asphalt gemacht, das Schild gereckt, Fotolächeln angeknipst – das alles, um sich für das in 190 Länder übertragene Fernsehbild in Szene zu setzen. Denn die Frau richtet den Blick nicht auf das heraneilende 184-köpfige Fahrerfeld, sondern auf das vorwegfahrende Kameramotorrad.

Auch Erfahrung nützt nichts

In Fahrtrichtung rechts außen ist gerade Tony Martin an die Spitze des Pelotons gefahren. Ein ebenso erfolgreicher wie erfahrener deutscher Profi. Dass mal ein Arm, eine Handykamera oder ein Schild von außen auf die Straße ragt, ist für die Fahrer nicht ungewöhnlich. Die Fans ziehen ja auch rechtzeitig zurück. Martin jedenfalls nimmt das Schild vor seiner Brust wahr und geht davon aus, dass es gleich wieder verschwindet. Doch das tut es nicht. Martin kollidiert mit der Pappe, kommt zu Fall, die Zuschauerin macht unter der Wucht des Aufpralls von Martin eine Art Pirouette im Straßengraben.

Jonas Rutsch, auch er ein deutscher Tour-Teilnehmer, fuhr in diesem Moment weiter hinten im Feld. Massenstürze wie dieser, weiß er aus Erfahrung, kündigen sich mit dem „Quietschen von Reifen und Bremsen“ an. „Im nächsten Augenblick scheppert es grausam.“ Und augenblicklich vermischen sich die Schmerzensschreie der betroffenen Fahrer, das Geschrei der Zuschauer und die Rufe der aus den Begleitfahrzeugen herbeigeeilten Betreuer zu einem ungeheuren Lärm. Die Athleten befühlen ihre Wunden – nur geprellt oder doch gebrochen? Verrenkt oder nur geschürft? Wo ist mein Rad, und ist es heil geblieben? Es herrscht Chaos. Fahrer raffen sich blutend wieder auf, folgen im Nu ihrem Instinkt, der da sagt: aufstehen, wieder aufs Rad setzen, den Anschluss nicht verpassen.

Den Blick auf das Kameramotorrad gerichtet und nicht auf die Fahrer: die Frau mit dem Schild


Den Blick auf das Kameramotorrad gerichtet und nicht auf die Fahrer: die Frau mit dem Schild
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Bild: ARD

Der Radsport lebt von den epischen Szenen, wenn die Rennfahrer die steilsten Passstraßen durch ein enges Spalier von Zuschauermassen bezwingen. Ein Spalier, das erst im letzten Moment vor dem Vorderrad der einzeln oder in kleinen Gruppen ankommenden Radler auseinanderwogt, eine schmale Schneise freigibt, um sich dahinter wieder zusammenzuziehen. Wie eine fein abgestimmte, immer wiederkehrende Choreographie der Fans, die den mit Puls 190 kletternden Fahrern noch Anfeuerungsrufe ins Ohr schreien. Aber auch an flachen Streckenabschnitten stehen beim größten und wichtigsten Radrennen der Welt Zuschauermassen am Straßenrand. Man zelebriert es, wenn die Tour-Karawane kommt, mit Freunden, Familie, nicht selten auch mit Baguette und Rotwein. Auch wenn das Erlebnis, ein dicht gedrängtes Peloton in der Ebene vorbeirauschen zu lassen, mitunter nur wenige Sekunden lang ist. Hunderttausendfach gehen solche Begegnungen in Nahdistanz während einer Tour de France gut. Nur dieses Mal nicht.

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