#Habeck knöpft sich Ölkonzerne vor
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„Habeck knöpft sich Ölkonzerne vor“
Manchmal geht in Berlin alles ganz schnell. In der Nacht zum vergangenen Donnerstag vereinbarten die Spitzen von SPD, Grünen und FDP im Koalitionsausschuss, alle rechtlichen Möglichkeiten zu prüfen, damit sinkende Rohstoffpreise „rascher als bislang“ an die Verbraucher weitergegeben werden.
Dass die Spritpreise an den Tankstellen weiter hoch sind, obwohl die Rohölpreise nach dem Hoch zu Kriegsbeginn längst wieder gesunken sind, hat in Berlin viel Unmut ausgelöst. Jetzt schafft Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) Fakten: Am Dienstagabend gab das Ministerium einen Gesetzesentwurf in die Kabinettsabstimmung, der die Befugnisse des Bundeskartellamts erheblich ausweiten soll. Der Entwurf liegt der F.A.Z. vor.
Demnach soll das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) so geändert werden, dass der Auftrag der beim Bundeskartellamt angesiedelten Markttransparenzstelle für Kraftstoffe deutlich erweitert wird. Sie soll künftig nicht nur wie bislang die Preisentwicklung an den Tankstellen beobachten, sondern auch die Raffinerien und den Großhandel mit Kraftstoffen.
Sogar Razzien möglich, wenn nötig
Von „umfangreichen Ermittlungsbefugnissen“ für die Bonner Behörde ist in Ministeriumskreisen die Rede: Das Kartellamt soll von allen Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette Auskünfte verlangen, Geschäftsunterlagen einsehen und wenn nötig auch Durchsuchungen durchführen können. „Ziel ist ein klarer und gestärkter Wettbewerbsrahmen, der das Funktionieren der Märkte gewährleistet“, heißt es in der Einleitung zum Gesetzesentwurf.
Mitte März hatte Habeck das Bundeskartellamt schon damit beauftragt, die hohen Spritpreise zu prüfen. Die Marktmacht einiger weniger Unternehmen sei ein strukturelles Problem, beklagte er. Danyal Bayaz, Finanzminister der Grünen in Baden-Württemberg, formulierte es auf dem Kurznachrichtendienst Twitter weniger diplomatisch: „Mein Eindruck ist, dass ein paar Ölmultis gerade den großen Reibach machen.“ Kartellamtspräsident Andreas Mundt machte sich ans Prüfen – nicht ohne dem Minister zu bedueten, dass die Datenbasis aus seiner Sicht unzureichend ist.

Jetzt kommt Bewegung in die Sache. Neben dem Einbeziehen von Raffinerien und dem Großhandel sieht der Gesetzesentwurf außerdem vor, dass die Tankstellen dem Kartellamt mehr Daten liefern müssen als bislang. Neben den Preis- sollen die Unternehmen auch Mengendaten melden. Dadurch verspricht sich das Ministerium mehr Informationen darüber, wie sich Veränderungen der Preise auf die Nachfrage auswirken. „Die aktuelle Situation darf nicht als Deckmantel für unfairen Wettbewerb oder versteckte Absprachen genutzt werden“, heißt es in Ministeriumskreisen.
Rund 14. 500 Tankstellen gibt es aktuell in Deutschland. Laut dem Datenportal Statista kam Aral im Jahr 2020 auf einen Marktanteil von 21 Prozent, Shell auf 20 Prozent. Es folgten Jet mit 10,5, Total mit 9,5 und Esso mit 7 Prozent. Zwei Drittel des Marktes waren damit in der Hand dieser fünf Unternehmen. Die Markttransparenzstelle gibt es seit dem Jahr 2013. Die Kritik an der Preisgestaltung der Tankstellenbetreiber ist seitdem aber kaum abgeebbt.
Trotz hoher Benzinpreise weiter hohe Nachfrage
Dass an den ersten Tankstellen die Preise für Benzin schon wieder auf unter 2 Euro je Liter gesunken sind, dürfte Habeck nicht davon abhalten, das Wettbewerbsrecht zu verschärfen. Im Gegenteil: Damit es besonders schnell geht, hat das Ministerium die geplanten Änderungen mit in die Ressortabstimmung zum Energiewirtschaftsgesetz hineingezogen. Bei Letzterem geht es darum, wie der Netzausbau beschleunigt werden soll sowie um strengere Vorgaben für Energieversorger, wenn sie Verträge mit Endkunden kündigen. Die Einzelvorhaben sind Teil des „Osterpakets“ von Habeck, das angesichts des Krieges in der Ukraine größer werden soll als noch zu Jahresanfang geplant.
Ob die GWB-Novelle tatsächlich zu mehr Wettbewerb und niedrigeren Preisen für die Verbraucher führt, bleibt abzuwarten. Tankstellenbetreiber berichteten zuletzt, dass sich trotz der gestiegenen Preise die Nachfrage nach Diesel und Benzin kaum verändert habe. Wer aus beruflichen Gründen fahren müsse, fahre weiter, konstatierte auch der Automobilclub ADAC.
Was sich nach dem Willen von Habeck im Wettbewerbsrecht ebenfalls ändern soll: Die verschärfte kartellrechtliche Missbrauchsaufsicht in der Energiewirtschaft wird neben den Strom- und Gasversorgern auf den Bereich der Fernwärme ausgedehnt. Da die Fernwärme bei der geplanten Wärmewende – also der Abkehr von Gasheizungen – eine tragende Rolle spielen soll, rücken jetzt auch diese Anbieter in den Fokus.
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