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#Hätte man Brokstedt-Attentäter aufhalten können?

Neulich hat Ibrahim A. in seiner Zelle Feuer gelegt. Mehrmals soll er in der Justizvollzugsanstalt Neumünster auch Mitarbeiter bespuckt und beleidigt haben. Er leidet unter Wahnvorstellungen und meint, Stimmen und Klopfzeichen durch die Wand zu hören. Auch fühlt er sich verfolgt. Etwa von der palästinensischen Terrororganisation Hamas. Kürzlich, so heißt es in Justizkreisen, habe er sogar behauptet, Bundesaußenministerin Annalena Baerbock habe ihm persönlich durch das Fernsehen gedroht.

Julian Staib

Politischer Korrespondent für Norddeutschland und Skandinavien mit Sitz in Hamburg.

Am Freitag beginnt gegen A. vor dem Landgericht Itzehoe der Prozess. Angeklagt ist er wegen zweifachen heimtückischen Mordes und vierfachen versuchten Mordes. In der Nähe des schleswig-holsteinischen Ortes Brokstedt soll er im Januar in einem Regionalzug zwei junge Menschen erstochen und weitere zum Teil lebensgefährlich verletzt haben.

A., zum Zeitpunkt der Tat 33 Jahre alt, wurde von der Polizei mit einem blutigen Messer angetroffen, es gibt Dutzende Zeugenaussagen – an seiner Schuld gibt es also kaum Zweifel. Hauptziel des Prozesses dürfte es sein, herauszufinden, inwiefern er schuldfähig war. Schließlich litt er zuvor an einer wahnhaften Störung, wie ein Gerichtspsychiater feststellte. Mehrere Menschen, die den Angeklagten von früher kennen, sagen, er sei schon lange vor der Tat psychisch krank gewesen. Sie machen den Be­hörden Vorwürfe. Demnach liefen Versuche, A. psychologisch behandeln zu lassen, ins Leere. A. rutschte demnach Stück für Stück ab. Bis er als abrupt entlassener, psychisch kranker und rauschgiftabhängiger, mittelloser Mann ohne Aufenthaltspapiere auf der Straße stand.

„Der ist psychisch vollkommen krank“

Als A. Ende 2014 nach Deutschland kam, beantragte er Asyl und kam nach Iversheim, einem Vorort von Bad Münstereifel in Nordrhein-Westfalen. Er wird als damals fröhlicher, etwas unbedarfter Mensch beschrieben. „In der Unterkunft war er in Kontakt mit jedem“, sagt einer, der ihn damals kannte. Man habe zusammen draußen oder in der Gemeinschaftsküche gesessen, gequatscht, das Ende des Ramadans gefeiert. Eine andere Person beschreibt A. von Anfang an als „psychisch angeschlagen“. Das sei mit der Zeit immer stärker geworden. A. habe immer das Gefühl gebraucht, dass man ihn schätze. Das Gefühl habe er in seiner Heimat nicht gekannt.

A. stammt aus Palästina, seine Familie lebte im Gazastreifen, angeblich wurde sein Onkel durch Islamisten getötet und er selbst gefoltert. Das jedenfalls gab er beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge an, und davon sollen Narben an seinem Oberkörper zeugen. Im Juli 2016 erhielt er subsidiären Schutz. Dieser greift bei Menschen, denen im Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht, aber weder der Flüchtlingsschutz noch die Asylberechtigung gewährt wird.

Anfang 2017 kommt A. dann in eine Unterkunft in der weit abgelegenen Ortschaft Lanzerath mit weniger als 100 Einwohnern. Dort, so beschrieben es Gesprächspartner, sei er „isoliert“ gewesen. A. fing demnach an, Rauschgift zu nehmen. Er hatte psychische Probleme. Zwei Personen sprechen von Depressionen. „Er hat sich von allen Menschen verlassen gefühlt. Er ist nicht klargekommen mit den Leuten und mit seinem Leben.“ Vor allem eine Ehrenamtliche habe sich um ihn gekümmert. „Der ist psychisch vollkommen krank, seit Jahren, hätte Hilfe gebraucht. Aber die gab es nicht“, sagt einer. Man sei bei den Behörden „ständig gegen die Wand“ gelaufen. A. versuchte demnach in psychiatrische Behandlung zu kommen, ein Hausarzt hatte dringend zu dem Schritt geraten. Eine Therapeutin wurde gefunden, aber es scheiterte an den Kosten. Die Behörden gaben demnach keine Genehmigung für die Bezahlung eines Übersetzers.

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