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#Harte Corona-Regeln in Niederlanden: „Teilweiser Lockdown“

Harte Corona-Regeln in Niederlanden: „Teilweiser Lockdown“

Die Niederlande reagieren mit neuen Maßnahmen auf die rasant steigenden Infektionszahlen, die zu den höchsten in Europa zählen. Von Mittwochabend an müssen Restaurants, Kneipen, Cafés und Coffeeshops im ganzen Land für zunächst vier Wochen schließen. Die Gastwirte sollen dafür teilweise entschädigt werden. Nach 20 Uhr darf in Geschäften kein Alkohol mehr verkauft werden. Ein Haushalt darf maximal drei Gäste empfangen. Kontaktsportarten für Erwachsene werden eingeschränkt, Fußballspiele von Profi-Mannschaften müssen weiterhin ohne Zuschauer stattfinden. Nach zwei Wochen sollen die Einschränkungen überprüft werden.

Ministerpräsident Mark Rutte sprach von einem „teilweisen Lockdown“, als er die Maßnahmen am Dienstagabend vorstellte. Wenn sie nicht ausreichend Wirkung zeigten, müsse man einen „vollständigen Lockdown“ verhängen, drohte Gesundheitsminister Hugo de Jonge. Die Regierung will das Tragen von Mund-Nasen-Schutzmasken künftig zur Pflicht in Innenräumen machen, allerdings erst auf einer neuen gesetzlichen Grundlage. „Wir müssen das juristisch gut regeln“, sagte  Rutte. Medizinisch seien sie sinnvoll.

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Mit fast 7000 neuen Infektionsfällen meldete das Land am Dienstag einen neuen Rekordwert; während der ersten Welle der Pandemie waren es maximal 1300 am Tag. Gemessen am Inzidenzwert haben die Niederlande inzwischen Spanien überholt und liegen in der Europäischen Union an dritter Stelle (387), hinter Belgien (430) und der Tschechischen Republik (522); Deutschland kommt dagegen nur auf 51 positive Tests auf 100.000 Einwohner in 14 Tagen. Der Anteil positiver Tests an allen Tests stieg auf 14 Prozent. De Jonge sagte, das Virus breite sich so schnell aus, dass man es mit Kontaktverfolgung nicht mehr hinterherkomme. Er gab das Ziel aus, die Reproduktionsrate von jetzt 1,3 auf 0,8 zu senken, bevor die Einschränkungen durch lokale Maßnahmen abgelöst werden könnten.

Das Zögern der Regierung bei Schutzmasken hängt mit verfassungsrechtlichen und politischen Bedenken zusammen. Ein Expertengremium, das sogenannte Outbreak Management Team, hatte im Juli davon abgeraten, eine allgemeine Maskenpflicht zu verhängen. Die Regierung stellte es daraufhin den Bürgermeistern frei, lokale Regelungen zu treffen. Die Großstädte Amsterdam, Rotterdam und Den Haag machten davon Gebrauch; dort sind Schutzmasken auf den belebten Shoppingmeilen Pflicht – drinnen und draußen. Gerichte hielten die Auflagen für rechtens, jedoch nur wegen der örtlichen Begrenzung.

Verschärft die Corona-Regeln in den Niederlanden drastisch: Ministerpräsident Mark Rutte


Verschärft die Corona-Regeln in den Niederlanden drastisch: Ministerpräsident Mark Rutte
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Bild: dpa

Das Grundproblem der Niederlande ist, dass sie – anders als die Nachbarn – bisher nicht über ein Infektionsschutzgesetz verfügen, mit dem die Regierung aus Gründen des öffentlichen Gesundheitsschutzes in die Grundrechte eingreifen darf. Seit Beginn der Pandemie sind alle Einschränkungen mit Notverordnungen durchgesetzt worden. Das gilt auch für die neuen Maßnahmen, die Rutte am Dienstagabend verkündete. Verfassungsrechtler argumentieren, dass eine generelle Maskenpflicht nicht per Notverordnung durchgesetzt werden kann, weil das gegen Artikel 10 (Recht auf Wahrung der Privatsphäre) und 11 (Recht auf körperliche Unversehrtheit) der Verfassung verstoßen würde. „Ohne Rechtsgrundlage kann die Regierung den Bürgern keine Kleidung verschreiben“, sagt etwa der Rechtsprofessor Jan Brouwer von der Universität Groningen.

Die Regierung hat erst Ende voriger Woche ein Corona-Schutzgesetz ins Parlament eingebracht – viel zu spät nach Ansicht von Fachleuten. Vor Ende November wird es die beiden Parlamentskammern nicht passieren. Das Zögern Ruttes hatte zwei Gründe. Sein Gesundheitsminister und dessen Stellvertreterin bestritten bis vor kurzem, dass das Tragen einer Maske überhaupt eine messbare medizinische Wirkung hätten. Außerdem wollen Ruttes Rechtsliberale eines ihrer Vorzeige-Gesetze nicht konterkarieren. Seit 1. August 2019 ist es in den Niederlanden verboten, das Gesicht im öffentlichen Raum zu verschleiern. Dieses sogenannte Anti-Burka-Gesetz richtete sich gegen fundamentalistische Muslime. Die Niederlande folgten damit Frankreich und Belgien. Die Idee dazu geht freilich auf Geert Wilders zurück, den Gründer der rechtspopulistischen „Partei für die Freiheit“. Rutte trieb das Gesetz voran, um seinem Konkurrenten den Wind aus den Segeln zu nehmen.

In der Praxis spielt es kaum eine Rolle. Betroffen sind maximal 350 Frauen in einem Land mit gut 17 Millionen Einwohnern. Die Polizei verhängt nur selten Geldstrafen, die zwischen 150 und 450 Euro liegen. Doch haben sich muslimische Verbände schon über „doppelte Standards“ beschwert, als während der ersten Pandemie-Welle Schutzmasken in öffentlichen Verkehrsmitteln vorgeschrieben wurden.

Inzwischen ist der öffentliche Druck zugunsten einer generellen Maskenpflicht aber stark gewachsen. In den Niederlanden wird am 17. März ein neues Parlament gewählt. „Sobald es rechtlich möglich ist, müssen alle Menschen, die älter als 13 Jahre sind, in Innenräumen einen Mundschutz tragen“, kündigte Rutte am Dienstag an. „Wir wollen das ein für alle Mal regeln.“

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