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#Heinrich Brauß über das Versagen der russischen Armee

„Heinrich Brauß über das Versagen der russischen Armee“

Herr Brauß, viele dachten, Russland werde diesen Krieg schnell gewinnen. Sie auch?

Morten Freidel

Redakteur in der Politik der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung

Ich glaube, sehr viele haben die russische Armee aufgrund der Informationen, die wir bis Kriegsbeginn hatten, und der Einschätzung ihrer nominellen Kampfkraft überschätzt. Nach meinem Eindruck jedenfalls die große Mehrheit der Analysten.

Wie konnte das passieren?

Wir haben angenommen, dass die russische Armee modern und kampfstark ist, gut ausgebildet und ordentlich geführt wird. Die Russen haben nach eigenen Angaben 900 000 Soldaten, davon weit über 300 000 Heeres- und Luftlande­kräfte. Wenn man von der schieren Zahl ausgeht, dann ist die russische Armee der ukrainischen weit überlegen.

Heinrich Brauß ist Generalleutnant a.D. der Bundeswehr. Bis Juli 2018 war er Beigeordneter NATO-Generalsekretär für Verteidigungspolitik und Streitkräfteplanung in Brüssel und Vorsitzender des Defence Policy and Planning Committee des Nordatlantikrats.


Heinrich Brauß ist Generalleutnant a.D. der Bundeswehr. Bis Juli 2018 war er Beigeordneter NATO-Generalsekretär für Verteidigungspolitik und Streitkräfteplanung in Brüssel und Vorsitzender des Defence Policy and Planning Committee des Nordatlantikrats.
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Bild: privat

Manche Schwächen der russischen Armee waren aber bekannt. Sie hat starre Hierarchien, korrupte Offiziere. Wäre das nicht ein Grund gewesen, die russische Kampfkraft vorsichtiger einzuschätzen?

Nein, man kann kaum vorhersagen, wie sich das in einem Krieg auswirkt. Außerdem musste man grundsätzlich doch davon ausgehen, dass die russische Armeeführung einen solchen Feldzug professionell plant, sich auf unterschiedliche Szenarien und Lageentwicklungen einstellt und dabei vor allem auch durchgängig die Logistik für die Verbände sicherstellt; dass es also genug Munition, Treibstoff, Verpflegung für die Soldaten gibt und deren medizinische Versorgung im Gefecht für eine längere Zeit und nicht nur für die ersten Kilometer. Aus rein militärischer Per­spektive muss man dies annehmen, wenn die hochgerüstete Armee einer nuklearen Großmacht nach langer Vorbereitung ein anderes Land angreift.

Dass das offenbar nicht in dem erforderlichen Maß geschehen ist, hat niemand ahnen können. Offenbar ging die russische Armeeführung davon aus, sie könnte in wenigen Tagen Kiew erobern. Eine völlig falsche Beurteilung des Verteidigungswillens und der Fähigkeit der ukrainischen Streitkräfte, die sich seit acht Jahren vorbereitet haben.

Im ersten Irakkrieg griff eine Koalition unter Führung der Amerikaner mit fast einer Million Soldaten den Irak an. Sind für einen Krieg dieser Größenordnung 200 000 russische Soldaten einfach zu wenig?

Nicht unbedingt, denn mindestens so wichtig wie Umfang und Ausrüstung sind das militärische und politische Ziel und die Kunst der Operationsführung, die Ausbildung und Motivation der Truppe. Der Aufmarsch der Russen in einem großen Halbkreis um die Ukraine war eigentlich dazu angetan, mit schnellen Stößen in die Tiefe des Raums die verteidigende Armee zu umgehen, einzuschließen und auszuschalten. Jeder, der etwas von militärischer Operationsführung versteht, musste annehmen, dass die ukrainischen Verteidigungskräfte weit auseinandergezogen würden und keinen klaren Schwerpunkt bilden könnten, weil sie nicht überall zugleich sein können.

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Ich bin zum Beispiel davon ausgegangen, dass Putin die Ukrainer an mehreren Stellen bindet und sich dann darauf konzentriert, den ganzen Donbass zu nehmen und eine Landbrücke zur Krim herzustellen, statt die großen Städte anzugreifen. Er hätte dann die Stellung halten und Friedensverhandlungen anbieten können mit dem Ziel, die Kontrolle über die eroberten Gebiete zu behalten und dadurch die Regierung in Kiew zu stürzen und durch moskaufreundliche Vertreter zu ersetzen. Dass er dagegen einen so großräumigen, mit weitreichenden Zielen und großem Risiko verbundenen Krieg führen würde, um das ganze Land zu unterwerfen und zu kontrollieren, habe ich nicht erwartet. Dafür sind 200 000 Mann viel zu wenig.

Sie haben eben von einer modernen Armee gesprochen. Haben die Fachleute sich blenden lassen von Entwicklungen wie der russischen Hyperschallrakete, statt zu schauen, was die Armee wirklich kann?

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