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#Herr Rosa sucht das Glück

Herr Rosa sucht das Glück

Der Ingenieur und das geltende Recht: keine leichte Beziehung. Giorgio Rosa (Elio Germano) hat für sein Examen jedenfalls ein Auto gebaut. Es sieht nicht aus, wie Autos im Italien der sechziger Jahre aussehen, und was entwarf man damals nicht für traumhaft funkelnde Karosserien. Giorgios Auto ist ein Motor mit Rädern, nichts glänzt, hat Farbe, von Design keine Spur. Aber das Konstrukt fährt, und Ex-Freundin Gabriella (Matilda De Angelis) passt auch noch hinein.

Das geltende Recht meldet sich in Form der Polizei von Bologna, die ihre altersschwache Sirene aufheulen lässt. Keine Zulassung, kein Führerschein, der Tüftler, beschwipst ist er auch, wird verhaftet und muss von seinem kopfschüttelnden Vater Ulisse (Andrea Pennacchi) aus dem Polizeigewahrsam abgeholt werden. Schlimmer: Die Zuneigung von Gabriella, die sich gerade wieder für ihn zu erwärmen schien, scheint endgültig dahin: Er könne doch nicht immer so tun, als ob ihm die Welt gehöre, schnaubt die Juristin.

Capito, Giorgio versteht: Was er braucht, ist eine Welt, die ihm tatsächlich gehört. Im italienischen Feelgood-Movie „Die unglaubliche Geschichte der Roseninsel“, der auf einer wahren Geschichte beruht (wahr mutmaßlich im selben offenen Maße, wie auch ein „The Crown“, „Atlantic Crossing“ oder „Babylon Berlin“ die historische Wahrheit auslegt), baut sich der Ingenieur eine Insel im Meer, sechs Seemeilen vor Rimini und damit in internationalen Gewässern.

Eine Insel im Meer, sechs Seemeilen vor Rimini

Die zündende Idee kommt Giorgio, als er bei einem Motorradrennen in Imola den Werbeslogan einer Ölfirma sieht: „Le nostre piattaforme, la vostra energia, la tua liberia.“ Unsere Bohrinsel, eure Energie, deine Freiheit. Studienfreund Mauricio (Leonardo Lidi), für jeden Unsinn zu haben, und Giorgio, der Tüftler, beginnen, eine Plattform mit wassergefüllten Säulen zu planen.

Eine freche Geschichte, ein zweistündiges Vollbad in Sachen Optik und Akustik dieser Zeit: Wir schreiben das Jahr 1968, und die Sehnsucht nach Ungezwungenheit knallt ungebremst auf Konservatismus, Konformismus und Kirche. Der von Elio Germano als wuschelköpfiges Genie mit Sockenschuss verkörperte Giorgio ist dabei, streng genommen, weder der Erste noch der Letzte mit der Idee einer unabhängigen Insel: Paddy Roy Bates etwa gründete 1967 die Mikronation Sealand auf einer verlassenen Militärplattform in der Nordsee. 1972 versuchte der Millionär Michael Oliver die Republikgründung auf einer künstlichen Insel bei Tonga, und noch heute – fünfhundert Jahre nach Thomas Morus’ „Utopia“ – träumt das libertäre „The Seastaedis Institute“ in Kalifornien von politisch unabhängigen schwimmenden Städten.

Aber das ist egal, denn die Drehbuchautoren Francesca Manieri und Sydney Sibilia wollen einfach die Geschichte eines Träumers erzählen, der es am Ende mit den Bordkanonen eines Kriegsschiffs und Spezialeinheiten zu tun bekommt, die seine Plattform in die Luft jagen wollen. Sagt der Admiral: „Laden Sie die Kanone. Ich will zum Essen wieder zu Hause sein.“

Eingehängt wird die betont kulissen- und damit märchenhaft inszenierte Geschichte der Plattform in einen Besuch Rosas beim Europarat in Straßburg. Es ist Winter, Kameramann Valerio Azzali („Gomorrha“) zeigt das strenge Interieur des Gebäudes, als arbeite er an einem surrealen Kunstwerk für Roy Anderson, und schon sehen wir im Foyer den frierenden Giorgio: Er hofft bei klirrender Kälte seit Tagen darauf, sich als Staatsoberhaupt vorstellen und die Anerkennung seiner Insel erreichen zu können.

Auf einer zweiten Zeitschiene im italienischen Sommer heckt Giorgio den Freistaatsplan aus. Sein Gebilde ist anfangs nicht vor Wind und Wetter geschützt, der schmächtige Ingenieur wirkt beim ersten Übernachtungsversuch auf dem Meer wie eine der Puppen, die 1989 im oscargekrönten Trickfilm „Balance“ nicht von einer schwankenden quadratischen Plattform zu stürzen versuchten.

Aber bald gibt es Mauern und mehr. Ein geschäftstüchtiger Deutscher namens Neumann (Tom Wlaschiha), der im Krieg desertierte und als Pressesprecher der Region Riviera Romagnola ganz genau weiß, was lebenslüsterne Menschen im Jahr 1968 so suchen, lässt die „Roseninsel“ zum Ziel von Partytouristen werden: Cynar, Sangria und Disko bis zum Abwinken. Die rechtliche Unabhängigkeit, die zwanzig Minuten Bootsfahrt vor Rimini zu Szenen führt, die Politik und Vatikan gleichermaßen erzürnen, wird durch eigene Briefmarken, eine eigene Währung, eine eigene Sprache und Amtstitel betont. Zum operntauglichen Finale, so viel darf verraten werden, weil es die melancholische Note des Films unterstreicht, geht Giorgios Staat unter. Aber die Abwendung der Geliebten und sein gestörtes Verhältnis zum Vater, einem für Ducati tätigen Malocher, der von den spinnerten Projekten seines Sohnes eigentlich die Nase voll hat und sogar für sie leiden muss: die scheinen nun korrigiert. Das Wetter auf Netflix also wie so oft: heiter bis wolkig.

Die unglaubliche Geschichte der Roseninsel läuft bei Netflix.

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