Nachrichten

#Hilfe, die unter die Haut geht

Hilfe, die unter die Haut geht

Die Pandemie hinterlässt Spuren. Überall müde, erschöpfte Gesichter. Im Spiegel ebenso wie auf den Bildschirmen während der endlosen Videokonferenzen. Manch einer hat sich schon einen gnädigen Filter herbeigewünscht, der die Konturen weich zeichnet. Andere wollen sich mit dem neuen Ist-Zustand nicht abfinden und wenden sich hilfesuchend an Menschen wie Julia Berkei. Sie ist Schönheitschirurgin, ihr Beruf ist die Selbstoptimierung anderer. Seit Monaten hat sie mehr zu tun denn je, ihre Warteliste ist lang. Anfangs sei sie überrascht gewesen, wie sehr die Nachfrage nach ihren Diensten in Corona-Zeiten stieg, sagt sie. Mittlerweile kann sie den Andrang verstehen.

Monika Ganster

Einen Grund für die Unzufriedenheit mit dem äußerlichen Selbstbild sieht Berkei in den vielen Videokonferenzen, in denen man nicht nur die Gesichter der Kollegen, sondern auch sein eigenes ungewöhnlich lange im Blick hat: „Wir sind stundenlang mit unserem Spiegelbild konfrontiert. Am Bildschirm wird manches sogar noch vergrößert, die Wahrnehmung ist fokussiert“, beschreibt sie die Ausgangslage.

Doppelkinn und hängende Augenlider

Statt auf den Vortrag des Chefs konzentriert man sich also fast gezwungenermaßen auf all die Einzelheiten, die man morgens im Badezimmer nur kurz anblinzelt: hängende Oberlider, das sich abzeichnende Doppelkinn, Fältchen im Gesicht. Berkei hat in den vergangenen Monaten festgestellt, dass in ihrer Praxis verstärkt kosmetische Behandlungen der Augenpartie und der Stirn nachgefragt wurden, bei denen sie oftmals auch ohne Skalpell auskommt – anders als beim Doppelkinn, an dem sich aber auch immer mehr ihrer Patienten sattgesehen haben: Die Nachfrage nach entsprechenden Behandlungen zur Straffung der Gesichtskonturen hat der Medizinerin zufolge ebenfalls um 25 bis 30 Prozent zugenommen.

Dabei ist es offenbar weniger eine grassierende Unzufriedenheit mit dem Äußeren, die viele Frauen und wenige Männer in Berkeis Praxis führt, sondern vor allem die besondere Gelegenheit, die sich für Schönheitsbehandlungen in Corona-Zeiten ergibt: Wer abends nicht ausgehen kann und tagsüber mit Maske unterwegs ist, kann die vorübergehenden Folgen einer Operation leichter als sonst verbergen. Die Gelegenheit sei aber auch aus einem anderen Grund günstig, sagt die Ärztin: Ihre Patienten hätten ihr auch davon berichtet, dass sie sich mit ihrem ungenutzten Urlaubsgeld eine optische Auffrischung gönnen wollten.

Ehrlich auf Instagram

Der Berufsverband bestätigt in seiner jüngsten Mitgliederbefragung Berkeis Beobachtungen: Die Vereinigung der ästhetisch-plastischen Chirurgen (VDÄPC) hat ihre Mitglieder gefragt, welche Gründe für eine Schönheits-OP die Patienten im Jahr 2020 genannt haben. Auf Platz eins liegt die Maskenpflicht (15,6 Prozent), dahinter rangieren das Homeoffice (14,5 Prozent) und die Videokonferenzen (3,9 Prozent). Die Zahlen des VDÄPC legen auch ein deutlich gesteigertes Interesse von Männern an Veränderungen offen: Sie haben offensichtlich die Unterlidstraffung (ein Plus von 105,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr) und Hyaluronbehandlungen (Plus 25 Prozent) für sich entdeckt. Bei sogenannten minimalinvasiven Behandlungen mit Fillern wie Hyaluron oder Botulinumtoxin, bekannt als Botox, werden Substanzen unter die Haut gespritzt, um eingesunkene oder faltige Hautpartien von innen aufzupolstern.

Was für manche auf keinen Fall in Frage kommt, ist für Berkei die Voraussetzung ihres Berufs: dass es in Ordnung ist, sein Gesicht verändern zu lassen. Die Zweiundfünfzigjährige zeigt am eigenen Beispiel die weniger ansehnlichen Zwischenschritte einer Behandlung: Auf Instagram präsentiert sie sich entwaffnend offen mit krebsrotem Gesicht nach einer Laserbehandlung, Folgen einer Schälkur der obersten Hautschicht. „Ich finde es wichtig, damit offen umzugehen“, sagt sie.

Mit 3D-Simulation zur Wunsch-Nase

Doch nicht nur die Beschäftigung mit dem eigenen Gesicht führt Patienten ins Wartezimmer der Ärztin an der Goethestraße. Auch die angesetzten Corona-Kilos stören viele, und sie lassen sich mit einer Fettabsaugung an Hüfte und Bauch helfen. Laut Umfrage der VDÄPC unter ihren Mitgliedern war die Fettabsaugung bei Frauen die am häufigsten verlangte Schönheits-OP im Jahr 2020, während es bei Männern die Oberlidstraffung war.

Berkeis Spezialität ist die Nasenkorrektur, eine Operation, deren Narben unter einer Gesichtsmaske besonders unauffällig abheilen können. Die Patienten dafür sind im Schnitt jünger, manche erst Anfang 20, und ihr Entschluss ist häufig schon über Jahre gereift. „Eine Frau hatte bereits mit ihrem Kommunionsgeld angefangen, für eine Operation zu sparen, am Ende haben die Eltern den Rest dazugelegt“, erinnert sich die Chirurgin, die auch beobachtet hat, dass sich die Patienten unter Umständen ein falsches Bild von der Nasenmodellierung machen. Mit Hilfe neuer 3D-Simulationsprogramme kann Berkei ihnen dann zeigen, wie sie mit einer operativ veränderten Nase aussehen würden. Das erleichtert oftmals die teure Entscheidung, die ein Leben lang gefallen soll. Nasenkorrekturen können 5000 bis 10.000 Euro kosten, Klinikaufenthalt inklusive.

Allerdings bekommt nicht jeder Patient tatsächlich die Behandlung, die er sich gewünscht hat: Einen Patienten, der schon fünf Nasenoperationen hinter sich hatte, hat die Ärztin abgewiesen. „Die Nase sah gut aus, ich habe ihm eine weitere OP ausgeredet. Das bin ich meinen Patienten schuldig.“

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!