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#Hilfe für die Seele im Kampf gegen den Krebs

„Hilfe für die Seele im Kampf gegen den Krebs“

Wenn Bianca Senf erklären soll, wie sie zur Psychoonkologie fand, erinnert sie sich an die fünfjährige Leukämiepatientin Rashida, die sie in den Achtzigerjahren als Krankenschwester auf einer Kinderstation betreute. „Damals hat man Erwachsene, aber vor allem auch Kinder, im Unklaren gelassen oder sie über die Schwere ihrer Erkrankung belogen“, sagt Senf. „Rashida hat viele Andeutungen über ihre Angst zu sterben gemacht, aber wir durften das Thema Tod laut der verantwortlichen Oberärztin nicht aufgreifen, und so blieb die Kleine, wie viele andere Kinder auch, allein mit ihrer Angst. Das hat mich sehr bedrückt.“

Eine Erfahrung, aufgrund derer die junge Krankenschwester damals beschloss, Medizin zu studieren. Nach einem Psychologie- und Soziologiestudium in Bielefeld und vielen Berufsjahren als Psychoonkologin in der Krebsgesellschaft und an Krankenhäusern wurde Bianca Senf tatsächlich in Medizin promoviert – mit Anfang 50. „Das war ein steiniger Weg“, sagt die Frankfurterin, die sich Dr. rer. med. nennen kann. Ihre Doktorarbeit schrieb sie über die psychosoziale Belastung von Krebspatienten in akutstationärer Behandlung.

Die heute 62 Jahre alte Frau hat in der Psychoonkologie, der psychologischen Betreuung Krebskranker und ihrer Angehörigen, Pionierarbeit geleistet. Sie baute nicht nur eine Beratungsstelle der Deutschen Krebsgesellschaft im Main-Kinzig-Kreis auf, sondern auch die psychoonkologische Abteilung zunächst am Markuskrankenhaus und später am Universitätsklinikum Frankfurt.

Hoffen auf akademische Anerkennung

Seit dem vergangenen Wintersemester ist die Psychologin und Psychotherapeutin abermals Wegbereiterin – als erste Professorin für Psychoonkologie in Deutschland. Die Evangelische Hochschule Darmstadt hat Bianca Senf auf den neuen Lehrstuhl berufen, der von der Carls Stiftung in Königstein vorerst fünf Jahre lang finanziert wird. Das Ungewöhnliche daran: In anderen Hochschulen ist das Fach meist der Psychosomatik angegliedert. „Das ist aber etwas ganz anderes als eine eigenständige Professur, die Psychoonkologie lehrt“, erläutert Senf. Damit erhält ihr Fachgebiet die erhoffte akademische Anerkennung. Die Bedeutung der Psychoonkologie sei unstrittig, „doch noch immer findet sie sich nicht in allen Versorgungsstrukturen in der Regelfinanzierung der Krankenkassen wieder“, bedauert die Professorin.

Bianca Senf


Bianca Senf
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Bild: privat

Dabei ist für Senf die psychologische Betreuung von Menschen, die die Dia­gnose Krebs zu bewältigen haben, ein ebenso wesentlicher Bestandteil der Behandlung wie die medizinische Hilfe. „Krebs ist eine potentiell lebensbedrohliche Erkrankung, die ein erhebliches emotionales Management braucht und die Begleitung der ganzen Familie.“ Es sei wichtig, dass jemand, der außerhalb der Familie stehe, „die Betroffenen an die Hand nimmt, sie unterstützt und auch erfasst, was es bedeutet, so krank zu werden“. Körper und Geist bildeten eine Einheit. In der Psychoonkologie sieht die Professorin eine Art Erste Hilfe für die Seele, die ebenso zur Genesung beitragen könne wie medizinische Therapien.

Ein Ansatz, den sie ihren Studenten in Darmstadt seit dem Wintersemester vermittelt. Die Stiftungsprofessur einzurichten war nicht leicht. Mehrere Hochschulen und Universitäten hatte die Carls Stiftung angefragt. Viele hatten sofort Interesse, doch eine neue Professur samt dazugehörigen Strukturen zu schaffen ist ein langer Prozess. Die meisten Hochschulen sind große Gebilde, tun sich schwerer als die kleine Evangelische Hochschule Darmstadt mit ihren rund 1700 Studenten in Pflege-, Gesundheits- und sozialen Studiengängen. „Die EHD war wohl von Beginn an offen, hat das Vorhaben sehr befürwortet und den Fuß aufs Gas gestellt“, so Senf.

„Eine völlig neue Facette“

Präsident Willehad Lanwer erklärt das mit der Ausrichtung der Evangelischen Hochschule: „Die Hinwendung zu anderen ist einer der zentralen Werte, die wir unseren Studierenden vermitteln.“ Für die Vorsitzende der Carls Stiftung, Ulrike Soeffing, ist die psychoonkologische Beratung „ein wichtiger Pfeiler moderner Krebstherapie“. Entsprechende Projekte fördere man seit Jahren. „Mit der Stiftungsprofessur wollen wir dieses Beratungswissen Studierenden in Pflege- und Gesundheitsstudiengängen zugänglich machen und die Akademisierung voranbringen.“ Laut Dekan Gunnar Nielsen ermöglicht der Lehrstuhl „eine völlig neue Facette in unseren Curricula“.

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Im Studiengang Pflege und Gesundheitsförderung wird Senf von April an Vorlesungen über Psychoonkologie halten, die auch Studenten anderer Fächer wie Soziale Arbeit und Beratung offenstehen sollen. Perspektivisch ist zudem der Aufbau einer psychoonkologischen Beratungsstelle geplant, damit Studierende das Gelernte gleich in der Praxis anwenden können.

Das neue Lehr- und Forschungsangebot kommt offenbar an. Das Interesse an Vorträgen sei auch außerhalb der Hochschule groß und sie habe schon mehrere Anfragen für die Betreuung von Bachelor- und Masterarbeiten, sagt Senf. Sie wertet das als erste Erfolge der neuen Professur.

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