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#Acht gegen Netanjahu

Acht gegen Netanjahu

Schon am Morgen nach der großen Einigung hatte Naftali Bennett alle Hände voll zu tun, seine kleine Fraktion zusammenzuhalten. Der Vorsitzende der rechten Jamina-Partei könnte Israels nächster Ministerpräsident werden, mit kaum mehr als fünf Prozent der Wählerstimmen und im Verbund mit sieben anderen, ideologisch weit auseinanderliegenden Parteien aus dem rechten, zentristischen, linksliberalen und sogar islamistischen Lager des Landes. Die Bündnispartner haben sich allein zu dem Zweck zusammengefunden, den amtierenden Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu abzulösen und die über zwei Jahre dauernde Regierungskrise mit ständigen Wahlen und ohne Haushalt zu beenden. Das bleibt kompliziert.

Jochen Stahnke

Politischer Korrespondent für Israel, die Palästinensergebiete und Jordanien mit Sitz in Tel Aviv.

Der Generalstaatsanwalt wies eine Spezialeinheit des Inlandsgeheimdienstes an, Bennett und dessen Privathaus in Raanana zu beschützen. Nicht allein, weil Bennett bald Regierungschef werden könnte, sondern weil die Drohungen gegen ihn und andere Mitglieder der designierten Koalition mittlerweile ein gefährliches Ausmaß angenommen haben. Insbesondere Abgeordnete der siedlernahen Jamina werden als Verräter beschimpft, selbst von Morddrohungen ist die Rede. Bennett hatte im Wahlkampf versprochen, keine Koalition mit dem „linken“ Zentrumspolitiker Jair Lapid einzugehen, was Netanjahu ihm jetzt vorwirft. Netanjahus 29 Jahre alter Sohn Jair nannte Bennett „Abschaum“.

Die parlamentarische Abstimmung über die neue Regierung wird knapp

Lapid führte bislang die Opposition und hat von allen Parteien der neuen Koalition mit 17 die bei weitem meisten Sitze in der 120 Abgeordnete umfassenden Knesset. Er machte Bennett den Beitritt zur Koalition schmackhaft, indem er ihm für die ersten zwei Jahre das Ministerpräsidentenamt anbot. Lapid soll währenddessen Außenminister werden, bevor er anschließend gemäß der Rotationsvereinbarung selbst Regierungschef wird – wenn die Regierung so lange hält und falls sie überhaupt zustande kommt.

Denn die Einigung kurz vor Ende der vorgegebenen Frist am Mittwoch um Mitternacht war nur der erste Schritt zu einer neuen Regierung. Es bedarf dafür noch einer parlamentarischen Abstimmung, und die wird knapp. Schon bevor Bennett den Vertrag unterzeichnete, hatte ein Jamina-Abgeordneter die Fraktion verlassen, womit das Acht-Parteien-Bündnis nur noch die sehr knappe Mehrheit von 61 Sitzen hat.

Zudem gibt es weiter Uneinigkeit über die Frage, wann die entscheidende Abstimmung anberaumt wird. Der Knesset-Präsident kann über den Zeitpunkt innerhalb einer gesetzten Frist entscheiden, und diesen Posten hält ein Vertrauter Netanjahus. Als Lapids Partei Jesch Atid jetzt die Unterschriften von 61 Abgeordneten einreichte, um eine Neuwahl des Knesset-Präsidenten am kommenden Montag zu erreichen, zog ein weiterer Abgeordneter von Bennetts Partei seine Signatur zurück. Das Gesetz verlangt die Wahl eines Knesset-Präsidenten, bevor die Abstimmung über eine neue Regierung erfolgen kann. Berichten zufolge kann die Wahl des Knesset-Präsidenten formal bis zum 14. Juni verzögert werden. Genug Zeit für Bennett einerseits, Mehrheiten in seiner eigenen Partei zu organisieren, andererseits aber auch Zeit für Netanjahu, weitere Abtrünnige zu finden.

Eine arabische Partei in der Regierung hat es in Israels Geschichte noch nicht gegeben

Ein schon jetzt historisches Foto der Koalitionsverhandlungen könnte Netanjahu dabei helfen, jedenfalls lässt der amtierende Ministerpräsident es eifrig verbreiten. Es zeigt die entscheidenden drei Protagonisten der möglichen neuen Regierung vor dem Koalitionspapier: Lapid, den Zentristen, Bennett, der für die Annexion besetzter Gebiete im Westjordanland eintritt, sowie den Vorsitzenden der kleinen arabischen Raam-Partei, Mansour Abbas.

Breite Koalitionen haben das parlamentarische System Israels immer geprägt. Doch den Regierungseintritt einer arabischen Partei, noch dazu einer aus dem islamistischen Spektrum, hat es in der Geschichte noch nicht gegeben. „Die Entscheidung ist schwergefallen“, sagte Mansour Abbas im Konferenzhotel von Ramat Gan. „Es gab einige Meinungsverschiedenheiten.“ Doch wolle man eine Regierung, die „allen Bürgern des Landes dient, auch den arabischen Bürgern“. Einen Ministerposten soll Raam nicht bekommen, dafür Sitze in wichtigen Ausschüssen und Zugeständnisse in Verteilungsangelegenheiten. Über die Einzelheiten des Koalitionsvertrags wird weiter verhandelt.

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