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#„Ich habe ja noch Zeit“

„Ich habe ja noch Zeit“

Der Sprung an die Spitze kam unerwartet. Irgendwann will sich Lisa Zimmermann dort natürlich etablieren. Dafür schuftet die Roßdorferin jeden Tag mehrere Stunden in der Kunstturnhalle. Doch dass die 18-Jährige bei den deutschen Meisterschaften der Aktiven schon in diesem Jahr einen Titel gewinnen würde, das hätte sie nicht gedacht.

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Ausdrucksstark und elegant präsentierte sie am vergangenen Sonntag in der Dortmunder Westfalenhalle ihr Boden-Programm. Andere aus der Elite der nationalen Bewegungskünstlerinnen zeigen höhere Schwierigkeiten. Doch einige Konkurrentinnen, die in der Qualifikation vor der Hessin lagen, hatten ihre Teilnahme an der Medaillenentscheidung abgesagt; die anderen konnte Zimmermann, die so überhaupt erst als Nachrückerin zu ihrem Vortrag kam, hinter sich lassen.

„Mir fehlen die Worte“, kommentierte die glückliche Gewinnerin ihren Erfolg, dem am Tag zuvor Platz zwei im Sprung vorausgegangen war. Das doppelte Edelmetall linderte die Enttäuschung über einen Mehrkampf mit Fehlern, der die ehrgeizige Sportlerin nicht zufriedenstellte. Im Hinterkopf hatte die Europameisterschaftsfinalistin von 2019 gehabt, sich bei dieser ersten nationalen Qualifikation für die Olympischen Spiele in Tokio zu empfehlen. Nach einem siebten Platz im Vierkampf schrieb sie diese Möglichkeit schon fast ab; nur ein Quartett bildet die Riege für das Großereignis in Japan.

Linker Fuß

Am Dienstag musste Zimmermann sich dann auch vom Rest der Hoffnung verabschieden: Der linke Fuß, der der Teilnehmerin der Olympischen Jugendspiele 2018 in Buenos Aires auch nach einer Operation im Dezember noch Schmerzen bereitet, soll noch einmal unters Messer. Eine Verwachsung, die erst jetzt entdeckt wurde, könnte schuld daran sein, dass das Gelenk nicht zur Ruhe kommt.

Der zweite und entscheidende Test für die Nominierung der Olympia-Auswahl des Deutschen Turner-Bundes, der am Samstag in München ausgerichtet wird, findet ohne Zimmermann statt. Der Blick der Schülerin richtet sich nun auf einen möglichen Einsatz bei den Weltmeisterschaften im Oktober in Kitakyushu und langfristig auf die nächsten Olympischen Spiele 2024 in Paris. „Ich habe ja noch Zeit“, spricht Lisa Zimmermann sich selbst Mut zu.

Die Vorbereitung auf die Wettkampfsaison war diesmal sowieso alles andere als optimal. Nicht allein der Verletzung wegen, die sie zwang, das tägliche Übungsprogramm von den jeweiligen Beschwerden abhängig zu machen. Die junge Sportlerin ist seit einem halben Jahr auch in psychischer Hinsicht stark belastet.

Nachdem das Talent 2017 nach Chemnitz umgezogen war, weil an ihrem vorherigen Stützpunkt in Frankfurt kein ausreichend qualifiziertes Trainerpersonal mehr zur Verfügung stand, konnte sie sich unter Cheftrainerin Gabriele Frehse und den perfekten Bedingungen in Sachsen rasant weiterentwickeln und reifte zur Nationalturnerin. Im vergangenen November berichtete das Nachrichtenmagazin Der Spiegel erstmals von Vorwürfen der früheren Schwebebalkenweltmeisterin Pauline Schäfer und anderer Turnerinnen gegen Frehse.

Es ging um mentale Demütigung, Training unter Schmerzen und die Vergabe von verschreibungspflichtigen Medikamenten ohne ärztliche Verordnung. Lisa Zimmermann war klar, dass dies nicht ohne Folgen bleiben würde. Gabriele Frehse schreibt ihr weiterhin die Trainingspläne und steht zweimal in der Woche aufgrund eines Übungsleitervertrags zusammen mit einem Schulpädagogen in der Halle. Ihr Hauptarbeitgeber, der Olympiastützpunkt, hat ihr zum 30. April gekündigt. Die Topathletinnen werden von den verbliebenen Trainern mitbetreut. „Wegen der kleineren Turnerinnen haben die nicht so viel Zeit“, sagt Zimmermann. So korrigieren sich die Älteren am Schwebebalken oft untereinander.

„Niemand kann sie ersetzen“

Immer wieder reist Bundesnachwuchstrainerin Claudia Schunk an, um die Kaderathletinnen zu unterstützen, und die Aktiven werden zusätzlich zu Lehrgängen nach Frankfurt eingeladen, die nicht ihrer Altersgruppe entsprechen. „Es wird viel dafür getan, dass es uns gut geht“, sagt Lisa Zimmermann. Auch seitens der Pädagogen im Internat und anderen Personals.

Aber so aufgehoben wie früher fühlt sie sich nicht mehr. „Gabi weiß an schlechten Tagen genau, was sie sagen muss, damit es doch noch ein gutes Training wird“, erzählt die fleißige Arbeiterin. „Niemand kann sie ersetzen.“ Die Erfahrungen der Anklägerinnen teile sie nicht. Sie könne nur für sich sprechen. „Probleme“ habe es zwischen ihr und Frehse auch gegeben. „Aber ich bin dann nach dem Training hingegangen, und wir haben sie aus der Welt geschafft.“

Lisa Zimmermann kann nachvollziehen, dass der DTB nach den schweren Vorwürfen „Maßnahmen ergreifen musste“. Aber sie hätte sich „eine andere Lösung“ gewünscht. Den Glauben daran, dass Gabriele Frehse, die juristisch gegen ihre Kündigung vorgeht, irgendwann wieder ganz in die Halle zurückkehren darf, will sie nicht aufgeben. „Ich bin mit Gabi erfolgreich geworden und würde den Weg deshalb gerne mit ihr weitergehen.“

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