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#Einwanderungsrecht: Vorrang für Fachkräfte

Die letzten Windungen der Ampelparteien im Ringen um das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz haben noch einmal Eindrücke davon geliefert, wie schlüssig (oder unschlüssig) ihre Aufstellungen im Umgang mit den Migrationsfragen der Gegenwart sind. Die der Grünen sind klar: Sie wollen im Prinzip offene Wege für alle, ob mit Asyl oder Arbeit als Primärziel. Die FDP tendiert zu restriktiveren Antworten auf die Asylmigration, will dafür aber noch breitere Wege für Arbeitskräfte. Und die SPD ist zwar großenteils sehr offen für Asylmigration, neigt aber am ehesten zu Abwehrreflexen, wenn es um Einwanderung in den Arbeitsmarkt geht.

Das erklärt manche Widersprüchlichkeit der vom Bundestag nun beschlossenen Reform. Insgesamt ist sie aber doch ein Fortschritt – mindestens ein erster Schritt, dem Kriterium des inländischen Bedarfs an qualifizierten Arbeitskräften in der Einwanderungspolitik einen höheren Stellenwert zu verschaffen. Bisher war es keine abwegige Zustandsbeschreibung, dass es komplizierter sei, auf dem ordentlichen Behördenweg einen Aufenthaltstitel für Fachkräfte zu erhalten, als auf dem Asylweg einen Duldungsstatus, der dann irgendwann in eine dauerhafte Bleibeperspektive übergeht.

Das neue Gesetz berührt nicht den Kern der brisanten Frage nach dem richtigen Umgang mit zunehmender Fluchtmigration. Aber es ist doch ein Signal an auch diejenigen, die nicht primär Schutz vor Krieg und Vertreibung suchen: Sich bestmöglich auf Deutschlands Anforderungen an qualifizierte Arbeitskräfte einzustellen, mit Sprachkursen und Berufserfahrung, ist aussichtsreicher als der Asylweg. Allerdings hätte das Signal noch stärker ausfallen können.

Nebenjobs mit höchstens 20 Stunden machen

In mancher Hinsicht atmet auch das neue Gesetz einen Geist der Reserviertheit ausgerechnet jenen gegenüber, die aus ökonomischer Sicht besonders willkommen sein sollten. Das zeigt sich etwa am neuen Punktesystem. Dieses ist fraglos eine wichtige Neuerung, weil es transparent abbildet, welche konkreten Anforderungen motivierte Menschen aus aller Welt erfüllen müssen, um in Deutschland ihr Glück suchen zu dürfen. Dann aber fehlte es am Zutrauen, dass sich die Qualität der Bewerber wirklich über die Höhe der Punktzahl steuern lässt.

Stattdessen ist es so: Wer die Punktehürde schafft, darf erst einmal nur Nebenjobs mit höchstens 20 Stunden machen – bis er nachweist, eine genehmigungsfähige qualifizierte Stelle gefunden zu haben, für die dann beim Ausländeramt ein neuer Aufenthaltstitel zu beantragen ist. Konsequenter wäre es, die Punktekritierien (etwa im Hinblick auf Sprachkenntnisse und berufliche Qualifikation) so anzusetzen, dass man denen, die diese Hürde schaffen, keine weiteren Restriktionen auferlegen muss. Wer sich sehr gute Sprachkenntnisse und alle Fähigkeiten für einen anspruchsvollen Beruf erworben hat, wird sich kaum in einem Billiglohnwettbewerb um Einfachjobs verzetteln. Eher sucht er seine Chancen in einem anderen Land.

Nicht schlüssig ist auch, wieso Zeitarbeitsfirmen nicht stärker zur erhofften Fachkräfterekrutierung beitragen dürfen. Dabei geht es um die sehr alltagsnahe Frage, wie etwa ein kleinerer Industriebetrieb im ländlichen Raum überhaupt vom neuen Gesetz profitieren kann: Er braucht professionelle Dienstleister mit Kontakten in alle Welt; die geeignete Bewerber finden und auf die Anforderungen vorbereiten; die sie durch die Ämter lotsen – und die den Einwanderern notfalls auch einen Alternativarbeitsplatz anbieten können, falls es doch nicht klappt wie erhofft. Sich auf einen wenig bekannten Betrieb in einer fernen Kleinstadt einzulassen, ist schließlich auch für die Umworbenen ein Risiko. Für Akademiker mit mehr als 43.800 Euro Einstiegsgehalt darf es diese Dienstleistung künftig geben.

Der Erfolg des Gesetzes hängt aber auch von Faktoren ab, die wenig mit seinen Einzelheiten zu tun haben: Die Behördenabläufe müssen endlich so funktionieren, dass nicht nur jene Bewerber genügend geduldig sind, die anderswo keine Chance finden. Und es bleibt angesichts der Belastungen durch Fluchtmigration eine Großaufgabe, in der Gesellschaft Zustimmung zu einer einladenden Fachkräfteeinwanderungspolitik zu sichern.

Ökonomisch ist dies ziemlich klar: Gerade wenn man davon ausgeht, dass die Aufnahme von Flüchtlingen neben Klimaschutz und anderen Projekten spürbare Kosten verursacht, bedarf es umso mehr einer Stärkung der Produktivkräfte in Deutschland. Nach diesem Maßstab leistet im Grunde jeder überdurchschnittlich qualifizierte Einwanderer, der beinahe nahtlos mit dem Arbeiten beginnt, einen positiven Beitrag dazu. Und mit dem Verlust an Fachkräften durch den bevorstehenden Renteneintritt der geburtenstarken Jahrgänge wird dieser Beitrag wie von selbst noch größer werden.

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