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#„Ich werde meine jungen Patienten nicht ins offene Messer laufen lassen“

„Ich werde meine jungen Patienten nicht ins offene Messer laufen lassen“

Herr Garcia, die Ständige Impf­kommission hat in dieser Woche empfohlen, nur Kinder mit Vorerkrankungen und mit einem sonst erhöhten Risiko für schwere Covid-19-Verläufe impfen zu lassen. Sie praktizieren es in Ihrer Praxis anders. Sie impfen – vorausgesetzt, Sie haben genügend Impfstoff – alle Jugend­lichen, die das wollen. Warum?

Lucia Schmidt

Redakteurin im Ressort „Leben“ der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Ich impfe alle Jugendlichen, die darum bitten. Dafür habe ich mehrere Gründe. Jugendliche leiden sehr stark und zunehmend stärker unter den bereits lange Zeit andauernden Restriktionen. Ich beobachte in meiner Praxis eine steigende Anzahl von Jugendlichen mit depressiven Verstimmungen und Rückzugstendenzen. Gesundheit ist laut WHO-Definition „ein Zustand vollständigen körperlichen, seelischen und sozialen Wohlbefindens“ und nicht nur das Freisein von Krankheit und Gebrechen. Nach über einem Jahr „Bildschirmunterricht“, der anfangs spannend war, sind längst Resignation und mangelnde Motivation eingekehrt. Von Lehrern höre ich die Aussage: „Die Schüler verlottern.“ Die Lehrer erreichen sie immer weniger.

Und die anderen Gründe?

Ein weiterer Grund ist die medizinische Situation. Tatsächlich erkranken Kleinkinder bis zu Beginn des Schulalters in der Regel mild, obwohl es da auch schwere Verlaufsformen gibt. Langzeitfolgen nach einer Covid-19-Infektion treffen immer häufiger größere Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, auch nach oft nur milder oder moderater Infektion mit dem Coronavirus. Extreme Abgeschlagenheit, Atem- und Kreislaufprobleme, Schlafstörungen und Schmerzen sind die Folgen. Wir haben nun einen von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) zugelassenen und empfohlenen Impfstoff. Hochkarätige Experten aus ganz Europa, auch Pädiater, haben dort befunden, dass der BioNTech-Impfstoff für Jugendliche ab zwölf Jahren sicher und geeignet ist. Darauf verlasse ich mich und versuche, meine jugendlichen Patienten vor Covid-19-Infektionen zu schützen.

Pedro Andreo Garcia impft in seiner Kinder- und Jugendarztpraxis – auch weil er sieht, wie Kinder und Jugendliche unter der Pandemie gesundheitlich leiden.


Pedro Andreo Garcia impft in seiner Kinder- und Jugendarztpraxis – auch weil er sieht, wie Kinder und Jugendliche unter der Pandemie gesundheitlich leiden.
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Bild: privat

Ihnen reichen also die vorhandenen Daten?

Für mich ist der von der EMA vermittelte Wissensstand absolut ausreichend, um Jugendliche ab zwölf Jahren, die dies wünschen, zu impfen.

In den USA, Israel und Kanada ­verläuft die Impfkampagne bei Jugendlichen weitestgehend ohne Probleme. Nur bei jungen Männern gibt es vereinzelt Berichte über Herzmuskelentzündungen.

Mehr als fünf Millionen Jugendliche sind problemlos und hocheffektiv geimpft worden. Ob die sehr selten berichteten Herzmuskelentzündungen etwas mit dem Impfstoff zu tun haben, ist bisher unklar. Alle Betroffenen haben sich schnell erholt. Der nationale Fokus der Kommissionen ist mir zu eng geworden. Ich habe das Gefühl, dass die „German Angst“ hier abbremst und den Jugendlichen die Wege aus der Pandemie verbauen wird. Es ist nicht zielführend, die allerletzte potentielle Nebenwirkung abwarten zu wollen. Eine ganze Reihe gängiger, nutzloser Alltagsmedikamente haben, wenn man genau hinsieht, viel schlimmere Nebenwirkungen, die von Millionen Menschen ohne Probleme in Kauf genommen werden. Kindern und Jugendlichen mit Corona-Langzeitfolgen vermag ich kaum zu helfen. Nur durch eine Impfung kann ich sie schützen. Sie ist notwendig und wichtig.

Sollten wir die psychische Belastung von Kindern und Jugendlichen bei der Impfentscheidung stärker gewichten – gerade auch mit Blick auf den Herbst? Experten sind sich einig, dass es dann eine vierte Welle geben wird.

Meiner Auffassung nach absolut. Ab Herbst wird die vierte Infektionswelle kommen, das ist unbestritten. Und es wird besonders die Ungeimpften treffen. Die aktuell neuen und auch zukünftig zu erwartenden Varianten sind bekanntlich deutlich infektiöser. Gerade für Kinder und Jugendliche, die dem Geschehen dann ungeimpft und schutzlos ausgeliefert sein werden. Als Kinder- und Jugendarzt mit mehr als 30 Jahren Berufs- und Impferfahrung werde ich meine jungen Patienten nicht in das offene Messer der kommenden Infektionswelle laufen lassen.

Wie viele Jugendliche ab zwölf Jahren haben Sie in dieser Woche geimpft?

In dieser Woche, also seit der EMA-Zulassung und der Aufhebung der Priorisierung, habe ich schon zwölf Jugendliche ab zwölf Jahren geimpft. Jugendliche ab 16 Jahren impfe ich bereits seit längerer Zeit.

Wie vertragen Ihre Patienten die Impfung?

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