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#Immer auf doppeltem Boden

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„Immer auf doppeltem Boden“

Es gibt ein neues Buch von Elfriede Jelinek. Der Rowohlt-Verlag kündigt an, dass man in „Angabe der Person“ allerhand über die Biographie der Autorin erfahren könne, was vorher noch nicht bekannt gewesen sei. Aber was bedeutet das denn eigentlich? Grundsätzlich ist es erfreulich, wenn es Neues von ihr zu lesen gibt, immerhin ist Jelinek mittlerweile 76 Jahre alt und Literaturnobelpreisträgerin.

Allerdings ist das überhaupt keine Seltenheit, da sie beinahe jedes Jahr ein neues Theaterstück publiziert (und als solches wird auch „Angabe der Person“ ab Dezember im Deutschen Theater Berlin zu sehen sein), dazu kommen Zeitungstexte, Essays und Notizen. Dies alles ist auf ihrer Website nachzulesen, unter den über 500 dort versammelten Texten wirkt ein einzelnes Buch fast nebensächlich. Derzeit jedoch ist die Website, die seit 1996 besteht, für Jelinek nicht zu bearbeiten. Ihr Ehemann, der Informatiker Gottfried Hüngsberg, hatte sie für sie angelegt und verwaltet, diesen September ist er plötzlich gestorben.

Ihre Ehe und die zugehörige Lebenspraxis, die bedeutete, dass Jelinek abwechselnd bei Hüngsberg in München und in ihrer Heimatstadt Wien wohnte, taucht gleich zu Beginn von „Angabe der Person“ als Auslöser für eine Steuerfahndung bei Jelinek auf. Das Münchner Finanzamt beschlagnahmte zahlreiche Unterlagen bis hin zu privaten E-Mails. Nachgewiesen werden sollte der Autorin, dass sie eigentlich auch in München steuerpflichtig sei und Steuern hinterzogen habe. Das Verfahren wurde letztlich eingestellt. In ihrem Buch dreht sie nun den Spieß um und radikalisiert den „Informationsaustausch“.

Nachdem sie in den Ermittlungen der Steuerfahndung zur Preisgabe von Dingen gezwungen war, die sie nicht teilen wollte, drängt sie in ihren Text nun lauter Informationen, nach denen sie vom Finanzamt nicht gefragt wurde. Ihre Lebensumstände gehen zu gleichen Teilen auf ihre persönlichen Entscheidungen zurück, wie diese Entscheidungen Ergebnisse äußerer Umstände sind. Eine Biographie, so führt „Angabe der Person“ vor, ist eine ziemlich unpersönliche Angelegenheit: Das eigene mickrige Leben wird bestimmt durch den gesellschaftsgeschichtlichen Verlauf, das Kapital und institutionell ausgeübte Gewalt. Gegen diese geht Jelinek in einer Selbstbehauptung vor, die man als Monolog ebenso wie als Roman, als Selbstgespräch oder Pamphlet lesen kann.

Biographie ist für Jelinek nicht als Psychologie interessant, sie ist hier auch nur eine Art Geschmack im Mund. Bereits auf der zweiten Seite des Buches ruft Jelinek ihre Erfahrung mit der Finanzbehörde als Fortsetzung ihrer Familiengeschichte auf: „mein mittelloser Opa im Versteck mit andren, mein Opa war ein Jammerer, unaufhörliches Geseire, hierhin wollte er nicht, dorthin wollte er nicht, in ein sicheres Drittland wollte er nicht, es hat sich ihm auch keins angeboten, ins KZ wollte er auch nicht, er war halt wählerisch, nirgendwohin wollte er, nur bleiben, wo er war, aber das ging nicht, da haben ihm die häufig wechselnden religiösen Bekenntnisse, die kein Gott je hören oder erhören wollte, auch nichts genützt. Doch Geld hatte er keins, und daher war der Zutritt zur Schweiz ihm versperrt, tut uns echt leid.“

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