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#Impfstoff gut, alles gut?

Impfstoff gut, alles gut?

Angesichts rasant steigender Infektionszahlen werden die Maßnahmen gegen das Coronavirus dieser Tage verschärft. Nun sind die Einschränkungen des öffentlichen Lebens eine Sache, die wirtschaftlichen Auswirkungen eine ganz andere. Und immer wieder heißt es: Erst mit einem Impfstoff können wir zur Normalität zurückkehren. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Bis zu einer flächendeckenden Impfaktion dauert es noch, und zuvor müssen viele Fragen geklärt werden.

Eines steht fest: Die internationale Forschergemeinde hat innerhalb weniger Monate eine immense Leistung vollbracht. Die Weltgesundheitsorganisation zählt mittlerweile rund 200 Impfstoffprojekte, davon sind etwa ein Dutzend in der dritten Studie mit zigtausend Probanden. Zwei potentielle Impfstoffe werden schon in einem beschleunigten Verfahren von der Europäischen Arzneimittelagentur bewertet. Eine oder mehrere Zulassungen könnten in den nächsten Monaten also folgen – und doch ist damit im Grunde erst einmal nur ein weiterer Zwischenschritt geschafft.

Denn bis jeder, der geimpft werden will, auch geimpft werden kann, wird es noch lange dauern. Viele Impfstoffhersteller fahren zwar seit längerem ihre Produktion hoch, auf eigenes Risiko, ohne zu wissen, ob ihr Produkt erfolgreich sein wird. Dennoch werden die Dosen nicht direkt ausreichen. Das muss seitens der Unternehmen und der Politiker auch klar gesagt werden, weil sonst falsche Hoffnungen geweckt werden.

Wer wird zuerst geimpft und wer geht zunächst leer aus?

Es ist nun Aufgabe der Behörden und Institutionen zu entscheiden, welche Gruppen zuerst geimpft werden können und sollen und wer im Umkehrschluss zunächst leer ausgeht. Priorität müssen sicher medizinisches Personal und Pflegekräfte haben, die durch ihre Arbeit zwangsläufig einem höheren Risiko ausgesetzt sind. Doch wer kommt danach? Lehrer, Angestellte im öffentlichen Dienst, Zug- und Flugbegleiter, die beruflich ebenfalls viel Kontakt mit wechselnden Personengruppen haben? Ältere, Menschen mit Vorerkrankungen? Oder eher die Jüngeren, die somit die Risikopatienten nicht mehr so stark gefährden würden? Erschwerend kommt hinzu, dass nicht jede Impfung gleichermaßen für jedermann geeignet und verträglich sein wird. So gibt es zur Wirkung auf Kinder bislang erst wenige Studien.

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Bei der wichtigen Verteilungsfrage kommt es darauf an, transparent nach einer Lösung zu suchen und nicht in nationalen Aktivismus zu verfallen. Die reichen Länder sichern sich schon seit Monaten Hunderte Millionen Dosen bei den am weitesten fortgeschrittenen Unternehmen, entweder über direkte Kontrakte oder starke finanzielle Unterstützung der klinischen Entwicklung und des Produktionsausbaus. Daneben gibt es durchaus auch Initiativen und Verbünde für ärmere und kleinere Länder, wie beispielsweise Covax, die solchen Nationen den Zugang sichern wollen. Viele Länder, darunter auch Deutschland, haben schon Finanzierungszusagen gemacht. Auch viele Pharmaunternehmen beteiligen sich daran. Doch wichtige Nationen wie die Vereinigten Staaten, Russland und China sind bislang nicht dabei.

Der Preis darf nicht alles entscheidend sein

Ohnehin stellt sich die Frage, was es überhaupt noch zu verteilen gibt, wenn sich reiche Nationen vorab versorgt haben. Eine besondere Verantwortung haben Pharmakonzerne und reiche Länder ebenso bei der Frage des Preises einer Impfung. Sie darf nicht die (allein) entscheidende sein, sonst ist eine Pandemie in einer globalisierten Welt nur schwer zu besiegen.

Was ebenfalls nicht vergessen werden darf: Ähnlich wie eine Grippeschutzimpfung wird auch ein Corona-Vakzin nicht jeden schützen, sondern nur einen bestimmten Prozentsatz. Die amerikanische Zulassungsbehörde FDA beispielsweise hat einen Mindestwert für die Wirksamkeit von 50 Prozent vorgegeben. Natürlich arbeiten die Unternehmen intensiv daran, eine möglichst hohe Wirksamkeit für eine breite Masse zu erzielen. Dazu werden sicher auch die Erkenntnisse der nächsten Monate und Jahre dienen, in denen sich zudem zeigen wird, wie lange die Immunität vorhält. Aber es ist mitnichten so, dass mit der Zulassung erster Impfstoffe alles überwunden ist, wie oft suggeriert und aus Unkenntnis erwartet wird.

Keine Frage, in diesen Zeiten ist es wichtig, Zuversicht zu wecken. Es wird Impfstoffe und Medikamente geben, um die Pandemie einzudämmen. Doch übertriebene Versprechungen können zur öffentlichen Erwartung eines baldigen Allheilmittels führen – und darüber zu voreiligem Leichtsinn im Umgang mit der Pandemie. Nationaler Aktionismus, so hat sich in Amerika, Russland und anderen Ländern gezeigt, kann auch nach hinten ausschlagen und zu Skepsis und Misstrauen in der Bevölkerung führen. Das spielt Verschwörungsrednern und Impfgegnern in die Hände, die den Kampf gegen die Pandemie empfindlich stören können.

Ilka Kopplin

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